Altenpflege


Als ich vor fuenfzehn Jahren nach Beer Sheva kam, half ich gleich im ersten Herbst bei der Produktion und Auffuehrung der damaligen LOGON Veranstaltung „Patience“. Die Frau, die mich im Namen der British Olim Society willkommen hiess, warf nur einen Blick auf meinen Lebenslauf und lud mich zu den Proben ein. Sie selber spielte und sang die Titelrolle.

Zur Generalprobe kam eine sehr kleine, rundliche Frau mit kurzen Strubbelhaaren und fotographierte. Die Bilder wurden sehr gut und ich bestellte fuer mich ein paar Abzuege, obwohl ich auf keiner drauf war. Wie sich herausstelte, war die Fotographin aus Bern. Die gemeinsame Muttersprache verbindet. Ihre fordernde, etwas aggressive Art stiess mich zwar immer wieder vor den Kopf, so dass ich mich ein wenig zurueckzog. Aber Beer Sheva ist zu klein, um jemandem wirklich aus dem Weg zu gehen. Die Schwester der Tagesmutter meiner Toechter war eine gute Freundin der Schweizerin. Die Praesidentin der Gemeinde ebenfalls und ihr Mann, der als Kinderarzt im Krankenhaus meine zwei auf ihre Neugeborenengelbsucht untersuchte. Sie machte mir auch nie Vorwuerfe, wenn ich mich zurueckzog, sondern erneuerte einfach nach einer gewissen Zeit den Kontakt. Anscheinend empfand sie, was mich stoerte und dann ging es wieder ganz gut.

Vor Jahr und Tag verlor sie ihre Stelle als Floetenstimmerin bei der Blockfloetenfabrik in Shaar HaNegev. Die Fabrik produziert wohl auch nicht mehr. Auch in der Musikschule von Sderot wollten immer weniger Kinder Blockfloete lernen. Die Gemeindepraesidentin sorgte dafuer, dass die Schweizerin zur Tagesmutter fuer ihr erstes Enkelkind bestellt wurde, obwohl die Schwiegertochter davon gar nicht begeistert war. Etwas spaeter fand ich, dass die Grosse jetzt Blockfloete lernen sollte. (Und sie hat es gut gelernt und floetet immer noch fleissig und freudig.) Auf diese Weise konnte sich die Schweizerin ueber Wasser halten, bis sie Rente beziehen konnte.

Vor drei Jahren verstarb ihre Mutter. Fast gleichzeitig, so empfand ich, begann sie ganz ploetzlich zu altern. Dann hatte sie einen Schlaganfall und war halbseitig gelaehmt. Die gleichen Leute, die ihr vorher geholfen hatten, etwas Geld zu verdienen, besuchten sie nun im Krankenhaus, kochten fuer sie usw. Mit eisernem Willen und viel Einsatz schaffte sie es, fast alle Funktionen wieder zu erobern, nur Floete und Klavier wird sie nie wieder spielen koennen. Es war ein trauriger Tag, als sie ihre Instrumente verkaufte.

Die Schweizerin hatte ein Ziel, auf das sie hinarbeitete. Sie wollte zu ihrer besten Freundin nach Australien fahren. Und sie war termingerecht fit und machte die Reise in unserem Fruehling und erlebte den australischen Herbst zwei Monate lang. Nach ihrer Rueckkehr war sie etwas niedergeschlagen. Kein Wunder, dachte ich, das war ja der Antiklimax. Sie begann abzunehmen. Da sie ziemlich rundlich gewesen war, erhielt sie zunaechst vor allem Komplimente. Sie selber dagegen machte sich Sorgen, weil sie doch gar nicht abnehmen wollte. Ihr Hausarzt wies sie schliesslich ins Krankenhaus ein, wo sie mit Kraftnahrung gefuettert wurde, Bluttransfusionen bekam und gleichzeitig einer Batterie von Untersuchungen unterzogen wurden.

