Geschicktes Lavieren


Reiner Bernstein dokumeniert die Dankesrede des palaestinensischen Pastors Mitri Raheb, als ihm unlaengst der Deutsche Medienpreis verliehen wurde,  zur Gaenze im Journal 21 . Er verspricht sich davon, den Kritikern der Verleihung den Wind aus den Segeln zu nehmen. Gegenueber ideologisch gleichgeschalteten oder einfach desinformierten Lesern mag das gelingen. Wenn man sich aber ein wenig mit den tatsaechlichen Verhaeltnissen im Nahen Osten beschaeftigt hat, vermittelt die Rede etwas ganz Anderes.

Auffallend ist, dass Israel kaum erwaehnt wird.

Geboren unter jordanischer Herrschaft, erlebte ich mit fünf Jahren den Beginn der israelischen Besatzung von Bethlehem. Ich bin nicht einmal 50 und habe schon 9 Kriege miterleben müssen. Als Arafat und Rabin 1994 den Friedensnobelpreis erhalten hatten, da habe ich noch gedacht, dass Israelis und Palästinenser endlich in Frieden leben werden. Aber es kam erstens anders und zweitens als erwartet. Beide sind Hetzkampagnen zum Opfer gefallen.

Damit ist der historische Hintergrund schon abgehandelt. Jordanische Herrschaft versus israelische Besatzung. Arafat und Rabin als Opfer von Hetzkampagnen, wobei Rabin von einem Fanatiker ermordet wurde, waehrend Arafat in einem franzoesischen Krankenhaus an Aids starb. Wer gegen wen und warum Krieg fuehrte, wird dahingestellt.

Frieden im Heiligen Land muss unser aller Auftrag sein. Mauern zu bauen und Land für Siedlungen zu enteignen, wie jetzt um Bethlehem der Fall, oder Gewalt anzuwenden egal aus welchem Grund und auf welcher Seite, darf nicht einfach hingenommen werden.

Der Sperranlage, die bei Bethlehem tatsaechlich zum Teil eine Mauer ist und den Siedlungen, fuer die seit fast 20 Jahren keinerlei Land enteignet wird, leistet Pastor Raheb den obligatorischen Lippendienst. Interessant ist der Punkt Gewalt. Dabei wird betont, dass weder die Begruendung der Gewalt noch die Seite, welche die Gewalt anwendet, als Rechtfertigung fuer Gewalt dienen koennen.

Diese Qualifikation waere unnoetig, wenn Pastor Raheb Israel der Gewaltanwendung beschuldigen wollte. Zum Bau der Sperranlage vermerkt er ja auch nicht, dass auch Schutz vor Terroranschlaegen keine Mauer rechtfertige. Das vorsichtige „auf welcher Seite“ ist ein klarer Hinweis, dass Pastor Raheb an die Unterdrueckung durch muslimische Palaestinenser denkt.

Auch aus der Beschreibung der Aktivitaeten seines Zentrums geht dies ziemlich deutlich hervor:

Lebensräume zum Aufatmen, wo Kinder aus Flüchtlingslagern musizieren; wo Frauen aus entlegenen Dörfern einen Beruf im Kunsthandwerk erlernen; wo christliche und moslemische Kinder gemeinsam zur Schule gehen; wo junge Männer, die keinen Job auf dem Arbeitsmarkt finden, weitergebildet werden; wo Führungskräfte eine politische Bildung bekommen; wo junge palästinensische Frauen Fußball spielen und weltweit konkurrieren, wo Senioren in Würde ein Leben in Fülle führen können, und wo jüdische und palästinensische Akademiker und Aktivisten gemeinsam nach einer anderen Zukunft suchen.

Die Israelis hindern ja keine Frauen daran, einen Beruf im Kunsthandwerk zu lernen, auch solche aus entlegenen Doerfern nicht. Mit selbstaendigen Frauen haben Muslime ein Problem und in rueckstaendigen Doerfern ist das sicher ausgepraegter als in Staedten.

Israel besteht auch nicht auf einer Trennung der Bekenntnisse. Christliche und muslimische Kinder zusammen lernen zu lassen, soll die Vorurteile der Muslime gegenueber Christen ueberwinden helfen.

Die Weiterbildung von arbeitslosen jungen Maennern hat ebenfalls so gut wie nichts mit Israel zu tun. Offensichtlich moechte das Zentrum dem Leben solcher junger Menschen eine Richtung geben, damit sie nicht von den diversen Terrororganisationen aufgefangen werden.

