NZZ und Die Welt – ein Vergleich


Die Faerbung der Darstellung und vor allem die Schlagzeilen werfen ein Licht auf unterschiedliche Ideologie der beiden Redaktionen.

Wieder Luftangriffe auf den Gazastreifen

titelt die NZZ und fuegt kleiner hinzu:

Mehrere Tote – Raketenbeschuss auf israelisches Gebiet

Israel hat seine Luftangriffe auf den Gazastreifen in der Nacht fortgesetzt. Nach palästinensischen Angaben wurden mindestens vier Personen getötet. Vom Gazastreifen aus wurden erneut Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert.

An keiner Stelle im Text wird irgendeine Information ueber die Reihenfolge der Ereignisse gegeben. Ja, die wiederholten Raketenangriffe auf Israel (vergangene Nacht 25 Raketen) werden im Text ueberhaupt nicht erwaehnt. Ein unbefangener Leser muss davon ausgehen, dass Israel drauflos toetet und die armen Bewohner des Gazastreifens in ihrer Verzweiflung anschliessend ein paar ueberwiegend harmlose Raketen abfeuern.

Im Text wird ausschliesslich die pal. Version berichtet: Das Ziel im Norden des Gazastreifens sei ein Sportclub gewesen. Dass Israel dieses Ziel als Waffendepot identifiziert, wird nicht erwaehnt.

Dagegen die Welt:

Israel tötet radikalen Islamisten im Gazastreifen

mit Untertitel

Die Waffenruhe im Nahen Osten hält nicht: Nachdem aus dem Gazastreifen Raketen abgefeuert worden waren, schlug Israel zurück. Ein Dschihadist wurde getötet.

Hier ist die Reihenfolge schon im Untertitel eindeutig geklaert und der Tote als legitimes Ziel gekennzeichnet.

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Hamas‘ Interesse an der Eskalation (nach Stratfor)


Von Strafor habe ich mit gestrigem Datum eine Analyse bekommen, die mE die Vorgaenge bei Eilat und den Raketenbeschuss vom Gazastreifen aus in den richtigen Kontext stellen. Ich uebersetze

Israelisch-Arabische Krise rueckt naeher

Die UN Generalversammlung wird im September darueber abstimmen, ob Palaestina als unabhaengiger und souveraener Staat mit vollen Rechten in den Vereinten Nationen anerkannt werden soll. In vielerlei Hinsicht erscheint das ein vernuenftiges und logisches Unterfangen. Was auch immer die Palaestinenser einmal waren, heute stellen sie eindeutig eine Nation dar im einfachsten und wichtigsten Sinne – sie empfinden sich selbst als Nation. Nationen entstehen aus historischen Umstaenden und die Umstaende haben zur Entstehung einer palaestinensischen Nation gefuehrt. Nach den Grundsaetzen der Vereinten Nationen und der Theorie der nationalen Selbstbestimmung, dem moralischen Fundament der modernen Theorie der Nationalstaaten, hat eine Nation das Recht auf einen Staat, und dieser Staat hat einen Platz in der Familie der Nationen. So gesehen ist diese UN-Abstimmung nichts Aussergewoehnliches.

Die UN-Abstimmung zum palaestinensischen Staat ueberschneidet sich jedoch mit anderen Realitaeten und anderen historischen Prozessen. Zum einen ist es eine Sache, einen palaestinensischen Staat auszurufen; und etwas ganz anderes, ihn zu schaffen. Die Palaestinenser sind zutiefst gespalten entlang zwei Konzepten, was die palaestinensische Nation sein soll. Diese Spaltung kann nicht leicht ueberwunden werden. Zum andern kommt diese Abstimmung, waehrend zwei von Israels Nachbarn mit internen Konflikten beschaeftigt sind. In Syrien herrscht Chaos. Gegen das Regime hat sich verbreiteter und signfikanter Widerstand gebildet. In der Zwischenzeit ringt Aegypten mit inneren Spannungen nach dem Fall von Praesident Hosni Mubarak und hinsichtlich der Aussichten fuer das Militaerregime, das ihn ersetzt hat. Der US-Abzug aus dem Irak und  der moegliche Machtzuwachs fuer den Iran koennen noch hinzugefuegt werden. Vor diesem Hintergrund wird die potentielle Anerkennung des Staates Palaestina  – obwohl in der Theorie stimmig – zu einem Ereignis, das mitten in den gegenwaertigen Krisen in der Region eine weitere Krise ausloesen kann. Daher handelt es sich um eine Abstimmung, die weitreichende Folgen haben kann.