Sie selber ahnte schon lange, dass es Krebs sei. Ich realisierte das erst, als ich sie in ihrer angstvollen Erwartung erlebte. Seither ging es rapide abwaerts mit ihr. Sie ist so schwach, dass sie kaum aus eigener Kraft aufstehen kann. Sie ist bei sich zuhause und verbringt den Tag auf dem Schreibstischstuhl hinter ihrem Schreibtisch. Verschiedene Leute kommen (die ueblichen Verdaechtigen), um ihr Essen zu machen, sie ins Bett zu bringen, zu duschen usw. Letzte Woche hatte ich noch einigermassen Schonzeit. Aber jetzt muss ich ran, die anderen sind schon erschoepft und wollen wieder ein bisschen Privatleben. Die Gemeindepraesidentin bekommt noch ein Enkelchen, das erste Kind ihrer juengsten Tochter (die auch bei LOGON mitwirkte). Die andere hat eine neue Stelle angetreten.

Obwohl ich nun offiziell arbeitslos bin, bin ich doch staendig im Stress, und jongliere Kinder, Haushalt, Arbeitssuche, Feiertage und Altenbetreuung. Anscheinend mache ich den Job gut, so dass immer mehr Aufgaben auf mich warten. Heute z.B. waren zwischen meinem Morgenbesuch und meinem Abendbesuch drei verschiedene Freunde bei ihr. Keiner von ihnen dachte daran, ihr etwas zu essen anzubieten und zu richten. Und sie selber sagte auch kein Wort. Erst als die Dritte gegangen war, sagte sie zu mir, sie habe seit dem Fruehstueck nichts mehr zu essen gehabt. Danach wollte sie duschen. Natuerlich bedeutet das, dass ich Kueche und Bad saubermachen muss. Die ganze Wohnung ist in einem furchtbaren Zustand. Warum niemand die Haushaltshilfe angefordert hat, die ihr zusteht, verstehe ich nicht. Jetzt lohnt es sich nicht mehr.

Ich bin froh, dass das Ende absehbar ist, wenn ihre Geschwister uebernehmen. Wenn mir dieser Einsatz zu einem anderen Zeitpunkt abgefordert worden waere, haette ich vielleicht nicht so willig uebernommen. Aber in den Furchtbaren Tagen zwischen Neujahr und Versoehnungstag?!

Aus dem U’netane tokef Gebet:

On Rosh Hashanah will be inscribed and on Yom Kippur will be sealed how many will pass from the earth and how many will be created; who will live and who will die; who will die at his predestined time and who before his time; who by water and who by fire, who by sword, who by beast, who by famine, who by thirst, who by storm, who by plague, who by strangulation, and who by stoning. Who will rest and who will wander, who will live in harmony and who will be harried, who will enjoy tranquility and who will suffer, who will be impoverished and who will be enriched, who will be degraded and who will be exalted. But REPENTANCE, PRAYER and CHARITY remove the evil of the Decree!“

Hier eine bejahrte, aber immer noch sehenswerte Version von Leonard Cohens „Who by fire“

Bei seinem Konzert in Israel hat er das auch gesungen, und damit beeindruckt. , siehe auch Yaacov Lozowick.

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Nachtgedanken


Der heutige Tag war vor allem meiner Freundin gewidmet. Ihre Prognose ist nicht gut. Auf der Plusseite kann vermerkt werden, dass sie keine Schmerzen hat, sondern nur sehr schwach ist. Sie hat sich entschlossen in die Schweiz zurueckzukehren. Da sie nicht mehr allein reisen kann, werde ich sie begleiten. Heute war ich bei ihr. Sie hat mich mit ihrer Schwester und ihrem Bruder in Kontakt gebracht, mit denen zusammen ich den Flug plane und buche. Wir haben auch schon ihre Koffer gepackt. Ihre Tapferkeit beeindruckt mich. Sie weiss sehr genau, was sie will, was getan werden muss und packt es an.

Zuhause erzaehle ich den Kindern von der bevorstehenden Reise. Erst maulen sie ein bisschen, aber ich bleibe wirklich nicht lange weg. Dann sage ich ihnen, dass es gut sein kann, dass sie diese Freundin nie wiedersehen werden. Wenn sie Abschied nehmen wollen, muessen sie das waehrend der kommenden Woche tun.

Die Grosse konnte das nicht an sich herankommen lassen. Sie verschwand in ihrem Zimmer und in einem Buch. Die Kleine reagierte anders.