Auch Politische Bildung fuer Fuehrungskraefte duerfte in erster Linie der PA ein Dorn im Auge sein. Nicht umsonst hatte Arafat nach Oslo als erstes alle palaestinensischen Graswurzelorganisationen zerschlagen.

Damenfussball stellt in Israel kein Problem dar, dagegen sehr wohl in muslimischen Gesellschaften, wo Frauen sich nach strenger Auffassung beim Sport auf Heimtrainer beschraenken sollten.

Erst ganz zum Schluss wird angehaengt, das Zentrum sei auch eine Begegnungsstaette fuer palaestinensische und juedische Intellektuelle. In Israel hat es nie an solchen Begegnungsstaetten gefehlt, auch nicht an Organisationen, die solche Begegnungen foerderten. Technisch schwierig wurden Begegnungen erst durch die Terrorwelle der sog. 2. Intifada. Die Einreise von Palaestinensern nach Israel musste deswegen streng ueberwacht werden und die Sicherheit von Israelis im Hoheitsbereich der PA konnte nicht mehr gewaehrleistet werden. Dieses Problem kann auch Pastor Rahebs Zentrum nicht loesen. Vielversprechender ist der israelische Ansatz, in unmittelbarer Naehe der Checkpoints Bueros  mit den noetigen Einrichtungen zu schaffen, wo sich israelische und palestinensische Geschaeftsleute treffen koennen: Die Palaestinenser muessen den Checkpoint nicht durchqueren und die Israelis sind in Sicherheit, weil immer noch unter den wachsamen Augen der IDF.

Pastor Raheb muss in seiner Rede auf folgende Punkte Ruecksicht nehmen:

1) Er kann die PA, bzw. die lokalen Funktionaere in Bethlehem nicht offen kritisieren, weil er sonst Sanktionen gegen sein Zentrum oder gegen die eigene Person und seine Familie riskiert.

2) Die Menschen und Organisationen im Westen, die als Spender fuer seine Aktivitaeten in Frage kommen, sind nicht daran interessiert, dass palaestinensische Faktoren kritisiert werden. Sie haben schon laengst Israel in der Rolle des Verantwortlichen ausgemacht.

Die beste Taktik ist daher, wie in der Rede angewendet, eine amorphe Kritik an Gewalt und Gewaltkultur. Konditionierte Europaeer verstehen dann, dass Israel gemeint sei, und die tatsaechlich gemeinten Palaestinenser brauchen sich nicht angesprochen fuehlen.

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die gute Nachricht in der schlechten


Am Wochenende hat ein Gruppe junger arabischer Israelis zwei Soldaten in Zivil angegriffen, nachdem sie vorher gefragt hatten, ob sie juedisch seien. Das ist die schlechte Nachricht.

Sieben Tatverdaechtige befinden sich derzeit in Untersuchungshaft, die gestern um fuenf Tage verlaengert wurde.

Der Untersuchungsrichter spart nicht mit klaren Worten:

The events are consistent with dark regimes and not a democratic state like Israel. 
Fortunately, Rambam security guards arrived at the scene, otherwise one could not imagine the possible outcomes.

„Diese Ereignisse passen zu finsteren Regimes aber nicht in einen demokratischen Staat wie Israel. Zum Glueck tauchten die Wachleute des Rambamkrankenhauses am Tatort auf, es ist gar nicht vorstellbar, was sonst haette passieren koennen.“

Der Richter stellte eine Parallele zum Lynchmord in Ramallah her. Der Name des Richters ist Zaid Falah, er ist ebenfalls ein arabischer Israeli. Das ist die gute Nachricht.

Nahostexperten – Arnold Hottinger


Ich wollte ein bisschen im Journal J21 lesen, ob der Text von Kurt Theodor Oehler ein Ausrutscher war, oder ob er die Linie des Journals widerspiegelt.

Und schon fand ich den naechsten Artikel aus eindeutig anti-israelischer Perspektive.