Die palaestinensische Spaltung

Fangen wir mal nicht mit dem Recht einer Nation auf den eigenen Staat an, sondern betrachten das Wesen eines palaestinensischen Staates unter den gegenwaertigen Umstaenden. Die Palaestinenser spalten sich in zwei hauptsaechliche Franktionen. Die erste, Fatah, herrscht im Westjordanland. Fatah bezieht ihre Ideologie von der aelteren, saekularen pan-arabischen Bewegung. Historisch sah Fatah die Palaestinenser als Untergruppe der arabischen Nation. Die zweite, Hamas, hat die Macht im Gazastreifen inne. Im Gegensatz zur Fatah sieht sie die Palaestinenser als Teil einer groesseren, islamistischen Erhebung, worin Hamas die wichtigste islamistische Kraft in der palaestinensischen Nation darstellt.

Die pan-arabische Bewegung ist dem Untergang geweiht. Waehrend sie einmal die Existenz muslimischer Staaten, z.B. der arabischen Koenigreiche, bedrohte, so ist sie nun selbst unter Druck. Mubarak, Syriens Praesiden Bashar al Assad und Libyens Fuehrer Moammar Gadhafi repraesentieren alle die alte, pan-arabische Vision. Ein viel besserer Blick zum Verstaendnis des „Arabischen Fruehling“ zeigt ihn als Verfall der dynamischen Regime, die in den spaeten 1960er und fruehen 1970er an die Macht kamen, aber seither in ideologische Bedeutungslosigkeit abgesunken sind. Fatah gehoert zu dieser Gruppe, obwohl sie immer noch fuer den Palaestinensischen Nationalismus als saekularer Bewegung spricht, ist sie von den weiteren Entwicklungen in der Region abgeschnitten. Sie steht im Konflikt  mit dem steigendenen Fundamentalismus und gleichzeitig wird sie von den Monarchien beargwoehnt, die sie zu entmachten versucht hat. Aber sie kontrolliert den palaestinensischen Protostaat, die Palaestinensische Autonomiebehoerde und daher wird sie eine UN-Abstimmung zum Palaestinensischen Staat verlangen. Hamas dagegen ist sehr repraesentativ fuer den gegenwaertigen Trend in der muslimischen Welt und verfuegt ueber bedeutendene Popularitaet, aber es ist nicht klar, ob sie eine Mehrheitsposition in der palaestinensischen Nation vertritt.

Alle Voelker haben ideologische Konflikte, aber die Spaltung der Palaestinenser bezieht sich auf die grundlegende Frage nach der nationalen Identitaet der Palaestinenser. Fatah sieht sich selbst als Teil der saekularen arabischen Welt, die in der Defensive ist. Hamas definiert die palaestinensische Nation als einen muslimischen Staat, der im Kontext einer weiten islamistischen Erhebung in der Region im Entstehen ist. Keine von beiden kann in Anspruch nehmen, fuer das palaestinensische Volk zu sprechen. Die Punkte, an denen sie sich spalten, sind die zentralen Punkte im Herzen  der Nation. Ebenso wichtig ist, dass beide eine unterschiedliche Auffassung haben, wie ihre kuenftigen Beziehungen zum Staat Israel aussehen sollen. Fatah hat in der Praxis Israels Bestehen als Staat und die Notwendigkeit fuer die Palaestinenser, sich damit zu arrangieren, akzeptiert. Hamas lehnt das ab.