Hier muss ich eine Anekdote einschieben. Vor drei Jahren war unser Sommer in Europa furchtbar verregnet, so dass wir fast jeden Tag ins Museum gingen. Eines Tages waren wir im Naturhistorischen Museum in Basel, das ich schon als Kind geliebt habe. Inzwischen ist es natuerlich modernisiert worden, und die Ausstellungsraeume sehen ganz anders aus. In einem Saal geht man auf ein lebensgrosse Mammuth zu. Links davon an der Wand ist der Abguss eines ganz kleinen Mammuths, das sein junges Leben verlor, als es in ein Moor geriet. Die Umstaende des Funds werden auf einer Schautafel darueber beschrieben. Ich las mit Interesse und bemerkte erst nach einer Weile, dass die Kleine leise schluchzend neben dem Mammuthbaby kauerte. Waehrend unserem weitern Rundgang durch das Museum kehrte sie noch zweimal zu ihm zurueck und weinte um das Baby und die Mammutmutter, die ihr Kind verlor.

Heute Abend leitete sie das Gespraech so ein: Sicher sei ich sehr traurig. Dann hatte sie eine Reihe von Ideen, wo und wann sie fuer diese Frau beten koenne. Sie will ihr auch eine Gute-Besserung-Karte malen, um sie auf frohe Gedanken zu bringen. Ausserdem wuerde sie gern mit den Aerzten sprechen, das musste ich ihr ausreden.

Schulausflug mit Slichot


Gestern abend machten wir einen Ausflug nach Jerusalem. Der Traegerverein der Schule hatte die Busse organisiert, aber die Veranstaltung in Jerusalem wurde von einer anderen Organisation angeboten. MiBereshit (= von Anfang an, „bereshit“ = „im Anfang“ ist der Beginn der Bibel). Urspruenglich von Rabbi Mordechai Alon gegruendet, hat sich Mibereshit zur Aufgabe gemacht, durch gemeinsame Aktivitaeten von Kindern und Eltern die ganze Familie naeher mit dem Judentum vertraut zu machen.

Wir waren denn auch nicht die einzige Schule, die gestern den Ausflug nach Jerusalem machte. In den Strassen der Altstadt trafen wir auch andere Familien und Schulen aus Beer Sheva, und die diversen Schilder, die den Gruppen vorangetragen wurden, signalisierten Schulen aus dem ganzen Land.

In der Altstadt selber waren insgesamt neun verschiedene Aktionszentren verteilt, wo Eltern und Kinder gemeinsam etwas machen konnten. Wir haben eine Theaterauffuehrung erlebt, eine Bastelstunde und einen Zauberer. Der Zauberer gefiel mir am besten, wie er seine Zaubertricks mit juedisch-philsophischen Gedanken begleitete. Als er etwa ein rotes Tuch in ein weisses verwandelte, assoziierte er natuerlich die roten Suenden, die weissgewaschen werden koennen.

Unterwegs trafen wir eine singende und tanzende Gemeinde, die die Fertigstellung einer neuen Thorarolle feierten. Die Thora wurde unter dem Traubaldachin mitgefuehrt. An einer anderen Ecke wurde das Ritual der „Kapparot“ vollzogen. Zwei Rabbiner schwangen lebende, weisse Huehner ueber den gesenkten Koepfen von Paaren. Diese Huehner wurden nicht geschaechtet, wie es ueblich war. Aber auch so fanden die Maedchen das sei Tierquaelerei. Ich versprach ihnen, dass wir das Ritual wieder mit Geldscheinen im Umschlag machen wuerden.

Eigentlich haette ich gern noch den Schofar-Workshop besucht, aber die Kinder draengten zur Klagemauer. Drei Maedchen (eine Freundin der Kleinen war mir auch anvertraut) zwaengten sich durch das Gedraenge zur Mauer. Mir war es unangenehm, Beterinnen zur Seite zu schieben, aber ich hatte Angst, die Kinder aus den Augen zu verlieren. Ich heftete meine Augen fest auf ihre Ruecken, waehrend sie an der Mauer standen und beteten. Vor lauter Aufpassen schaffte ich selber kaum ein Stossgebet. Mein Mann – ohne Kinder im Schlepptau – dagegen betete nach eigener Auskunft lange und konzentriert.

