Walid Jumblatts Furcht vor der Al-Nusra-Front


Der Drusenfuehrer Walid Jumblatt hat im Laufe seiner langen politischen Laufbahn immer wieder belegt, dass er die Zeichen der Zeit richtig lesen konnte. Fuer den Fuehrer einer Minderheit im Nahen Osten ist das eine lebensnotwendige Faehigkeit. Seine Einschaetzungen werden deswegen weithin beachtet.

Jumblatts Aufruf an die Drusen, sich enger an den Islam anzuschliessen und ihre eigenstaendige Religion herunterzuspielen, kann nur als Furcht vor den Extremisten von Al-Nusra im Libanon und moeglicherweise auch IS verstanden werden. Furcht vor Hisbollah kann es kaum sein, da diese Terrororganisation schon seit Jahrzehnten im Libanon eine Macht und seit 2008 an der Regierung beteiligt ist.

Die Al-Nusra-Front ist der Al-Qaida-Ableger, der UN-Soldaten auf dem syrischen Golan gefangen nahm. Das Resultat dieser Aktion war, dass es keine UN-Praesenz in Surien mehr gibt und dass die Terroristen von Al-Nusra inzwischen ueber UN Ausruestung, Fahrzeuge, Uniformen und Waffen, verfuegt.

Ob und inwieweit Al-Nusra und IS kooperieren oder sich im Gegenteil bekaempfen, gehen die Meinungen weit auseinander

Offensichtlich gibt es bereits Kaempfe zwischen Al Nusra und Hisbollah auf libanesischem Boden. Wahrscheinlich verfuegt Al Nusra ueber Stuetzpunkte in den ueberwiegend sunnitisch bewohnten Gebieten. Und die grenzen an Drusengebiete.

Nicht nur die Yesiden, Christen und Kurden (und Juden) sind Minderheiten im Nahen Osten, auch die Drusen werden durch das Zerfallen der bisherigen Staaten und den extremen politischen Islam der diversen Terrororganistionen bedroht.

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Mit 14 Millionen Flüchtlinge ist die Levante unregierbar


Derzeit fuehle mich besser mit Uebersetzungen als mit eigenen Texten.

Diesmal stammt der Text von David P. Goldman („Spengler“) und wurde in PJ Media veroeffentlicht:

Mit 14 Millionen Flüchtlinge ist die Levante unregierbar

In den Ritzen muslimischer Politik lauern immer Irre, die ein neues Kalifat ausrufen wollen, aber nicht immer gibt es ein Reservoir an Rekruten in der Form von fast 14 Millionen Vertriebener. (11 Millionen Syrer oder die Hälfte syrischen Bevölkerung und 2.8 Millionen Irakis oder ein Zehntel der irakischen Bevölkerung). Als ich im Juli in Table über die Flüchtlingskatastrophe in der Region schrieb (“Between the Settlers and Unsettlers, the One State Solution is On Our Doorstep“) lag die gängige Schätzung bei 10 Millionen. Eine neue UN Studie behauptet dagegen, dass die Hälfte aller Syrer auf der Flucht ist. Viele dieser Flüchtlinge werden nichts haben, wohin sie zurückkehren können. Wenn Leute nichts zu verlieren haben, werden sie bis zum Tod kämpfen und anderen Schreckliches antun.

So sieht zivilisatorischer Niedergang in Echtzeit aus. Die Wurzeln dieser Krise waren schon vier Jahre vor dem sogenannten Arabischen Frühling sichtbar, der die Fachidioten der Aussenpolitik betörte. Hunderttausende syrischer Bauern lebten schon in Zeltlagern im Umkreis der syrischen Städte, bevor der syrische Bürgerkrieg im April 2011 begann. Israelische Analysten wussten das. Im März 2011 veröffentlichte Paul Rivlin von der Tel Aviv Universität eine Studie über den Kollaps der syrischen Landwirtschaft, die in arabischen Medien weithin zitiert, aber in der englischsprachigen Presse ignoriert wurde (ausser in meinem Essay zum Thema). Was hier als politische Wissenschaft gilt, behandelt Menschen und Politiker meist, als wären sie Figuren auf einem unveränderlichen Spielbrett. Dieses Mal schrumpft das Spielbrett und die Figuren purzeln herunter.

Die arabischen Staaten sind gescheiterte Staaten, mit Ausnahme der wenigen mit genug Kohlenwasserstoffen, um jeden Aspekt der Wirtschaft subventionieren zu können. Ägypten lebt dank den Alimenten der Golfstaaten in der Höhe von jährlich 15 Milliarden Dollar, und wird, solange das anhält, stabil bleiben, aber nicht prosperieren. Syrien ist eine Ruine und weite Teile des Iraks auch. Das Leben von mehrern Zehn Millionen war schon anfällig, bevor die Kämpfe ausbrachen (30% der Syrer lebten von weniger als 1.60$ pro Tag) und jetzt ist es vollkommen ruiniert. Die Kämpferhorden treiben mehr und mehr Menschen in die Flucht und die schliessen sich den Horden an, im Schneeballeffekt. Das hielt den 30-jährigen Krieg (1618 bis 1648) am Laufen und das treibt den gegenwärtigen Krieg in der Levante an.