Am 19.02.2012 erschien von Arnold Hottinger:  Drei Kalte Kriege und ein heisser

Es gibt erstens den Jahrhundert-Krieg zwischen dem Zionismus und dem Arabertum, später zwischen Israel und den Palästinensern. Dieser Konflikt wurde mehrmals neu aufgefrischt, zuletzt im Jahre 2000

Im Jahr 2000 lud nach meiner Erinnerung und anerkannten Quellen Bill Clinton den damaligen israelischen Ministerpraesidenten Ehud Barak und den Vorsitzenden der Palaestinensischen Autonomiebehoerde Yasser Arafat nach Camp David ein, weil er davon ausging, dass ein Friedesvertrag moeglich sei. Barak brachte seine Vorschlaege vor, wonach die grossen Siedlungsbloecke bei Israel blieben und wenigstens teilweise durch Landtausch abgegolten wuerden. Ca. 90% des Gebietes stuende zur Gruendung eines Staates Palaestina zur Verfuegung. In seiner Autobiographie gibt Clinton Arafat die Schuld am Scheitern der Verhandlungen. Die Palaestinensische Seite hatte nicht mit Gegenvorschlaegen reagiert, sondern die Verhandlungen abgebrochen. Bald danach begann sie die sogenannte Al-aksa oder II. Intifada. Der Besuch vom damaligen israelischen Oppositionsfueher Ariel Sharon auf dem Tempelberg diente als Vorwand, die Gewalt war schon vorher geplant. Bis es Israel gelang, den palaestinensischen Terror einzuschraenken, hatte diese Welle der Gewalt Israel in eine tiefe Rezession gestuerzt.

Und diesen Hintergrund fasst Herr Hottinger so zusammen:

, als die Israeli klar machten, dass sie nicht nur Israel, sondern auch die Besetzten Gebiete als ihren Einfluss- und Machtbereich beanspruchten. Sie machten klar, dass sie diese Territorien – unter gewaltsamer Niederhaltung der einheimischen Bevölkerung – besiedeln und dauernd behalten wollen.

So kann nur schreiben, wer den palaestinensischen Terror nicht nur ausblendet, sondern rechtfertigt.

Am „neuen Entbrennen“ des zweiten Kalten Krieges zwischen Schiiten und Sunniten ist ausnahmsweise nicht Israel schuld, sondern die USA.

Aber beim dritten Kalten Krieg werden wir wieder fuendig. Natuerlich bedroht nicht der Iran Israel, sondern umgekehrt:

Es gibt drittens die Kriegsdrohungen Israels gegen Iran. Dabei geht es vor allem um das iranische Atomprogramm und um die Frage, ob Iran die Nicht-Proliferationsverträge verletzt oder nicht. Doch die Ursprünge dieser Spannungen sind in der unilateralen atomaren Aufrüstung Israels zu suchen.

Die iranische Revolution 1979 und die Machtuebernahme durch die radikal-islamischen Mullahs haben nach Herrn Hottinger gar nichts damit zu tun.

Zu den Aktionen, die Israel gegen den Iran durchführt, gehören die Ermordung von Wissenschaftlern, die Einsetzung des Stuxnet-Computerwurms, die Aufhetzung von Minderheiten gegen Teheran (Belutschen, Kurden, iranische Araber sowie der „grüne“ inner-iranische Widerstand). Diese Aktionen beantwortet der Iran mit Gegendrohungen und militärischen Demonstrationen, die dann von der amerikanisch-israelischen Seite schnell als Zeichen iranischer Kriegsbereitschaft gewertet werden.

Herr Hottinger kann sich gar nicht vorstellen, dass die iranische Bevoelkerung nach 30 Jahren Islamischer Republik nicht voller Begeisterung hinter ihren Fuehrern steht. Die allmaechtigen Israelis aber schaffen es, unter dem Vorwand, die Wahlen seien manipuliert worden,  Unruhen zu stiften. Der arme, unschuldige Iran wird von Israel permanent angegriffen (Warum eigentlich? Wollen wir uns auch Persien einverleiben, etwa zu Purim?) und reagiert bloss!

Ja, dann…

Faktenresistenz: ein klares Symptom fuer Ideologie


Vor zwei Wochen veroeffentlichte das Journal J21 einen Text von Kurt Theodor Oehler.