Zu verabredeter Stunde und am verabredeten Platz traf sich unsere Gruppe schliesslich zu gemeinsamen Slichot. Unser Schulrabbiner wollte den Schofar blasen, brachte aber keinen Ton heraus. Einer der Mitschueler meiner Grossen nahm ihm dem Schofar ab und blies ihn selber perfekt. Den Klang eines Schofars kann ich nicht beschreiben, jedenfalls laeuft mir immer ein Schauer ueber den Ruecken, wenn ich dieses urtuemliche Instrument hoere. Es ist wirklich geeignet, Gedanken der Umkehr und Reue auszuloesen. „Slichot“ sind eine Reihe von Gebeten, in denem um Vergebung gebeten wird. Sie werden zum grossen Teil gesungen. Mir gefaellt besonders „Aneenu“ (Antworte uns), wobei der Ewige in jeder Zeile daran erinnert wird, dass er ja schon unseren Vorvaetern geantwortet hat.

Die ersten Kinder schliefen bereits auf den Schultern ihrer Vaeter, als wir uns auf den Rueckweg machten. In den engen Gassen der Altstadt mussten wir mehrmals Pause einlegen und auf Nachzuegler warten oder Mitglieder der Gruppe, die sich verlaufen hatten, den Weg erklaeren. Der Mutter, die fuer die Organisation zustaendig war, standen die Schweisstropfen auf der Stirn. Nur der Rabbiner blieb ruhig. Ich sagte nebenbei, dass mir Massenveranstaltungen nicht sonderlich liegen. Er gab zu Bedenken, dass die Menschenmenge auch ein Gefuehl von Zusammenhalt und Staerke vermitteln und schaetzte, dass ueber zehntausend Menschen an der Veranstaltung teilgenommen hatten.

Schliesslich schafften wir es zu den Bussen und schliefen ein, kaum dass der Bus die Stadt verliess. In Beer Sheva waren wir kurz nach ein Uhr nachts. Wir brachten noch die Freundin nach Hause und fielen dann in unsere Betten. Die Maedchen durften heute morgen laenger schlafen, ich brachte sie erst um 10 Uhr in die Schule.

Jerusalem ist eine besondere Stadt. Obwohl ich gestern genuegend rebellische Gedanken gegen die Verehrung der Klagemauer hatte, konnte ich mich ihrer Athmosphaere nicht entziehen.

Ach ja, der Goldstonebericht


Das internationale Kesseltreiben gegen Israel nimmt ungeheuerliche Ausmasse an.

Ich denke immer, dass diejenigen, die sich dafuer hergeben und diejenigen, die jede Beschuldigung eifrig glauben, im Grund ihres Herzens wissen, was sie tun und warum sie es tun.

Antisemitismus ist eine Art intellektueller und seelischer Faeulnis.

Nur noch Monate fehlen, bis Iran atomar bewaffnet sein wird. Uns laesst die Weltgemeinschaft allein dieser Bedrohung gegenueberstehen. Vielleicht wird der Staat Israel untergehen, wenn der israelische Schlag gegen den Iran misslingt oder nur halbwegs glueckt und die empoerte Weltoeffentlichkeit Israel danach erst recht boykottiert und isoliert.

Diese Feigheit, das Paktieren mit dem Boesen wird sich raechen, mit oder ohne Israel. Europa hat sich seiner Lebenskraft beraubt, als es den Voelkermord an den Juden zuliess oder unterstuetzte. Der Kontinent und die Kultur werden sich nicht mehr davon erholen. Wenn nun die USA in vergleichbarer Weise Israel dem Iran preisgeben (und Osteuropa den Russen, wobei es dort allerdings nicht um Voelkermord geht, sondern „nur“ um Herrschaft), dann verurteilt sich auch der nordamerikanische Kontintent und seine Kultur zum Absterben.

Wir feiern an diesem Wochenende Rosh Hashana. An diesem Tag entscheidet der Ewige, wer ins Buch des Lebens eingeschrieben wird und wer nicht. Bis Jom Kippur gibt es noch die Moeglichkeit, durch Umkehr das Urteil zu beeinflussen. Warum eigentlich dieser Wunsch nach Weiterleben, wo doch jeder Mensch irgendwann sterben muss? Ginge es nicht auch etwas stoischer? Wir haengen am Leben, weil wir uns nur, solange wir leben, in der Partnerschaft mit dem Ewigen bewaehren koennen. Tote koennen keine Mitzwot mehr erfuellen.