Die UN-Entscheidung erhoeht den Einsatz in dieser Debatte innerhalb der palaestinensischen Nation, was den Konflikt intensivieren koennte. So boesartig die Schlacht zwischen Hamas und Fatah war, in den letzten Jahren herrschte ein angespannter Waffenstillstand. Jetzt koennte ein international legitimierter Staat enstehen und wer diesen Staat kontrolliert, ist wichtiger als je zuvor. Wer immer den Staat kontrolliert, definiert, was die Palaestinenser sind,  so dass es zunehmend schwieriger wird, diesen Konflikt zu suspendieren um eines voruebergehenden Waffenstillstands willen. Anstatt irgendetwas zu regeln oder Israel in die Defensive zu draengen, wird die Abstimmung eine palaestinensische Krise ausloesen. Fatah hat einen Vorteil von UN-Abstimmung zum Staat Palaestina: Sie geniesst weit mehr internationale Unterstuetzung als Hamas. Europaeer und Amerikaner glauben, sie stuende ihren Interessen freundlicher und Israel weniger feindlich gegenueber. Die Saudis und andere moegen Fatah wegen frueherer Konflikte  misstrauen, aber schlussendliche fuerchten sie die radikalen Islamisten und den Iran mehr. Sie brauchen also amerikanische Unterstuetzung zu einem Zeitpunkt, wo es den Amerikaner langsam leid ist, im „Sandkasten“ zu spielen, wie es die Amerikaner ausdruecken. Waehrend sie gleichzeitig Hamas Hilfszahlungen leisten und unter grossenm Zoegern, fuehlen sich die Saudis trotzdem wohler mit Fatah. Und die umkaempften arabischen Regime, egal welche taktischen Manoever sie durchfuehren, entsprossen natuerlich der selben Erde wie Fatah. Fatah ist fuer viele der bevorzugte palaestinensische Partner. Das kann jedoch Hamas ausnutzen, um Fatah in einer Phase der Konfrontation als Kollaborateur mit Israel gegen das palaestinensische Volk darzustellen.

Fuer ihren Teil geniesst Hamas die Unterstuetzung der Islamisten in der Region, einschliesslich der iranischen Schiiten, aber das ist eine explosive Mischung als Grundlage einer Strategie. Hamas muss ihre Isolation durchbrechen, wenn sie es mit der mueden, aber echten Macht der Fatah aufnehmen will. Symbolische Flotten aus der Tuerkei sind troestlich, aber mehr als alles andere braucht Hamas ein Ende der aegyptischen Feindseligkeit gegenueber Hamas.

Die Rolle Aegyptens und Fatah in der Defensive

Aegypten ist die Macht, die Hamas geographisch isoliert durch seinen Friedensvertrag mit Israel und durch seine immer noch funktionierende Blockade des Gazastreifens. Mehr als jeder andere braucht Hamas einen wirklichen Regimewechsel in Aegypten. Das benoetigte neue Regime ist keine freiheitliche Demokratie, sondern eines, wo islamistische Kraefte an die Macht kommen, die Hamas unterstuetzen, naemlich die Muslimbruderschaft.

Im Augenblick ist das nicht wahrscheinlich. Die aegyptische Armeefuehrung hat ein bemerkenswertes Mass an Kontrolle behalten, die Opposition ist gespalten in saekulare und religioese Elemente, und die Religioesen sind weiter zersplittert und ausserdem vom aegyptischen Geheimdienst infiltiert, der jahrelang Krieg gegen sie fuehrte. Wie die Dinge liegen, ist nicht wahrscheinlich, dass Aegypten sich in eine Richtung entwickelt, die fuer Hamas guenstig waere. Hamas muss daher die politische Lage in Aegypten dahingehend modifizieren, dass aus einem maechtigen Feind ein maechtiger Freund wird.

Obwohl es fuer eine kleine Bewegung nicht einfach ist, eine grosse Nation umzudrehen, koennte es in diesem Fall klappen. In Aegypten sind weite Kreise ungluecklich wegen des Friedenvertrags mit Israel. Das Thema tritt immer dann in den Vordergrund, wenn Israel und die Palaestinenser gegen einander kaempfen. Wie auch in anderen arabischen Laendern, schlagen die Leidenschaften hoch, sobald Palaestinenser gegen Israelis kaempfen.

Unter Mubarak  wurden diese Leidenschaften eingedaemmt in Aegypten. Jetzt ist das aegyptische Regime zweifellos verletzlicher, und pro-palaestinische Gefuehle verbinden die meisten, wenn nicht alle Oppositionsgruppen. Es handelt sich um eine einzigartige, einende Kraft, die ausreichen koennte, die Macht der Militaers zu brechen, oder sie wenigstens dazu zwingen koennte, ihre Israelpolitik zu aendern.

