(Aufloesung hier)
Dass Preussen 1870 einen aggressiven Angriffskrieg gegen Frankreich vom Zaun brach, wird niemand in Zweifel ziehen wollen. Zu bekannt ist die Emser Depesche, mit der Bismarck den Krieg erzwang.
Die westliche Welt ist sich einig, dass Gebietsgewinne aus solchen Kriegen voelkerrechtswidrig sind. Die Frage Elsass-Lothringen hat sich nach dem 2. Weltkrieg wohl erledigt.
Uebersehen wird aber, dass Elsass-Lothringen keineswegs der einzige Gebietserwerb war, den Preussen im Krieg 1870/71 erzielte. Man erinnere sich an den Spiegelsaal. Das dort gegruendete Deutsche Reich umfasste einige Gebiete, die vorher keineswegs preussisch gewesen waren. Ohne den Sieg in diesem voelkerrechtlich illegalen Angriffskrieg haetten diese deutschen Staaten sich niemals von Preussen einverleiben lassen. Aus meiner Muencher Studienzeit weiss ich, dass Bayern bis heute unter der preussischen Besatzung und vor allem auch unter den preussischen Siedlern leiden.
Ich muss es versierten Buerokraten ueberlassen, zu klaeren, ob und welche Ostgebiete heute noch als urspruenglich preussisches Gebiet behandelt werden koennen. Eindeutig jedoch erscheint, dass Waren, die im besetzten Sued- und Mitteldeutschland hergestellt wurden, unmoeglich nach den Zolltarifen behandelt werden koennen, wie sie der preussische Nachfolgestaat erhaelt. (Siemens, Mercedes, BMW usw.)
Ich gehe davon aus, dass bei den wichtigsten Handelspartnern bereits Sachverstaendige dabei, die voelkerrechtlich einwandfreien Zollgrenzen Deutschlands zu erarbeiten. (hattip Lizas Welt)
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Als oller Noorddütschen kann ich nur noch sagen:
„Danmark til ejderen“ *zwinker*
War 1864 im deutsch-dänischen Krieg nicht viel anders.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-D%C3%A4nischer_Krieg
Der deutsch dänische Krieg war im übrigen maßgeblich für die Gründung des deutschen Nationalstaates 1871.
Korrekt wäre ja eigentlich die Bezeichnung „Deutsches Reich“, denn das deutsche Reich hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nie aufgehört zu existieren.
Deshalb ist die BRD auch kein Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches. Die BRD ist teilidentisch mit dem Deutschen Reich.
Völkerrechtlich ergibt sich bei außerhalb der Grenzen der BRD (aber eben auf dem Gebiet des Deutschen Reiches) hergestellten Waren daher überhaupt kein Problem.
Das ist bloßes Zollrecht und damit kann man sogar Waren innerhalb eines Staates behandeln. Das wird z.B. auch im Vereinigten Königreich so gehandhabt. Nicht alle Teile des UK gehören zur EU.
Wenn das eine Satire sein soll, habe ich die Pointe nicht verstanden.
Ach so, jetzt, wo ich die Links gelesen habe, fällt der Groschen, wenn auch nur pfennigweise:
Du meinst, nach derselben Logik, nach der der EuGH auf Antrag eines deutschen Gerichts das Westjordanland nicht als Teil des israelischen Zollgebiets behandelt, hätte man auch Teile Deutschlands nicht zum deutschen Zollgebiet rechnen dürfen.
In der Sache, um die es aktuell geht, stimme ich Dir voll und ganz zu, aber es wäre vielleicht besser, Du würdest den Kontext am Anfang des Artikels herstellen, zumal Deine Beispiele etwas unglücklich gewählt sind und den deutschen Leser eher vor den Kopf stoßen:
Die Legende vom „Angriffskrieg“ Bismarcks gegen Frankreich gehört in das Arsenal deutschfeindlicher Geschichtsmythen. Außerdem hat sich 1871 nicht Preußen vergrößert, sondern ist durch freiwilligen Zusammenschluss der (klein-)deutschen Staaten (nicht etwa durch Angriff Preußens auf andere deutsche Länder) das Reich gegründet worden. Preußen hatte sich auf Kosten anderer deutscher Staaten vergrößert, aber nicht 1871, sondern im Krieg gegen Österreich und seine Verbündeten 1866.
Und Elsass-Lothringen gehörte nicht zu Preußen, sondern war „Reichsland“, wurde also direkt vom Reich verwaltet.
Armes, kleines Deutschland. Man fragt sich wirklich, warum gerade diese sympatischste und friedwertigste aller Nationen einen so schlechten Ruf hat?
Wahrscheinlich deshalb, weil es allzuviele Menschen mit deutschem Pass gibt, denen es nicht peinlich ist, Dummheiten zu schreiben, wenn sie damit nur dem eigenen Land schaden.
Manfred,
das soll Satire sein! Der Witz ist, dass der EUGH nicht einmal die Waffenstillstandslinien von 1949 beruecksichtigt, sondern den Teilungsplan der UN von 1947!