Gutes Neues Jahr allen, die es feiern


Heute nachmittag habe ich Kuchen gebacken, eine Variante von versunkenem Ostkuchen, mit Aepfeln und Honig natuerlich. Ich hatte sternfoermige Papierformen gefunden und machte eine Serie von Kleinstkuchen. Als sie fertig waren, fiel mir ein, ich koennte einen davon einer alten Bekannten bringen, der es zur Zeit nicht gut geht. Ich rief kurz an, ob sie zu Hause sei. Ihre Stimme klang so bruechig, dass ich gleich losfuhr.

Die aeltere Frau hat in den vergangenen zwei bis drei Monaten auf einmal rasant abgenommen. Ihr Hausarzt lieferte sie ins Krankenhaus ein, damit eine Reihe von Tests durchgefuehrt werden konnte. Ihr Darm wurde insgesamt dreimal gespiegelt, bis auch die letzte Windung erfasst war. Gestern steckte man sie dann in die Roehre, um ein CT des Bauchbereichs zu machen. Das nahm den ganzen Tag in Anspruch, von 6 Uhr morgens bis 16 Uhr nachmittags. Die Aertzin sagte ihr, sie bekaeme nach Neujahr Bescheid. Meine Bekannte befuerchtet natuerlich Krebs. Dass sie ueber die Feiertage in Unwissenheit gelassen wuerde, fand sie unertraeglich. Ihr Hausarzt versprach, sich noch heute mit ihr in Verbindung zu setzen. Aber in der Zeit, als ich sie besuchte (sie ist wieder zuhause) rief er weder an, noch kam er vorbei.

Ich war erschuettert, meine Freundin in diesem Zustand zu sehen. Zwar war sie Anfang der Woche extra zum Friseur gegangen, aber ihr Mut und ihre Lebenskraft wurden muerbe, waehrend sie im Ungewissen warten musste. Natuerlich hatte sie weder gegessen noch geschlafen, seit das CT durchgefuehrt wurde. Ihre sonst so froehlichen Augen standen uebergross und dunkel im schmalen, blassen Gesicht.

Bitte schliesst meine Freundin in Eure Gebete ein: ins Buch des Lebens moege sie eingetragen werden.

Redefreiheit und was mancher darunter verstehen moechte


Andre Marty ist mir nicht unbekannt. Er ist der Mann vom Schweizer Fernsehen und nicht gern in Israel. Aber er berichtet gern all das Negative, das ihm in Israel widerfaehrt und ueberhaupt von Israel ausgeht.

Sein juengster Blogeintrag beschaeftigt sich mit Neve Gordon und dessen Aufruf zum Israel-Boykott. Dabei geraten ihm verschiedene Details durcheinander.

Es waren naemlich vor allem US-amerikanische Grosspender ueber den Artikel empoert. In Israel selber hat die Angelegenheit viel weniger Wellen geschlagen. Schliesslich haben wir schon Ilan Pappe ueber uns ergehen lassen, der zum Boykott der Universitaet Haifa aufrief, waehrend er dort sein Gehalt bezog. Dagegen waren die Amerikaner offensichtlich ueberrascht, welch antizionistischen Toene an israelischen Universitaeten Usus sind. Frau Rivka Carmi, Praesidentin der BGU, hat nicht umsonst in der Los Angeles Times ihre Replik veroeffentlicht, waehrend Yediot Achronot, die groesste israelische Tageszeitung, sich mit einem Bericht ueber den Text in der LA Times begnuegen musste. Sie moechte Schaden von der Universitaet abwenden, die bereits durch die Madoffaffaire finanzielle Engpaesse erleidet. In ihrem Text deutete Frau Carmi auch an, dass Gordon von der Universitaet nur entlassen werden kann, wenn er als Krimineller verurteilt werden sollte. Das geht eigentlich ueber die Rede- und Denkfreiheit hinaus, die Marty in Israel nicht gewaehrleistet sieht. (Wenn ich es mir Recht ueberlege, hat meine Suche nach einer neuen Stelle moeglicherweise damit zu tun, dass ich meinem Chef zu deutlich widersprochen habe. Weia, meine Redefreiheit ist nicht garantiert!) Dagegen kann Gordon sagen und schreiben, was er will. Seine Vorgesetzte kann ihm mangelnde Kollegialitaet vorwerfen, aber entlassen kann sie ihn nicht.

Marty verwechselt die Rede- und Denkfreiheit mit der Garantie, keine Kritik ertragen zu muessen.

