Kinderlaehmung


Ich erinnere mich gut an meine Polio-Schluckimpfung. An der Hand meiner Mutter betrat ich ein Klassenzimmer in der Grundschule, wo eine Frau in einem weissen Kittel ein paar Tropfen auf einen Wuerfelzucker traeufelte und ihn mir dann in den Mund schub. Dann gingen wir wieder nach Hause. Ich bilde mir sogar ein, mich an ein Plakat mit  „Schluckimpfung ist suess, Kinderlaehmung ist grausam“ im Flur zu erinnern.

Noch 1961 gab es in der Bundesrepublik eine Polio-Epidemie mit ueber 4600  gemeldeten Erkrankungen, und ueber 200 Todesfaellen. Inzwischen ist die Krankheit im Westen so gut wie vergessen. Bis zur Jahrtausendwende  sah es so aus, als ob Kinderlaehmung auch im Rest der Welt ueberwunden werden koennte.

Ein islamistischer Arzt und Scharia-Gelehrter in Nigeria, Ibrahim Datti Ahmed, verbreitete die Verschwoerungstheorie, dass die Schutzimpfung ein Teil des US-Planes sei, die Bevoelkerung in den Entwicklungslaendern zu reduzieren: Die Impfung fuehre zu Unfruchtbarkeit. Vom Norden Nigerias verbreitete sich diese Verschwoerungstheorie und die darauf folgenden Polioerkrankungen in andere, ueberwiegend muslimische Gebiete. Daniel Pipes hat diese Entwicklung verfolgt.

Die Pilgerfahrt nach Mekka half bei der Verbreitung dss Virus in der islamischen Welt. Inzwischen ist der pakistanische Typ des Virus auch in Israel angekommen, vermutlich durch palaestinensische Teilnehmer an der Hadsch, moeglicherweise auch via Aegypten

Zu einer Erkrankung ist es bisher nicht gekommen. Sicherheitshalber lassen deutlich mehr Eltern ihre Kinder impfen. Offensichtlich hatte die israelische Gesundheitsbehoerde den Eindruck, dass in der muslimischen Bevoelkerung eine besondere Anstrengung noetig ist. In der Beduinenstadt Rahat wurde eine Kampagne durchgefuehrt, bei der auch Erwachsene zur Impfung aufgerufen wurden. Im benachbarten, ueberwiegend von Juden bewohnten Beer Sheva dagegen gab es keine gezielte Kampagne.

Update: Inzwischen findet eine Kampagne im gesamten Sueden statt: Kinder bis zu neun Jahren bekommen die Polioschluckimpfung. Nur Kinder mit Immunschwaeche oder in unmittelbarer Umgebung von Personen mit Immunschwaeche sind davon ausgenommen, weil die Schluckimpfung auf geschwaechten, aber lebenden Viren basiert.

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Vorhersehbarer Schaden der neuen „Friedensverhandlungen“


Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce.

Im palaestinensisch-israelischen Friedensprozess haben wir die Phase der Farce laengst erreicht. Die passende Assoziation waere uebrigens  ein „Food Processor“:  Allerdings kann bei dem eingestellt werden, ob man die Nahrungsmittel lieber geschnetzelt, gemahlen, gerieben, pueriert oder geknetet haben will. Was vom „Frieden“ nach dem neuesten Prozess uebrig bleiben wird (kleine Fetzen, Staub, Sand oder Klumpen) entzieht sich unserer Kontrolle.

Ein haeufiges Argument fuer Verhandlungen ist, dass sie doch nicht schaden koennen. Leider ist das ein unreflektiertes Klischee. Verhandlungen koennen schaden und im vorliegenden Fall ist schon jetzt offensichtlich, dass, wie und wem sie schaden werden.

Als Geste des guten Willens, wie sie immer und ausschliesslich von Israel gefordert werden, sollen Terroristen und Moerder auf freien Fuss gesetzt werden.

Die Erfahrung zeigt: Ein grosser Teil von ihnen wird sich wieder als Terroristen und Moerder betaetigen. Die Leidtragenden werden voraussichtlich israelische Zivilisten sein. Auch palaestinensische Zivilisten koennen ihnen zum Opfer fallen, als sogenannte Kollaborateure.

Die PA kann die israelischen Erwartungen nicht erfuellen: Die Bevoelkerung hasst Israel zu sehr und wurde nie auf eine friedliche Loesung vorbereitet. Die PA hat keine Legitimitaet und nur ungenuegende Macht im Westjordanland, im Gazastreifen hat sie ueberhaupt keine Macht. Keine pal. Organisation ist bereit, das Langzeitziel, Israel zu vernichten, aufzugeben.

Israel kann die pal. Erwartungen nicht erfuellen. Schon als Vorbedingungen fuer die Verhandlungen wird das maximale Ergebnis gesetzt, fuer das Israel von der PA einen vollen und nachhaltigen Frieden bekommen muesste.

Wenn die pal. Erwartungen an die Verhandlungen enttaeuscht werden – und sie muessen enttaeuscht werden, da die PA alles fordert und nicht geben will/kann, dann ist eine neue Welle von Gewalt zu erwarten. Sie wird auch bereits angekuendigt. Opfer werden wieder israelische Zivilisten und Sicherheitskraefte sein. Zusaetzlich werden Palaestinenser in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschraenkt muessen, mit klaren wirtschaftlichen Folgen. Paul de Boer argumentiert im hier verlinkten Artikel, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der sog. 2. Intifada auch ursaechlich fuer die Machtuebernahme der Hamas im Gazastreifen waren. Unter abzusehender Schaden koennen wir auch das Aufsteigen von Extremisten verbuchen.