Sollte Hamas sich in einem kriegerischen Konflikt mit Israel befinden, waehrend die Vereinten Nationen fuer den Staat Palaestina stimmen, wuerde Fatah innerhalb der palaestinensischen Bevoelkerung in die Defensive gedraengt. Fatahs Kooperation mit Israel, waehrend der Gazastreifen sich im Krieg befindet,  wuerde Fatah unterminieren und sie moeglicherweise dazu zwingen, sich Hamas anzuschliessen. Sollte die UN Abstimmung stattfinden, waehrend im Gazastreifen Krieg herrscht, und die Abstimmung womoeglich von einer Verurteilung Israels in der Generalversammlung begleitet werden, so koennte das die Region veraendern.

Der Terrorangriff auf der Strasse nach Eilat von letzter Woche sollte in diesem Zusammenhang verstanden werden. Manche spekulieren, dass sich neue islamistische Gruppen auf der  Sinaihalbinsel bilden oder dass palaestinensische Gruppen im Gazastreifen ausserhalb von Hamas‘ Kontrolle diesen Angritt unternommen haben. Formal moegen solche Organisationen von Hamas unabhaengig sein, mir faellt aber schwer zu glauben, dass Hamas mit ihren ausgezeichneten Nachrichtendiensten im Gazastreifen und unter den islamistischen Gruppen im Sinai die Plaene einer solchen Gruppe nicht wenigstens in groben Zuegen gekannt haette und nicht in der Lage gewesen waere, sie zu stoppen. Die Strategie neue Organisationen zu gruenden, die die Verantwortung fuer Konflikte uebernehmen koennen, ist eine alte Taktik, sowohl bei den Palaestinensern wie weltweit. Zum Beispiel gruendete Fatah in den 1979ern die Gruppe „Schwarzer September“,  nach aussen hin unbahaengig von der Fatah, aber in Wirklichkeit heimlich ein Teil von ihr.

Der fuer Hamas ideale Angriff muesste plausibel verleugnet werden koennen – sie muesste argumentieren koennen, dass sie nicht einmal wusste, dass ein Anschlag bevorstand – und einen israelischen Angriff auf den Gazastreifen ausloesen. Ein solches Szenario wuerde Israel als Aggressor und Hamas als Opfer dastehen lassen, so dass Hamas den Krieg am effektivsten in Aegypten und unter den Palaestinensern ausschlachten koennte, und natuerlich auch in der weiteren islamischen Welt und in Europa.

Auswirkungen in der Region und Israels Dilemma

Diese Sache ist groesser als Hamas. Das syrische Regime kaempft derzeit um sein Ueberleben gegen eine Mehrheit der sunnitischen Bevoelkerung. Bisher hat es ueberlebt, aber auch es muss den Konflikt umdefinieren. Die Iraner und Hisbolla machen sich mit die groessten Sorgen wegen eines moeglichen Sturzes des syrischen Regimes. Syrien ist der wichtigste Buendnispartner des Iran, in strategischer Lage, um den iranischen Einfluss in der Levante zu verstaerken. Sein Sturz waere ein schwerer Rueckschlag fuer den Iran und das zu einem Zeitpunkt, wo der Iran seinen Stand verbessen will, waehrend sich die USA aus dem Irak zurueckziehen. Iran geht davon aus, dass dieser Aufstand von seinen Feinden – USA, Saudiarabien und Tuerkei – in die Wege geleitet wurde, und  moechte verstaendlicherweise, dass al Assad an der Macht bleibt..

Ein Umsturz in Syrien liesse bedeutete auch, dass Hisbollah, die heute sehr vom gegenwaertigen syrischen Regime abhaengt und zu einem grossen Teil die Fortsetzung syrischer Politik im Libanon darstellt , ausschliesslich auf den Iran angewiesen waere. Und Iran ohne den syrischen Bundesgenossen ist sehr weit entfernt von Hisbollah. Wie Teheran hat Hisbollah ein Interesse daran, dass das Assadregime ueberlebt. Hisbollah und Hamas gemeinsam in einer Konfrontation mit Israel, das wuerde die Aufmerksamkeit vom Assadregime ablenken, und seinen Gegner koennte unterstellt werden, dass sie den Widerstand gegen Israel untergraben. In einem solchen Krieg mitzumachen, wuerde es Hisbollah auch erleichtern den Fall von al Assad zu ueberstehen, sollten sich dessen Gegner durchsetzen. Hisbollah koennte mit seiner Hilfe eine moralische Grundlage fuer sich selber bauen, unabhaengig von Syrien. Dass Hisbollah 2006 in der Lage war, ein Unentschieden gegen Israel zu erreichen, bedeutete fuer die radikal-islamistische Organisationen einen Sieg, der ihre Glaubwuerdigkeit dramatisch erhoehte.