Darin befuerchtet Herr Oehler einen israelischen Angriff auf den Iran, womit Israel mal wieder den Weltfrieden gefaehrde. Die Bedrohung durch den Iran sei nur „gefuehlt“ und auch das nur von Israel und den USA. Komisch, ich erinnere mich da an Berichte, wonach die Golfstaaten und Saudiarabien sich Sorgen machen…

Die Israelis braeuchten sich eigentlich nicht bedroht zu fuehlen, meint Herr Oehler, wenn sie nur die Siedlungspolitik einstellen und aufhoeren wuerden, sich wie Nazis zu benehmen:

Die Israelis können sich nicht in die katastrophalen Bedingungen, unter denen die Palästinenser leben, einfühlen. Letztere werden laufend gedemütigt, und ihr Land wird ohne Skrupel für neue Siedlungsprojekte und umfassende Infrastrukturmassnahmen enteignet. Für die Israelis scheint das Leben eines Palästinensers weniger Wert zu haben als das Ihrige. Ist es wirklich erlaubt, seine direkten Nachbarn so als „Untermenschen“ zu behandeln? Das dürfte doch angesichts der schrecklichen Erlebnisse während des Zweiten Weltkrieges gerade von den Israelis nicht erwartet werden müssen…

Aber das ginge mit dieser Regierung nicht, sagt Herr Oehler:

Netanyahu ist kein Mann des Friedens
Die wutentbrannten Hasstiraden von Benjamin Netanyahu gegen die Friedenspolitik seiner Vorgänger sind nicht vergessen, und er hat sich in letzter Zeit kaum zum „Paulus“ verwandelt. Es sind die gleichen Absichten, die sich hinter seiner Verzögerungstaktik verbergen. Er will weder einen Friedensvertrag mit den Palästinensern, noch will er die Westbank preisgeben. In diesem Sinne richtet sich seine Politik gegen eine Zweistaatenlösung. Seine Friedensbekundungen sind deshalb verlogen und scheinheilig und nur auf Zeitgewinn bedacht. Mit seiner aggressiven Siedlungspolitik will er zudem vollendete Tatsachen schaffen, die schliesslich einen palästinensischen Staat verunmöglichen.

Irgendwie erinnere ich mich an keine Hasstiraden von Netanyahu. Haette nicht auch J21 eine Quelle verlangen koennen? Die „aggressive Siedlungspolitik“ bestand in einem 10-monatigen Baustopp in den Siedlungen, mit denen mal wieder „Vertrauen gebildet“ werden sollte. Da die PA sich erst kurz vor Ablauf dieses Moratoriums an den Verhandlungstisch bequemten und ausser der Forderung, das Moratorium muesse verlaengert und um Jerusalem erweitert werden, nichts mitbrachten, wird seither wieder gebaut – zum Mitschreibenn: nur innerhalb der bestehenden Siedlungen, neue Siedlungen werden nicht gebaut, nur der Abriss von nicht genehmigten Siedlungen wird nicht so schnell und rigoros vorangetrieben, wie sich das manche israelische Linke wuenschen wuerden.

Aus Ha’artez, dem Leib- und Magenblatt der „Israelkritiker“ erfahren wir nun, dass Netanyahus Vorschlaege waehrend der Verhandlungen mit der PA in Jordanien weitgehend mit den Vorschlaegen der damaligen Ausseministerin Zipi Livni in Annapolis im Herbst 2008 uebereinstimmen. Die Reaktion der palaestinensischen Unterhaendler ist auch weitgehend identisch. Es wird geleugnet, dass Israel ueberhaupt Vorschlaege eingebracht hat, diese nicht eingebrachten Vorschlaege werden als nicht akzeptabel bezeichnet und die Verhandlungen abgebrochen.

Der Washington Post erklaerte Abbas im Fruehjahr 2009, warum er auch Olmerts Vorschlaege, die anscheinend noch ueber Annapolis hinausgingen, abgelehnt habe:

In our meeting Wednesday, Abbas acknowledged that Olmert had shown him a map proposing a Palestinian state on 97 percent of the West Bank — though he complained that the Israeli leader refused to give him a copy of the plan. He confirmed that Olmert „accepted the principle“ of the „right of return“ of Palestinian refugees — something no previous Israeli prime minister had done — and offered to resettle thousands in Israel. In all, Olmert’s peace offer was more generous to the Palestinians than either that of Bush or Bill Clinton; it’s almost impossible to imagine Obama, or any Israeli government, going further.

Abbas turned it down. „The gaps were wide,“ he said.

(…)

Instead, he says, he will remain passive. „I will wait for Hamas to accept international commitments. I will wait for Israel to freeze settlements,“ he said. „Until then, in the West Bank we have a good reality . . . the people are living a normal life.“ (..)

Das Leben als „Untermensch“ unter israelischer Besatzung ist anscheinend nicht so schlimm.