Aber warum sollte der EuGH die Waffenstillstandslinien berücksichtigen? Die verkörpern doch gar keinen Staat, können also auch nicht berücksichtigt werden. Angeknüpft werden muss doch an das Gebiet des Staates.
Die EU behauptet jedenfalls selber, sie traete fuer einen Palaestinenserstaat in den Grenzen von 1967 ein, das waeren die Waffenstillstandslinien von 1949.
Nach dem UN-Teilungsplan haette Israel auch kein Recht auf Westjerusalem, den Sueden von Tel Aviv, Nazareth und Akko…
„und den deutschen Leser eher vor den Kopf stoßen:“
Aber nicht den bayrischen!
Damische Saupreißn 😉
Man wäre auch neugierig zu erfahren, zu welchem Staat das Westjordanland nach Meinung des EuGH einschließlich der dort gelegenen Siedlungen eigentlich gehören soll. Jordanien hat sich jedenfalls aus dem Staub gemacht.
Peinlich ist allerdings das Verhalten der Bundesregierung: Der Tageskurs von Israel-Solidaritäts-Erklärungen der FDJ-Sekretärin hängt wohl davon ab, wer in Washington gerade regiert, und welches Konzept der Betreffende verfolgt.
Das darf der EuGH gar nicht entscheiden, weil das nicht in seine Zuständigkeit fällt. Er kann sich ja nur mit EU-Angelegenheiten beschäftigen. Alles was nicht EU ist, kann nur als Drittstaat oder aus sonstiger Privilegierung (wie z.B. Türkei oder Israel) behandelt werden.
Für die Frage des richtigen Zolls muss nur entschieden werden, ob die Ware zollrechtlich aus Israel kommt oder nicht. Und mehr wurde auch nicht entschieden.
Nein Markus,
das ist nicht geschehen. Der UN-Teilungsplan legt die Grenzen des heutigen Israels nicht fest. Der Staat Israel wurde bis 1967 in den durch den Unabhaengigkeitskrieg erlangten Waffenstillstandslinien international anerkannt. Die EU kann also nicht einfach auf historisch ueberholte Grenzen zurueckgreifen. Genau das wollte ich durch mein Beispiel Preussen-Deutschland erhellen.
Das muss die EU sogar.
Die EU-Organe vertreten ALLE Mitgliedstaaten. Sie können nach außen also immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner vertreten.
Zudem haben die israelischen Behörden ENTGEGEN DEM ABKOMMEN die Fragen der deutschen Zollbehörden nicht beantwortet. Im Schlussantrag steht:
Und weiter:
Offensichtlich war man sich auf israelischer Seite nicht so sicher, wie man die Frage beantworten soll. Oder besser: Man wollte sie wohl nicht beantworten.
Dann muss man sich aber auch nicht wundern, wenn man eine Ablehnung erhält.
@markusoliver:
Über Produkte aus den besetzten Gebieten könnte man ja eventuell streiten – aber dieses EU-Gericht hat beschlossen,
Seltsam, nicht?
http://www.hagalil.com/archiv/2009/11/01/soda-club/
Das hat nicht das Gericht beschlossen. Der EuGH urteilt nur im Rahmen seiner Zuständigkeit und die ist hier auf Zollsachen beschränkt.
Man kann dem Urteil des EuGH in keiner Weise irgendeine Bedeutung für das Völkerrecht entnehmen.
Gerichtsurteile muss man lesen können. Mit dem bloßen lesen des Textes ist es nicht getan. Urteile sind immer im Kontext zu verstehen. Ein Urteil hat immer eine Geschichte, die durch den Verfahrensgang und die gerichtliche Zuständigkeit determiniert ist.
Da der EuGH für Fragen des ZOLLS zuständig ist hat er darüber zu entscheiden. Für alles andere nicht. Und wenn der EuGH Aussagen trifft, dann sind die auch nur im Rahmen seiner Zuständigkeit zu beurteilen.
Das sind vollkommen unterschiedliche Ebenen. Es bedeutet nichts für die Anerkennung irgendwelcher Grenzen. Es geht lediglich um zollrechtliche Fragen. Und die können bei Drittstaaten sogar innerhalb derer Staatsgebiete unterschiedlich verlaufen. Es kommt nur darauf an, was ausgehandelt wurde. Theoretisch könnte man solche zollrechtlichen Grenzen auch mitten durch Beer Sheeva laufen lassen. Oder um einen dortigen Stadtpark herum.
Man könnte sogar einzelne Unternehmen privilegieren oder diskriminieren.
Maßgeblich ist alleine, was ausgehandelt wurde.
Es gibt zu diesem Problem ein gutes Lehrbeispiel:
„Goethe rückwärts lesen ist grober Unfug.“
„Grober Unfug ist strafbar.“
„Also ist Goethe rückwärts lesen strafbar.“
1. Ist grober Unfug nicht strafbar (ein geläufiger Irrtum).
2. Selbst wenn grober Unfug strafbar wäre, dann wäre „grober Unfug“ hier etwas ganz anderes als es im Volksmund bedeutet.
„Grober Unfug“ bedeutete im juristischen Sinne etwas ganz anderes als im Volksmund. Goethe rückwärts lesen war davon jedenfalls nicht erfasst.