Den Gefallen kann ich ihm persoenlich leider nicht tun. Neve Gordon schreibt Bloedsinn, der allein schon dadurch widerlegt ist, dass er an der BGU zwei arabische Kollegen hat, die ihrerseits auch gern auf Israel einschlagen. Und Herr Marty, der in Israel ebenfalls nicht ungern das Boese sieht, verwendet billige Taschenspielertricks, um sein Vorurteil zu rechtfertigen.

Meine Rede- und Denkfreiheit erlaubt mir, diese Urteil abzugeben.

Wahlkampf mit Al-Kaida?


Die spanische Volkspartei, die sich im Fruehjahr 2004 um Wiederwahl bewarb, lag noch eine Woche vorher mit 5% in Fuehrung lag. Am Wahltag selber fuehrten die Sozialisten mit 5%. Zwischen der Erhebung der Wahl explodierten insgesamt 10 Bomben. Ueber 200 Menschen verloren ihr Leben am 11. Maerz 2004 in Madrid.

Am 27. September wird in Deutschland gewaehlt. Anfang Juni berichteten „Der Westen“ und UPI (United Press International) fast zeitgleich unter Bezug auf deutsche Geheimdienste, dass Al-Kaida im Maghreb den Auftrag erhalten habe, im passenden zeitlichen Rahmen Anschlaege gegen deutsche Ziele zu begehen. Anfang Juli schrieb der Tagesspiegel dazu, gestern dann auch der SWR:

„Erhöhte Gefährdungslage“

Al-Kaida und die ihr nahestehenden islamistisch-terroristischen Gruppen gingen offenbar von der Instrumentalisierbarkeit wichtiger politischer Ereignisse aus, weshalb der Bundestagswahl am 27.09.2009 eine „herausgehobene Bedeutung“ zukomme, da diese einen Ansatz für propagandistische als auch für operative Ziele biete: „Es steht zu befürchten, dass Anschläge gegen deutsche Interessen im Vorfeld der Wahlen, (…), durchgeführt werden, um hierdurch nachhaltigen Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen“. Der Bericht spricht deshalb von einer „erhöhten Gefährdungslage“.

Die deutschen Sicherheitsbehörden stellen zudem verstärkt Ausreisebewegungen von Personen aus dem gewaltbereiten islamistischen Spektrum in Deutschland fest, „mutmaßlich zum Zweck einer islamistisch-terroristischen Ausbildung im afghanisch/pakistanischen Grenzgebiet“. Einige seien „aufgrund behördlicher Maßnahmen“ an der Ausreise gehindert worden. Den Bundessicherheitsbehörden lägen Informationen zu insgesamt 180 Personen vor, die eine paramilitärische Ausbildung erhalten haben bzw. eine solche beabsichtigen. Von diesen 180 Personen existierten bei 65 konkrete Hinweise, die für eine absolvierte paramilitärische Ausbildung sprächen. Etwa 80 der 180 Personen hielten sich derzeit vermutlich wieder in Deutschland auf, etwa 15 von ihnen seien inhaftiert. Fazit im Lagebericht: „Die von zurückkehrenden, möglicherweise auch ohne Kenntnis der Sicherheitsbehörden in entsprechenden Lagern ausgebildeten und radikalisierten Personen ausgehende Gefährdung besteht fort und lässt eine Lageentspannung auf absehbare Zeit nicht erwarten“.

Ich bin heute bei Arutz Sheva ueber diese Nachricht gestolpert, wobei sie hier dem ITRR (Institute of Terrorism Research and Response) zugeschrieben wird.

Das Schweigen in den deutschen Medien scheint mir auffallend. Soll Hysterie und Panik vermieden werden? Aber warum wird dann so ausfuehrlich und tendenziell gegen die deutsche Beteiligung in Afghanistan ueber den Vorfall bei Kundus berichtet? Ob unbewusst oder halbbewusst damit schon das Geschaeft von Al Kaida betrieben wird, nach dem Motto: Es braucht keinen Terror, wir wollen die Truppen ohnehin abziehen?

Wieder faellt Silke Mertins angenehm auf


Gelegentlich werden in der NZZ Artikel aus der Feder von Silke Mertins veroeffentlicht, und sie stechen wohltuend vom ueblichen Schmus a la Victor Kocher ab.