Ob Herr Oehler angesichts dieser Fakten umdenken koennte? Ich bezweifle das. Seine eigentliche Motiviation schimmert deutlich zwischen den Zeilen hervor:

Israel hat in seinen Augen kein Existenzrecht, da es nur auf die Bibel gegruendet sei, Balfourdeklaration, Britisches Mandat Palaestina, UN-Entscheid und erfolgreiche Verteidigung im Unabhaengigkeitskrieg werden verdraengt. Vor allem aber sei Israel zu arrogant, ein bisschen Solidaritaet mit den Nachbarn  und Dankbarkeit gegenueber der Weltgemeinschaft darfuer, dass es ueberhaupt gegruendet werden durfte (oha, hier erinnert Herr Oehler sich doch wieder an die UN!), stuendem dem kleinen Land besser an.

Mit anderen Worten, die Juden sind mal wieder uebermuetig geworden und koennen sich selber zuschreiben, was ihnen dafuer blueht:

„Wie so oft in der Geschichte, wenn der Jude übermütig geworden und die Völker, bei denen er sich eingenistet habe, zu sehr von ihm ausgepowert worden seien, erkenne auch jetzt langsam ein Volk nach dem anderen, wieviel Schaden ihm der Jude zugefügt habe. Jeder versuche dann auf seine Weise mit ihm fertig zu werden.“

(Henry Picker: Hitlers Tischgespraeche, S. 348)

Die deutsche Marine vor der libanesischen Kueste


Auf der Basis der UN SC Resoltion 1701 beteiligt sich die deutsche Marine an der Aufgabe der UNIFIL, die Wiederbewaffnung der Hisbollah zu verhindern.

Seit 2006 laeuft diese Aktion, und schon seit 2008 pfeifen die Spatzen von den Daechern bzw. Ban Ki-Moon an den Sicherheitsrat, dass sie im grossen Stil gescheitert ist. Hizbollah besitze mehr Raketen als mancher Staat, verlautete aus US-Kreisen im Frueling 2010. Und noch vor drei Monaten verkuendete Nasrallah, dass die Terrororganisation sich weiter bewaffnen will.

Waehrenddessen schippern sieben Schiffe der Bundesmarine vor der libanesischen Kueste und warten vergeblich auf Erfolgserlebnisse. Fast koennten sie einem leid tun, wenn nicht klar waere, dass der Erfolg genau darin besteht, nichts zu sehen, nichts zu unternehmen und nicht bedroht zu werden, im Gegensatz zu den UNIFIL-Truppen im Suedlibanon, die auch nichts sehen oder unternehmen, aber immer wieder mal darin erinnert werden, wer das Sagen hat.

Das koennte sich demnaechst aendern. Iran schmuggelt Waffen übers Meer an die Hisbollah

Weder der Artikel selber noch die Kommentatoren verschwenden Ueberlegungen daran, warum denn Saudi-Arabien wegen des Waffenschmuggels zugunsten der Hizbollah beunruhigt sein sollte?

Die schiitische Terrororganisation ist Teherans wichtigste Waffe gegen Israel. Nach dem letzten Libanonkrieg, dem militärischen Schlagabtausch zwischen der Hisbollah und Israel im Jahr 2006, hat Teheran die Schiitenmiliz erneut massiv aufgerüstet. Das Kalkül dahinter: Je bedrohlicher Hisbollah ist, desto eher werden die Israelis von einem Schlag gegen das iranische Atomprogramm zurückschrecken aus Angst, die Hisbollah könnte ihre geschätzten 40.000 Raketen gen Israel feuern.

Sollten die arabischen Staaten am Ende in Israel stillschweigend einen Buendnispartner sehen, waehrend ein Fall es Assad-Regimes ihnen nuetzen wuerde?

Nach Informationen von „Welt Online“ waren sich die Teilnehmer der Konferenz einig darin, dass ein Sturz des Assad-Regimes ihnen nützen würde und ein weiterer Schritt wäre, um das regionale Vormachtstreben des Iran einzudämmen.

Ei der Daus, das regionale Vormachtsstreben des Iran?! Dabei hoeren wir doch sonst staendig, dass allein Israel den Weltfrieden gefaehrdet und Friede, Freude, Eierkuchen im Nahen Osten verhindert.

Um deutsche Marinesoldaten muessen wir uns trotzdem wenig Sorgen machen. Ihr Mandat sieht vor, dass sie erst einmal bei der libanesischen Regierung anfragen, ob etwas unternommen werden sollte, und die dominierende Partei in der Regierung ist zufaellig die Hizbollah.