Auf das Beispiel bezogen:
„Israel“ meint hier, was zwischen den Vertretern der EU und den Regierungsvertretern Israels als „Israel“ vereinbart wurde. Es geht hier wohlgemerkt um zollrechtliche Fragen.
Das Abkommen muss immer als Ganzes gesehen werden. Dazu gehört auch die Beantwortung der Fragen.
Wenn solche Fragen nicht beantwortet werden, hat das eben eine Konsequenz auf die zollrechtliche Behandlung des Vertragsgegenstandes „Israel“. „Israel“ bedeutet zollrechtlich aber etwas anderes als im Völkerrecht.
Nur weil der EuGH in einem Kontext etwas entschieden hat, muss das noch lange nicht in einem ganz anderen Kontext gelten. (Beispiel: Grober Unfug meint im juristischen Sinne etwas sehr viel engeres als im Volksmund. Solcherlei Bedeutungsunterschiede gibt es nicht nur zwischen der juristischen und der nichtjuristischen Welt, sondern auch zwischen den einzelnen Rechtsgebieten.)
Markus,
Du kennst Dich offensichtlich mit Zollfragen gut aus.
Es ist voellig ausgeschlossen, dass Israel fuer Zollzwecke einem Hoheitsgebiet in den Grenzen des Un Teilungsplans von 1947 zugestimmt hat oder zustimmt oder zustimmen wird. Aus israelischer Sicht sind die Grenzen von 1967 eindeutig Hoheitsgebiet. Die Siedlungsblocks, die nach Absprache mit Bush (der beruehmte Brief, den Obama nicht erinnern wollte) bei Israel bleiben sollen, moechte der Staat Israel auch gern schon als Hoheitsgebiet behandelt haben. Dass die EU dazu nicht bereit ist, kann ich halbwegs nachvollziehen, aber deswegen den Teilungsplan aus der verstaubten Schublade der Geschichte zu holen?!
Naja, der EuGH vertritt eben alle Staaten der EU. Er darf keine Außenpolitik machen, dafür fehlt ihm die Zuständigkeit.
Du schreibst:
Das ist eben die Frage und nach der israelischen Vorgehensweise keineswegs ein zwingender Schluss. Die israelischen Regierungsvertreter hätten ja auch einfach auf die ihnen gestellte Frage antworten können. Sie hätten die Frage einfach direkt beantworten können.
Das haben sie aber nicht gemacht.
Und aus genau dieser Verweigerung lässt sich sehr deutlich entnehmen, dass die israelischen Behörden kein Interesse daran hatten, dass dieses Gebiet zollrechtlich so behandelt wird wie andere Teile Israels. Weiss der Himmel, warum.
Jedenfalls haben die Verantwortlichen sehr genau gewusst, welche Konsequenz das haben würde: Die Ablehnung.
Vielleicht wollten sie auch nur verhindern, dass die EU ihrerseits dieses Gebiet als zollrechtlich zu Israel betrachtet. Dann hätte diese Bewertung nämlich auch für den anderen Vertragspartner gegolten (die EU). Das wäre jedenfalls ein Motiv, das mir nachvollziehbar erscheint. Ich wüsste jetzt zwar auch nicht, warum die Israelis das hätten verhindern wollen, aber ihre Weigerung eine klare Antwort zu geben, muss ja einen Grund gehabt haben.
Der Rest mit 1947 ist irrelevant. Der EuGH hat sich dessen nur bedient, weil er ja mit irgendeiner Angabe arbeiten muss. Und mit 1967 kann er nicht arbeiten, weil das kaum Konsens aller EU-Mitgliedstaaten ist.
Warum sollte die Waffenstillstandslinie von 1967 NICHT Konsens aller EU-Staaten sein?!
Natuerlich waere es schlauer gewesen, Israel haette Auskunft erteilt. Tiefere Motive wuerde ich aber nicht vermuten, sondern nur Schlamperei und die uebliche Buerokratie.
Shabat Shalom!
Das weiss ich nicht, es war eine bloße Mutmaßung von mir, weil es ja einen Grund dafür geben muss, dass sich der EuGH auf diese Grenze bezogen hat.
Wie dem auch sei: Die Bezugnahme auf diesen Grenzverlauf darf auch nur auf zollrechtliche Fragen bezogen werden. Der EuGH ist also nur davon ausgegangen, dass diese Grenzen seit damals NUR FÜR ZOLLFRAGEN GELTEN.
Eine andere Auslegung verbietet sich in Ermangelung der Zuständigkeit.
Das kann ich mir auch schlecht vorstellen.
Schliesslich haben die EU, bzw. die Mitgliedsstaaten, auch zwischen 1948 und 1967 mit Israel Handel getrieben, wobei keinerlei zollrechtliche Probleme auftraten, obwohl das Staatsgebiet ja keineswegs mit dem UN Teilungsplan von 1947 uebereinstimmte.
Guck mal, Markus, David von Treppenwitz hat einen Text zur Grenzziehung verfasst (ohne Zollzwecke). Der trifft ziemlich genau, was ich auch meine.