Hinter vorgehaltener Hand räumen hochrangige Palästinenser längst ein, dass der rechtsnationale Netanyahu in fünf Monaten mehr für die Verbesserung der Lebensverhältnisse getan habe als sein friedensbewegter Vorgänger Ehud Olmert in drei Jahren.

Doch politisch ist der unerwartete Aufschwung natürlich sehr heikel. Denn er läuft der Strategie der palästinensischen Führung völlig zuwider. Solange Netanyahu den Siedlungsbau im Westjordanland nicht stoppe und sich nicht bedingungslos zur Zwei-Staaten-Lösung bekenne, werde es keine neuen Friedensgespräche geben, lautet das Mantra in Ramallah. Die Palästinensische Autonomiebehörde erwäge sogar, von der EU Sanktionen gegen die Netanyahu-Regierung zu fordern, wenn der Siedlungsausbau nicht zum Stillstand komme, hiess es dazu am Freitag.

Sehr praegnant wurde die Situation im Untertitel zusammengefasst:

Ausgerechnet Israels Ministerpräsident Netanyahu verhilft dem Westjordanland zu einem Wirtschaftsboom. Das passt den Palästinensern überhaupt nicht in die politische Strategie.

Die pal. Fuehrung sieht lieber, dass es den Palaestinensern schlecht geht. Daraus laesst sich mehr politisches und finanzielles Kapital schlagen.

Walter Mueller im Kommentar dazu meint, dass Israel aber kein Verdienst an der bluehenden Wirtschaft in der PA zukomme:

Dem Henker nun das Verdienst für die Erholung des Delinquenten zuzuschreiben, weil er den Strick vorübergehend etwas lockert, ist eine äußerst originelle Sichtweise der Dinge.

Bemerkenswerterweise geht es der Wirtschaft in allen arabischen Staaten deutlich schlechter als in der PA.
Nach Herrn Mueller muessen wir daraus folgern, dass die dortigen Regimes erbarmungslose Henker sind, die den Strick nie lockern wuerden. Dem koennte ich mich sogar anschliessen…

Auch bei Wadinet und besonders schoen bei Lizas Welt

Chemische Waffen in Hisbollahs Hand?


Wer erinnert sich noch an die Explosion eines Waffenlagers der Hisbollah vor anderthalb Monaten?

Die Panik der Anwohner wurde moeglicherweise nicht davon ausgeloest, dass sie die Explosion fuer einen israelischen Angriff hielten, wie Y-net damals schrieb, sondern weil sie eine Ahnung hatten, was da expodiert war:

Die kuwaitische Zeitung Al-Siyasa berichtete, dass sich in dem Waffenlager auch chemische Waffen befunden haetten. Der Tod von drei der ingesamt getoeteten acht Hamasmitgliedern sei auf die Chemikalien zurueckzufuehren. Deswegen haetten als Zivilisten verkleidete Hamasleute UNIFIL-Truppen angegriffen und vertrieben, als diese den Explosionsherd untersuchen wollen. Die chemischen Waffen seien iranischer Provenienz und ueber Syrien an Hisbollah geliefert worden.

Scheint mir ziemlich plausibel.

Vergleiche auch: Israel Matzav

Wehe, wenn Wuensche in Erfuellung gehen


Es war unuebersehbar, dass der CIA eine Kampagne gegen die Bushegierung fuehrte, nicht zuletzt mit dem Ziel, einen demokratischen Praesident zu bekommen.

Ihr Wunsch ist in Erfuellung gegangen.

Obama scheint allerdings nicht den Schluss gezogen zu haben, dass die CIA als Verbuendeter der Demokraten bevorzugt zu behandeln sei (etwa wie die Gewerkschaften).

Der CIA wird dem FBI unterstellt. Die Aufgaben des CIA uebernimmt eine neue Organisation, die direkt dem Weissen Haus unterstellt ist,womit die Kontrolle durch den Kongress umgangen wird.

Direkt der Fuehrung unterstellte Geheimdienste sind natuerlich ein Markenzeichen jeder Diktatur, ebenso wie die organisierte Jugend, an der Obama ebenfalls kontinuierlich arbeitet.

Ich gehe davon aus, dass die Legislaturperioden in den USA zu kurz sind, als dass Obama sich rechtzeitig als „Grosser Vorsitzender“ etablieren kann, aber man kann ihm nicht vorwerfen, dass er es nicht probiert…

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