Hoechstens ein Zweizeiler


duerfte diese Nachricht den internationalen Medien wert sein. Auf die „wirkliche Nachricht“ kann ja gewartet werden.

Vor Ort fuehlt sich das so an. Eigentlich ist heute einer meiner Schwimmabende, aber ich war zu muede, also begann ich mich auszuziehen, anstatt die Badetasche zu packen. Mittendrin toente der Raketenalarm. Oben ohne stuermte ich in unseren Schutzraum, der eigentlich das Maedchenzimmer der Grossen ist. Sie war schon im Bett, aber natuerlich wach. Die Kleine brauchte ich nicht zu rufen, sie erinnert sich noch allzugut an die Sirenen von vor zwei Jahren. Ich riss das Fenster auf, um den schweren Stahlladen zu schliessen. Das gelang mir nur mit der einen Haelfte. Die andere Seite klemmt. Mein Mann kam angestuermt und riss an dem festsitzenden Stahlteil, ohne Erfolg. Schliesslich meinte er: „Das war wohl Fehlalarm, sonst muessten wir doch den Einschlag hoern.“ In diesem Moment rumste es ziemlich laut. Mein Mann stuerzte sich mit neuer Energie auf den Stahlladen. Ich fand das Maschinenoelspray und reichte es ihm. Aber alles half nicht. Inzwischen hoerten wir im Hintergrund die Sirenen von Krankenwagen und Polizei. Die Kleine schaltete ihr Radio an, in wenigen Minuten war es 10 Uhr. Die erste Meldung in den Nachrichten: „Eine Gradrakete hat in einem Wohnviertel in Beer Sheva eingeschlagen, keine Verletzten, nur Sachschaden.“ Spaeter kamen noch Kommentare, dass keine Personen zu Schaden kamen, weil sie sich in die Schutzraeume gefleuchtet hatten. Dieses Wohnviertel sei eines, wo alle Haeuser Schutzraeume haetten, ein neuers Villenviertel. Spaetere Fernsehbilder bestaetigten, was mein Mann und ich von Anfang an vermuteten. Die Rakete ging in unserm Viertel nieder.

Die Kinder, vor allem die Kleine, waren sehr erschrocken. Schliesslich verrammelte ich die Fenserseite, wo der Stahlladen nicht zuging, mit meinen Backblechen, damit die Kinder sich geborgen fiuehlen. Fuer die Kleine zog ich das Gaestebett heraus, so dass beide Maechen heute nacht im Schutzraum schlafen koennen.

Dann die Ueberlegungen mit meinem Mann: Warum gerade jetzt der Angriff auf Beer Sheva? Moeglicherweise wollen Hamas und die aegyptische Muslimbruderschaft eine harte israelische Reaktion provozieren. Das wuerde den aegyptischen Islamisten in die Haende spielen. Diese Straetgie war schon vor einer Woche deutlich, als Yusuf Qaradawi den Tahrir-Platz in Kairo besser fuellen konnte, als die vorangehenden Proteste gegen Mubarak es vermocht hatten, und zur Eroberung Jerusalems aufrief.

Waehrend ich schreibe, sagt mein Mann, im Fernsehen wurde berichtet, dass weitere Raketen zum Abschluss bereit standen und von der IDF beschossen wurden.

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Sehnsucht nach dem Edlen Wilden


haben Victor Kocher und die Redaiton der NZZ laut diesem Artikel: Ägyptens Niedergang – Mubaraks dürres Erbe

Der Untertitel (Verantwortung der Redaktion, nicht des Autors) verraet, wohin die Reise geht:

Vom arabischen Führer zu einer Schachfigur der westlichen Nahostpolitik

Ein arabischer Fuehrer muss sich anscheinend in Oppostion zu westlicher Nahostpolitik definieren, um authentisch zu sein.

Mit Ägyptens Israel-Frieden scherte die mächtigste arabische Armee aus der Front aus, und die Option einer strategischen Bedrohung des jüdischen Staats war auf absehbare Zeit verloren.

Das scheint Victor Kocher zu bedauern.

Eine weitere Abkühlung der Beziehungen zu Israel dürfte naheliegen, aber solange die Alternative eine Drohung mit bewaffnetem Widerstand gegen die Expansion des jüdischen Staates bleibt, drohen kolossale Schäden an den Beziehungen zu westlichen Staaten.

Offensichtlich lebt man bei der NZZ in einem Paralleluniversum, wo der juedische Staat expandiert.

Und jetzt wollen wir uns anschauen, wie Aegypten unter Mubarak gefahren ist im Vergleich zu anderen. „authentischeren“ arabischen Staaten:
Nach Freedom House 2010 war Aegypten unfrei, erhielt jedoch zusammen mit Jordanien (ebenfalls eine „westliche Schachfigur“) bessere Noten als die arabischen Staaten, die sich nicht zu „Schachfiguren westlicher Nahostpolitik“ hergaben. Je hoeher die Ziffer, desto schlechter die Situation:

Staat Aegypten Jordanien Libyen Saudi-Arabien Syrien
Politische Rechte 6 6 7 7 7
Zivile Freiheit 5 5 7 6 6

In Sachen Wirtschaft kann Aegypten nur mit einem „authentischen“ arabischen Staat verglichen werden, weil die anderen Oel foerden, was keinen sinnvollen Vergleich zulaesst:

Syrien lasut CIA Factbook

GDP – per capita (PPP):
Field info displayed for all countries in alpha order.
$4,800 (2010 est.)
country comparison to the world: 151

Aegypten dagegen:

GDP – per capita (PPP):
Field info displayed for all countries in alpha order.
$6,200 (2010 est.)
country comparison to the world: 136

Ob „die arabischen Volksseele über den Ausverkauf der arabischen Würde und den Verrat an der Sache Palästinas“ dauerklagend wirklich syrische Zustaende vorzoege? Ich wuerde vermuten, dass hier die Sehnsucht nach dem Edlen Wilden mal wieder eine Projektionsflaeche gefunden hat.

Staatsformen im Wandel


Als ich nach laengerer Pause mal wieder mein Dashboard oeffnete, fand ich das Fragment eines Blogeintrags vom 3. Januar. Geaergert hatte mich offensichtlich die Beschreibung Aegyptens als „gelenkter Demokratie“ in einem NZZ Artikel zum moerderischen Terroranschlag auf Christen in Alexandria. Dem gegenueber stellte ich Schnipsel, wie diese „gelenkte Demokratie“ so funktioniert.

Ein bisschen Recherchieren brachte mich zu diesem Besinnungstext zu Weihnachten in der NZZ: Freiheit in Zeiten der Krise, wo der Typus europaeischer Sozialstaat kritisch ebenfalls als gelenkte Demokratie bezeichnet wurde.

Am 26. Januar setzt der Wandel ein: Frau Bergmann berichtet fuer die NZZ aus Kairo und nennt Aegypten im gleichen Text sowohl eine Diktatur wie eine gelenkte Demokratie.

Ab dem 1. Februar firmiert Aegypten nur noch als Diktatur bei der NZZ.

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