Die Wochenenden in Beirut sind aber wunderschoen, und den libanesichen Soldaten kommt man naeher:

Anfangs noch etwas distanziert, wurde mit fortschreitender Zeit das Zusammenspiel immer besser, und man lachte auch mal gemeinsam, wenn etwas nicht auf Anhieb klappte. Schon komisch, dachten wir uns, dass trotz all der Unterschiede wie Herkunft und Religion die verschieden Kulturen, wenn es um das Erreichen eines gemeinsamen Ziel geht, so schnell zueinander finden.

Nach einem weiteren Kaffee verabschiedeten wir uns von den Kadetten mit dem guten Gefühl, heute nicht nur unseren Dienst im Auftrag der Vereinten Nationen geleistet, sondern auch die Libanesen dabei ein Stück voran gebracht zu haben, eines Tages die alleinige Verantwortung für die Überwachung ihrer Hoheitsgewässer zu übernehmen.

Steht der Irankrieg bevor?


In den letzten beiden Wochen vermitteln die Medien, dass ein israelischer Angriff auf den Iran unmittelbar bevorstehen koennte. Offensichtlich glauben sie ihren eigenen Ankuendigungen wenigstens ein bisschen, denn die internationalen Medien mieten Daecher in Tel Aviv, um aus der ersten Reihe berichten zu koennen.

Auch wir Israelis werden etwas unruhig. Barry Rubin, auf den ich viel halte, meint, es sei jedenfalls jetzt nicht soweit.

Auch mir scheint, dass es sich um Hysterie handelt. Die Drohkulisse passt so gar nicht zum Ernstfall. Als Israel den syrischen Reaktor zerstoert hatte, erfuhren wir erst Wochen spaeter davon, und im Vorfeld war kein Sterbenswoertchen in den Medien.

Andererseits kann sich durch die wechselseitige Rhetorik auch eine Dynamik in Gang setzen, wo sich dann hinterher jeder fragen wird, ob das nicht haette vermieden werden koennen.

Wuerde sich an der Situation etwas Grundlegendes aendern, wenn der Krieg nicht in den naechsten drei Monaten, sondern erst in einem Jahr stattfinden sollte? Das Fenser, das Israel fuer eine militaerische Aktion zur Verfuegung steht, ist wahrscheinlich kleiner, als das der USA. Wenigstens unter Praesident Obama kann sich Israel nicht auf die USA verlassen, muesste also auf eigene Faust vorgehen. Der Wahlausgang in den US im kommenden November ist also ein Faktor, der die Situation deutlich beeinflussen koennte. Auch die Entwicklung in Syrien hat das Potential dazu: Faellt Assad, verliert der Iran einen Verbuendeten an unserer Grenze. Syrien wird voraussichtlich erst einmal in einem Buergerkrieg versinken. Hisbollah waere schwieriger vom Iran aus mit Waffen zu versorgen.

Kampfbegriff „fremdenfeindlich“


Minister empört mit fremdenfeindlicher Äußerung titelt die Welt. Und im Untertitel wird spezifiziert:

„Nicht alle Kulturen sind von gleichem Wert“: Dieser Satz brachte Frankreichs Innenminister Guéant viel Kritik ein.

Im Artikel erfahren wir, dass Herr Gueanat seine Aussage auch erklaert hat:

„Diejenigen, die die Menschlichkeit verteidigen, erscheinen uns fortschrittlicher als die, die dies nicht tun“, sagte Guéant in seiner Rede. „Diejenigen, die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit verteidigen, erscheinen uns denjenigen überlegen, die die Tyrannei, die Minderwertigkeit von Frauen, sozialen und ethnischen Hass akzeptieren“, fuhr der Innenminister fort, der auch für Einwanderung zuständig ist.

Eigentlich sollten das voellig banale Saetze sein, ungefaehr so kontrovers wie „Motherhood and Applepie“. In Frankreich herrscht Wahlkampf. Da ist es noch halbwegs nachvollziehbar, dass die sozialistische Opposition die Aeusserung zu ihren Gunsten ausschlachten will.

Die Nummer zwei der französischen Sozialisten, Harlem Désir, verurteilte in einer Twitter-Mitteilung die „erbärmliche Provokation eines Ministers, der zu einem Sprachrohr der (rechtsextremen) Front National reduziert wurde“. Die Regierungspartei UMP befinde sich hinsichtlich der im April anstehenden Präsidentschaftswahl im „Verfall“.

