Gestern waren mein Mann und die Kinder auf dem Hermon, um den Schnee zu geniessen. Ich fuhr ganz normal zur Arbeit und erledigte noch ein paar Kleinigkeiten, bevor ich nach Hause kam. Unser Katerchen war allein zuhause.
Sein Lieblingsplatz war ein Brett vor dem Kuechenfenster, von wo aus er das Treiben im Hof beobachten konnte. Noch lieber waere er vom Balkon gesprungen, aber unsere Kleine erlaubte ihm keinen Freigang. Katerchen war naemlich nicht klug genug, den Rueckweg allein zu finden und sie stand jedesmal grosse Aengste aus, bis wir ihn wieder in die Wohnung zurueckgebracht hatten. Wenn er sehnsuechtig vor der Balkontuer sass, vertroestete sie ihn: „Noch ein paar Monaten und dann ziehen wir in ein Haus mit Garten. Dort kannst du nach Herzenslust draussen spazieren und mit anderen Katzen spielen.“
Leider wird unser kleiner Kater das nicht mehr erleben. Als ich gestern abend die Einkaeufe aus dem Auto holte, sah ich ihn am Kuechenfenster, aber in einer ganz eigenartigen Haltung. Mir schwante Uebles und als ich in die Wohnung trat, fand ich meine schlimmste Befuerchtung bestaetigt. Er war mit dem Halsband an einer der Verzierungen des Fenstergitters haengengeblieben. Bei den verzweifelten Versuchen, sich zu befreien, hatte er sich erdrosselt und war tot.
Ich rief meinen Mann auf dem Handy an, die Maedchen hoerten natuerlich mit, wie ich die schreckliche Nachricht durchgab. Aber so kamen sie wenigstens nicht in die Wohnung und mussten ihren geliebten Kater nicht tot sehen. Sie warteten im Hof, bis mein Mann ihn abgeschnitten hatte. Ich wickelte ihn in ein Leintuch und legte ihn in den Schuhkarton der Stiefel, den wir noch im Haus hatten. Es gelang mir, ihn aus dem Haus zu bringen, ohne dass die Maedchen ihn sahen.
Unsere Kleine war bei der Nachricht in lautes Weinen ausgebrochen, die Grosse dagegen war ganz still und bleich. Heute morgen in aller Frueh zieht sie mit den Pfadfindern auf eine dreitaegige Wanderung. Da musste sie noch viel vorbereiten. Also fing sie damit an. Die Kleine, mein Mann und ich setzten uns auf die Treppe und ueberlegten, was wir tun konnten. Schliesslich fiel uns ein geeigneter Ort ein, wo wir Katerchen beerdigen konnten: entlang des Wegs von unserer Strasse zum Denkmal der Negevbrigade. Wir packten die noetigen Utensilien und zogen los. Die Kleine wollte nicht mitkommen.
Unter einem Baum fanden wir eine Stelle, wo der Boden nicht zu hart war und begruben ihn. Das Grab beschwerten wir dann noch mit vielen Steinen. Mir war klar, dass die Kleine dieses Grab besuchen will, es musste also schon um ihretwillen solide sein.
Als wir zurueckkamen, fanden wir den Nachbarsjungen in der Wohnung. Er hat selber zwei Katzen und als er unsere Kleine weinen hoerte, kam er mit und tat sein Bestes, unseren beiden Maedchen in ihrer Trauer beizustehen.
Die Kleine hatte aus dem Katzenkoerbchen schon eine Andachtsecke gemacht, mit Fotos des Verstorbenen, seinem Spielzeug, seiner Buerste. Danach setzte sie sich an den Computer und erstellte in Powerpoint eine Gedaechtnispraesentation. Mein Mann und ich machten uns Gedanken um die Grosse. Als ich mich in ihrem Zimmer *unauffaellig* zu schaffen machte, merkte ich schnell, dass der Nachbarsjunge sie besser troesten konnte als ich. Viel spaeter gelang es mir trotzdem, alle dazu zu ueberreden, etwas zu essen. Danach zeigte uns die Kleine ihre Praesentation, und ich legte „Men in Black“ in das DVD-Geraet. Die CD hatte ich erst vor ein paar Tage im Sonderangebot gefunden und die Maedchen kannten den Film noch nicht. Schliesslich gingen die Grosse und ich ins Bett, weil wir frueh aufstehen muessen. Mein Mann, der heute zuhause bleibt, und die Kleine sassen noch eine Weile laenger.
Mir tut es so leid um unseren kleinen Kater und verantwortlich fuehle ich mich auch. Warum habe ich nicht daran gedacht, dass ein Halsband gefaehrlich werden koennte? Wenn ich die Einkaeufe verschoben haette, waere ich vielleicht rechtzeitig zuhause gewesen, um seinen grausamen Tod zu verhindern. Seit ich denken kann, wollte ich eine Katze haben, aber ich musste die Vierzig ueberschreiten, bis mir dieser Wunsch in Erfuellung ging. Und nun haben wir ihn verloren, unseren sanften, suessen, kleinen Schmusekater.

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Filed under: Kinder und Alltag, Persoenliches | 13 Comments »
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