Der kriegerische Konflikt 2006 stellte auch fuer Damaskus einen Sieg dar, da durch ihn der islamischen Welt vorgefuehrt wurde, wie Syrien als einziger Nationalstaat den Widerstand gegen Israel unterstuetzte. Israel und den USA wurde gezeigt, dass allein Syrien Hisbollah kontrollieren konnte und dass Israel und die USA einen strategischen Fehler begangen hatten, als sie Syrien zum Abzug aus dem Libanon zwangen.

Angesichts dieser Dynamik wird es Fatah schwerfallen, ihre Beziehung zu Israel aufrecht zu erhalten. Fatah koennte sich genoetigt fuehlen, eine Intifada zu starten, obwohl sie das lieber vermiede, um den wirtschaftlichen Aufschwung im Westjordanland nicht auf’s Spiel zu setzen.

Israel koennte also einem kriegerischen Konflikt im Gazastreifen, einem Konflikt entlang der libanesischen Grenze und einem Aufstand im Westjordanland gegenueber stehen, und das weiss es auch. In einer seltenen Geste hat Israel angekuendigt, dass es im September die Reserven einberufen will. Normalerweise werden solche Dinge nicht angekuendigt, aber Israel wollte Entschlossenheit signalisieren.

Gegenueber diesem potentiellen Sturms hat Israel zwei moegliche Strategien. Eine davon waere ein vernichtender Angriff auf den Gazastreifen, woraufhin die Truppen nach Norden verlegt wueden, um Hisbollah zu neutralisieen, begleiter von einem harten Niederschlagen der Intifada. Mit dem Gazastreifen schnell und eindeutig fertig zu werden, ist dabei der Angelpunkt, wenn die Entwicklung, wie ich sie oben skizziert habe, unterbunden werden soll. Das Problem ist jedoch, dass dieses 3-Fronten-Szenario nur eine Moeglichkeit ist, aber keine Gewissheit. Wenn Israel den Konflikt im Gazastreifen zuendet, dann riskiert es, diese Moeglichkeit in eine Gewissheit zu verwandeln – und Israel kann in den letzten Jahrzehnten keine ueberwaeltigenden Siege vorweisen. Das wuerde auch die Militaerregierung in Aegypten in eine Krise stuerzen, und das wollen die Israelis nicht.

Israel koennte einfach die Angriffe durch Hamas erleiden, um Israel als Opfer darzustellen. Auf Sympathie zu zielen ist jedoch wenig aussichtsreich, weil die Palaestinenser die Meinung der Weltoeffentlichkeit zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Ausserdem ist zu erwarten, dass Hamas die Angriffe wiederholen wuerde bis zu dem Punkt, wo Israel dem Kampf nicht laenger ausweichen koennte.

Krieg liegt daher im Interesse der Hamas (auch wenn Hamas glaubhaft dementieren kann, indem sie andere die Angriffe unternehmen laesst). Hisbollah haette guten Grund, sich an dieser Stelle einzuschalten. Fatah wuerde nicht wollen, koennte aber zur Teilnahme gezwungen sein. Ein solcher Krieg wuerde die Dynamik in Aegypten deutlich zu Hamas‘ Gunsten verschieben. Iran haette gern, dass al-Assad den Syrern sagen koennte, dass waehrend des Kriegs gegen Israel keine Zeit fuer einen syrischen Buergerkrieg bleibt. Israel koennte sich in der Lage sehen,  drei Schlachten gleichzeitig schlagen zu muessen. Dazu waere intensive Aggression notwendig, Maessigung waer strategisch sehr schwer.