Der Sprecher des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande, Bernard Cazeneuve, verurteilte die Äußerungen als „spaltend und erniedrigend“. Die vorherige sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal nannte die Worte des Innenministers „gefährlich“. Grünen-Chefin Cécile Duflot sprach von einer „Rückkehr zur Zeit vor drei Jahrhunderten“.

Aber was zum Teufel reitet Die Welt – die ja nicht wirklich als sozialistische Kampfpostille bekannt ist – dieselbe Wertung vorzunehmen, nicht nur in der Schlagzeile, sondern auch im abschliessenden Absatz:

Bei der Präsidentschaftswahl am 22. April und 6. Mai werden Hollande gute Chancen vorausgesagt, Präsident Nicolas Sarkozy aus dem Amt zu verdrängen. Zünglein an der Waage bei einer möglichen Stichwahl könnten die rechtsextremen Wähler sein. Guéant war bereits in der Vergangenheit mit Äußerungen über angebliche Zusammenhänge zwischen Einwanderung und Kriminalität aufgefallen.

Dass nicht alle Kulturen gleich und gleichwertig sind, ist kein Zugestaendnis an Rechtsextreme, sondern eine empirische Tatsache, sofern ueberhaupt noch irgendwelche Kriterien gelten und nicht alles beliebig ist. Und der „angebliche“ Zusammenhang ist nicht nur in Frankreich ziemlich gut belegt.

Konservative Kapitalimuskritik vs. „Start-up Nation“


Als ich es letzte Woche endlich mal wieder in die Bibliothek schaffte, sah ich mit Entzuecken dieses Buch neu im Regal. Ich habe es mitgenommen und gleich gelesen.

Die beiden Autoren betonen, dass Innovationen die Grundlage fuer wirtschaftlichen Erfolg darstellen. Sie gehen der Frage nach, warum ausgerechnet in Israel so viele neue Erfindungen gemacht und Unternehmen gegruendet werden. In verschiedenen Ansaetzen versuchen sie Antworten zu finden, wobei sie die Verhaeltnisse in Israel mit denen in anderen Staaten vergleichen.

Ihre Antworten zeichnen ein Bild, wonach die besondere Situation des Staates Israels gewisse nationalen Eigenschaften unter Israelis  foerdere. Andere nationale Eigenschaften fuehren sie auf die gemeinsame, juedische Kultur zurueck. Sehr wichtig sei jedoch gerade die Vernetztheit in Israel – jeder kennt fast jeden, im Zweifelsfall gibt es gemeinsame Bekannte. „Cluster“ ist der verwendete Begriff in der Fachliteratur. Die gemeinsame, nationale Zielsetzung „Israel als Heimstaette des juedischen Volkes“ sorgt dafuer, dass es sich nicht um ein oberflaechliches Zusammengeworfensein handelt, wie in den Technologieparks in Dubei, sondern um einen inneren Zusammenhang, der sich gerade auch in der Krise bewaehrt.

Dieses Ergebnis widerspricht deutlich konservativer Kapitalismuskritik:

(…) Zum Beispiel ein neoliberaler entgrenzender und entorteter Kapitalismus nebst den ihn propagierenden und durchsetzenden Eliten, überhaupt jene Schicht international vernetzter Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien. Manche von ihnen agieren vor, die meisten hinter den Kulissen. Nach dem Ort des alljährlichen Weltwirtschaftsforums könnte man sie die „Davos-Kultur“ nennen. Man erkennt sie an ihrem Jargon, wie man die Hallstatt-Kultur an ihren Fibelformen erkennt. Die Davos-Kultur wird durch ein ideologisches Paradigma, in dem menschliche Gruppen nicht mehr vorgesehen sind, als Gruppe, genauer: als Klasse zusammengehalten.

Es fiel dieser Klasse nach 1989 nicht schwer, auch Marxisten zu kooptieren und deren destruktiven Elan für die Zerstörung gewachsener, nicht marktkonformer Strukturen einzuspannen.(…)

Manfred Kleine-Hartlage in der Sezession.

Vielleicht trifft es gar nicht zu, dass die Marktwirtschaft (das Wort Kapitalismus halte ich wegen dessen ideologischen Wurzeln fuer weniger passend) den entwurzelte Mensch brauche, bzw. dass der freie Markt Entwurzelung foerdere?

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