Unsere beste Hoffnung mag sein, dass Kerry sich zu frueh gefreut und seinem Wunschdenken erlegen ist.

Die EU und ihre Richtlinien


In Israel ist die Empoerung gross und in den Kommentarbereichen von Deutschlands Online-Zeitungen die Genugtuung:

Die EU wird diese Woche eine Richtlinie veroeffentlichen, worin israelische Souveraeinitaet ueber die sog. „besetzten Gebiete“ dezidiert nicht anerkannt wird, und alle israelischen Entitaeten, die entweder in den Gebieten angesiedelt oder dort aktiv sind, von EU Foerdergeldern und Preisgeldern ausgeschlossen werden. Sowohl in Deutschland wie auch in Israel wird faelschlich berichtet, dass auch Handel sanktioniert werden. Das laesst sich aus dem Text (hattip Elder of Ziyon)  jedoch nicht belegen

Die Richtlinie wurde im Rahmen der EU Finanzplanung fuer die Jahre 2014 bis 2020 veroeffentlicht. Auch wenn hier die Rede von dreistelligen Millionenbetraegen ist, handelt es sich um relativ wenig Geld:

Die Sprecherin sagte, schon in der Vergangenheit habe man vor allem Einrichtungen in Israel selbst gefördert. Nur in einer „kleinen Anzahl“ von Fällen hätten auch israelische Einrichtungen in den Palästinensergebieten EU-Geld erhalten.

Betroffen duerften vor allem israelisch-palaestinensiche Projekte  unter iraelischer Federfuehrung sein. Projekte unter palaestinensischer Federfuehrung bleiben dagegen unangetastet.

Die israelische Buchhaltung ist bei solchen Projekten ueblicherweise der Garant, dass zumindest ein grosser Teil der Gelder tatsaechlich ihrer Bestimmung zugefuehrt werden. Um die Transparenz bei der Finanzierung von pal. Projekten steht es nicht besonders gut. Anscheinend spielt das fuer die EU eine untergeordnete Rolle. Um die Buerokratie in Bruessel zu entlasten, koennten die Ueberweisungen auch direkt auf die verschiedenen Konten von PLO-Offiziellen erfolgen…

Die Leidtragenden sind wie immer bei solchen Gesten von moralischer Ueberlegenheit diejenigen, zu deren Gunsten die Geste angeblich gemeint ist: Palaestinaenser ohne Nummernkonten in Luxembourg oder in den Philippen, wohin auch immer die ehemaligen Klienten des Schweizer Bankgeheimnisses jetzt ausweichen.

„Alles oder Nichts“


Das Problem der Landansprueche und wilden Siedlungen der Beduinen im Negev ist weiterhin ungeloest.

Wie im Januar schon berichtet, wurde der Begin-Plan deutlich verbessert und hoert jetzt auf den Namen Prawer-Plan:

Ca. 18,000 (180 km2) Hektar Staatsland werden den Beduinen ueberlassen. Zusaetzlich werden Beduinen, die keinen Eigentumsnachweis fuer das von ihnen besetzte Land erbringen koennen, fuer 62.5% davon Entschaedigung erhalten, entweder finanziell oder durch Land.

Allerdings muss Land, das in der Grund- und Bodenplanung fuer andere Zwecke vorgesehen ist, geraeumt werden. Das schliesst auch die darauf gebauten Haeuser mit ein.

Aus meiner Sicht ist das ein sehr grosszuegiges Angebot. In diesem Artikel zur Gesetzeslage in den USA ist nicht die Rede davon, dass Besetzer ohne jeden Rechtsanspruch ueberhaupt Ansprueche anmelden koennen, geschweige denn auf Kompensation fuer 62.5%. In Deutschland gibt es ebensowenig die Moeglichkeit, durch Besetzung Eigentuemer zu werden. (Leider stelle ich fest, dass Israels PR wieder einmal schlaeft. Wer nach Prawerplan googlet, bekommt auf den ersten Seiten nur Treffer mit israelfeindlicher Tendenz.)

Gestern demonstrierten in Beer Sheva Beduinen gegen den Prawerplan. Die Demonstranten versuchten, eine nahe gelegenene Kreuzug zu sperren, und als die Polizei sie daran hindern wollte, wurden sie gewalttaetig. Mehrere verletzte Demonstranten, zweil verletzte Poliziten und 14Verhaftungen nd das Ergebnis.

Dem Artikel zufolge sehen die Demonstranten den Prawerplan als Instrument, um die  Enteignung von 800,000 Dunam (~ 8000 km2) zu betreiben. Laut Wikipedia erstreckt sich die Negevwueste ueber ca. 13,000 km2. Knapp 2% davon, sagen wir 250 km2 befinden sich bereits in Beduinenbesitz, weitere 180 km2 spricht ihnen der Prawerplan nun zu. Die Sprecher der Beduinen scheinen davon auszugehen, dass ihnen ohne jeglichen Eigentumsnachweis a priori ueber 60% der Negevwueste gehoeren!

Auf dem Bild, das Y-net fuer diesen Artikel ausgewaehlt hat, kann man die palaestinensische Fahne nur erahnen, im Fernsehen dagegen sah man mehrere davon sehr deutlich wehen.

Es ist kein Zufall, dass gleichzeitig im Norden Israels in 16 Gemeinden arabische Proteste stattfanden und dass Ahmed Tibi sich zu Wort meldet.

Tatsaechlich kommt es zum Schulterschluss zwischen Palaestinensern, israelischen Arabern und nun auch den israelischen Beduinen, wie ich es vor fuenf Jahren am Horizont auftauchen sah.

Mit der fuer die Palaestinenser so typischen Haltung „Alles oder Nichts“ werden auch die Beduinen schlecht fahren.

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