Israel reagierte im Vergleich zu frueher sehr zurueckhaltend auf den Vorfall bei Eilat, und flog nur begrenzte Angriffe auf den Gazastreifen, vor allem gegen Mitglieder der Palaestinensischen Widerstandskommittes, einer Dachorganisation, die bekanntlich Verbindungen zur Hamas hat. Hamas machte deutlich, dass der bisherige de facto Waffenstillstand nicht laenger eingehalten werde. Die Frage ist nun, was Hamas weiter unternehmen will und ob Unterstuetzer der Hamas, vor allem Saudiarabien, sie dazu zwingen kann, anti-israelische Aktivitaeten in der Region einzuschraenken. Die Saudis wollen, dass al Assad stuerzt, und sie wollen kein radikales Regime in Aegypten. Vor allem aber wollen sie nicht, dass der Iran gestaerkt wird. Aber es ist nie ganz klar, wieviel Einfluss die Saudis oder die Aegypter auf Hamas haben. Fuer Hamas sieht das nach einer perfekten Gelegenheit aus, und mir faellt schwer zu glauben, dass die Saudis sie zurueckhalten koennen. Was die Israelis angeht:  Was passieren wird, haengt davon ab, was andere entscheiden – und das ist Israels grundlegendes Strategieproblem.

Israeli-Arab Crisis Approaching is translated and republished with permission of STRATFOR.“

Zum Tod der aegyptischen Soldaten


Die NZZ bleibt ihrer anti-israelischen Haltung treu und berichtet fast ausschliesslich ueber die Verstimmung zwischen Aegypten und Israel. Ueber die toedliche Salve von gestern abend auf Beer Sheva kann ich dagegen keine Nachricht finden.

Vielleicht sollten wir ein bisschen zusammenfassen, was bisher zu diesem Vorfall bekannt ist:

Die Terroristen, die am Donnerstag bei Eilat Zivilisten toeteten, kamen aus dem Sinai, also aus aegyptischem Territorium. Sie fuehrten ihren Anschlag am hellichten Tag in unmittelbarer Naehe eines aegyptischen Grenzposten durch. Das war einer der Gruende, warum die IDF von diesem Anschlag ueberrascht wurde, obwohl ihr deutliche Warnungen vorlagen. Die Vorstellung, dass die Terroristen unter den Augen der aegyptischen Armee agieren koennten, wurde nicht in Betracht gezogen.

Laut einem Augenzeugen trug mindestens ein Terrorist eine aegyptische Armeeuniform. Ob das zutrifft, wird sich in Kuerze erweisen.

Weiter wurde gestern abend im Fernsehen berichtet, dass die Terroristen Sprengladungen auf der aegyptischen Seite der Grenze angebracht haetten, um israelische Soldaten an der Verfolgung zu hindern. Moeglicherweise seien aegyptische Soldaten auch dadurch um’s Leben gekommen.

Die aegyptische Version ist, dass die Grenzpolizisten in einem Schussgefecht zwischen den Israelis und den Terroristen durch israelische Kugeln getoetet worden seien. Vor einer Autopsie der Toten kann eine so eindeutige Schuldzuweisung eigentlich nur durch anti-israelische Ressentiments begruendet werden.

Update 24.08.11

Meine Vermutung, dass ein Teil der toten Aegypter Terroristen waren, verdichet sich. Siehe auch Elder of Ziyon samt Kommentaren

Eskalation


Noch in den 8 Uhr Nachrichten hiess es allgemein, dass Hamas ebensowenig wie Israel ein Interesse daran habe, den Konflikt zu eskalieren. Wenig spaeter hoerten wir wieder Raketenalarm und gingen in unser Bunkerzimmer. Seit gestern werden wir per Radio ermahnt, die Schutzraeume keinesfalls nach dem ersten Rumsen zu verlassen, es koennten auch mehr als eine Rakete auf einmal abgeschossen sein. Heute abend war es dann zo weit. Kurz nach den Nachrichten, hoerten wir wieder die Sirenen, das zweite Mal heute abend. Im Bunkerzimmer sassen wir auf dem Bett der Grossen – zum Glueck sind die Maedchen noch in der Schweiz! und zaehlten insgesamt acht Einschlaege. Kurz vorher war offenichtlich eine Salva auf Ofakim abgefeuert worden. Unser Abwehrsystem hat 5 Raketen neutralisiert, aber trotzdem gab es zwei Treffer. Ein Wohnhaus wurde direkt getroffen, dabei gab es einen Toten und vier Verletzte. Und ein Auto ging in Flammen auf, ob es ein geparktes Fahrzeug war oder ob Insassen zu Schaden kamen, habe ich noch nicht gehoert. Auch in Ofakim wurde ein Haus direkt getroffen und die Bewohner verletzt, darunter zwei Kinder. Hamas hat die Verantworung fuer beide Angriffe den Angriff auf Ofakim uebernommen.

Der Himmel ueber uns ist ruhig, zu ruhig, weil wir eigentlich die israelischen Flugzeuge hoeren sollten. Ich vermute, unsere Armeeleitung ist in Krisensitzung, da sich ihre bisherigen Praemissen als falsch erwiesen haben. Offensichtlich ist Hamas an einer Esklation interessiert.

Urlaub


Wegen Ferien ruht dieser Blog die naechste Zeit.

Neue Uebersetzung von Mudar Zahran


Is It Time Israel Ends Oslo? schreibt Mudar Zahran im „Hudson New York“. Auch dieser Artikel leuchtet mir so sehr ein, dass ich ihn ins Deutsche uebersetze.

Ist fuer Israel die Zeit gekommen, den Osloprozess zu beenden?

Seit die Vertraege von Oslo in Kraft traten, hat die Palaestinensische Befreiungsorganisation (PLO) jedesmal, wenn ein Durchbruch nahe schien, in verblueffender Weise die Vertragsregeln gebrochen und Israel provoziert. Damit arbeitet sie gegen eben das Abkommen, dem die Palaestinensische Autonomiebehoerde ihr Dasein verdankt.
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Vorwaerts in die Vergangenheit


Seit wenigen Wochen schon wird in Israel protestiert, gegen die hohen Mieten, Immobilienpreise und ueberhaupt die Lebenshaltungskosten.

Am Samstagabend gelang es anscheinend, zum ersten Mal eine signifikante Menge Menschen auf die Strasse zu bringen.

Der Slogan lautet „Zedek chavrati“, das ist „Soziale Gerechtigkeit“, ein klassisch sozialistisches Mantra und so sehen die Bilder von der Demonstration auch aus:


Rote Fahnen, soweit der Bildausschnitt reicht.

Fuer ganz Begriffstutzige noch die Ikone des Heiligen Che.

Hier ist meine Interpretation:

Die Linke in Israel kann ihre Wahlniederlage vom Januar 2009 immer noch nicht verwinden. Mit der Karte „Friedensprozess“ konnte sie gegen die gegenwaertige Mitte-Rechts Regierung unter Netanyahu nicht punkten, wie sie nach mehreren, hartnaeckigen Versuchen in diese Richtung einsehen musste. Der „Cottage-Boykott“ brachte dann die schlaue Idee: Wenn mit „Friede“ kein Hund mehr hinter dem Ofen hervorzulocken ist, wie waere es dann mit „Eierkuchen und Freude“?!

Tatsaechlich gibt es in Israels kleiner Wirtschaft immer noch zu wenig Konkurrenz. Den richtigen Weg aber hat schon die erste Netanyahu-Regierung eingeschlagen, als Finanzmininster hat er das fortgesetzt und auch der jetztige Finanzminister Yuval Steinitz bringt das Stichwort Konkurrenz.

Die Opposition um Kadima, zu der sich auch die israelischen Medien ganz offen zaehlen, zeichnet sich bisher durch innige Symbiose mit der „Branja“ in allen ihren Facetten (Gerichtswesen, Medien, Wirtschaft, Kulturbetrieb und Politik) aus.

Weder Haredim noch nationalreligioese Juden nehmen an den Protesten teil. Dabei ist die Wohnungsnot bei den kinderreichen Familien der Ultraorthodoxen und bei den Siedlern, die schon lange de facto kein Zimmer anfuegen, geschweige denn neue Wohnungen bauen duerfen, mindestens so ausgepraegt wie in der saekularen Bevoelkerung. Offensichtlich vemuten sie ebenfalls, welche Kraefte hier wirken.

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