Genau das meinte ich, als ich 2011 voraussagte, der Islam läge im Sterben. Dieses Ei kann nicht wieder zusammengeflickt werden. Internationale Organisationen, Bill Clinton, George Soros and andere Leute dieser Sorte werden Pläne entwerfen, Finanzierungen vorschlagen, Konferenzen abhalten und Studien veröffentlichen, nutzlos. Die rauhe Verzweiflung von Millionen Menschen, die aus der Schutzhülle ihrer überlieferten Gesellschaft herausgerissen, ihrer Sippenbeziehungen und Bräuche beraubt wurden, wird den Fleichwolf füttern. Terrororganisationen, die bisher weniger grosspurig aufgetreten sind („gemässigt“ ist eine Fehlbezeichnung), z.B. die Muslimbruderschaft (und ihr palästinesischer Ableger Hamas) werden mit dem Kalifat um die Loyalität von zornigen jungen Menschen konkurrieren. Die Wahnvorstellung einer muslimischen Demokratie, der Schwärmer in beiden [US, RB] Parteien aufgesessen sind, ist ungültig. Der Krieg wird enden, wenn das Reservoir an angehenden Kämpfern erschöpft sein wird.

Das ist auch der Grund, warum ISIS überschätzt wird. Eine Terrororganisation, die Amerikaner köpft und das Video hochlädt, muss vernichtet werden, aber besonders schwer ist das nicht. Der Monolog des verstorbenen Sam Kinison zum Welthunger brint es auf den Punkt: Sie leben in einer Wüste. Es mag schwer sein, sie aus den von ihnen besetzten Städten zu vertreiben, aber sie können nicht in offenem Terrain von einer Stadt zur anderen gelangen, wenn sie von Militärflugzeugen gejagt werden. Das sollten Amerika und seine Verbündeten tun.

Iran ist gefährlicher, wie Henry Kissinger in seinem jüngsten Interview im National Public Radio betonte. Die Unterstützung des Irans für die ethnischen Säuberungen unter den syrischen Sunniten durch das Assadregime hat die Flüchtlingskrise in Gang gesetzt. Gleichzeitig brachte die Allianz der irakischen Schiiten mit dem Iran Teile von Saddam Husseins Armee dazu, für ISIS zu kämpfen. Iran kann Kernwaffen und Langstreckenraketen herstellen, ISIS nicht. Wenn wir die Vorausschau gehabt hätten, den Iran vor Jahren zu neutralisieren, könnte man mit der gegenwärtige Krise ohne die unsäglichen Kosten an Menschenleben zurechtkommen.

Wir können das Töten nicht selbst übernehmen, ausser aus der Luft. Wir sind selbst unter den besten Bedingungen zu zimperlich und wir sind zu korrumpiert vom Kulturrelativismus (man erinnere sich an George W. Bushs Behauptung, der Islam sei „eine Religion des Friedens“?), um den absolut bösen Nihilismus zu erkennen, der uns ins Gesicht starrt. In der Praxis wird ein grosser Teil des Tötens vom Iran und seinen Verbündeten übernommen werden, den irakischen Schiiten, Hisbollah im Libanon und dem Assadregime in Syrien. Das wird eine der abstossensten und entmutigendsten Episoden der modernen Geschichte werden, und wir können nicht viel tun, um sie zu verhindern.

 

Welcome to the New Middle East!


Waehrend die USA unter Obama ihre Positionen im Nahen Osten nach und nach aufgeben, wird das Vakuum von Anderen gefuellt. Wie Aegypten sich an Russland lehnt, habe ich bereits beschrieben.

Uebrigens wuerde ich eine Verbindung zwischen den Selbstmordattentate in Wolgograd der Tasache vermuten, dass Russland in Syrien eine schuetzende Hand ueber Assad haelt und sich damit pro Iran aber gegen Al Qaida & Co. positioniert.

Die Saudis waren schockiert, als die USA mit Iran anbaendelten und halten es lieber mit Al Qaida als mit Iran. Saudiarabien unterstuetzt die Rebellen/Terroristen in Syrien gegen das Assadsche Schreckensregime und Libanon gegen die durch Iran gesteuerte Hisbollah.

Frankreich will Waffen verkaufen. Saudiarabien bezahlt die RechnungLibanon wuerde gern etwas unabhaengiger von Syrien und Hisbollah (Iran) werden. Das neue Selbstbewusstsein machte sich fast sofort bemerkbar, als die libanesische Armee zum ersten Mal seit Jahren das Feuer auf syrische Flugzeuge eroeffnete, die anscheinend in den libanesischen Luftraum eingedrungen waren, um syrische Fluechtlinge beschiessen zu koennen.

Wie Elder of Ziyon ausfuehrt, ist das eine ganz neue Entwicklung im Nahen Osten. Mit Shimon Peres Version hat der neue Nahe Osten allerdings nichts zu tun.

„Neues“ von der Arabischen Liga


Wohl wegen dem 1. Mai Feiertag, haben die deutschsprachigen Medien das Thema noch nicht aufgenommen.

Am vergangenen Montag befand sich eine Delegation der Arabischen Liga in Washington. Dabei traf sie auch mit Aussenminister John Kerry zusammen. In der anschliessenden Pressekonferenz gab der Sprecher der Delegation, der Premierminister Qatars, Scheich Hamad Bin Jassem Al Thani, kund, dass die Arabische Liga auch kleinere Gebietstaeusche zwischen den Palaestinensern und Israel akzeptieren koennte.

Das wird nun von der israelischen Opposition und den links tendierenden Medien als grosser Fortschritt, geradezu als Durchbruch auf dem Weg zu einem umfassenden Frieden gehandelt, dem nur Netanyahu wieder einmal im Weg stehen koennte.

Dabei handelt es sich nur um eine nette Geste gegenueber Kerry, der nicht ganz und gar mit leeren Haenden dastellen sollte. Vom tuerkischen Premierminister Erdogan hatte Kerry sich ja schon eine Demuetigung eingefangen, als er diesen bat, den Gazastreifen im Mai nicht zu besuchen, worauf Erdogan mit einer klaren Absage reagierte.

1) Weder der Sprecher noch die Delegation der Arabischen Liga sind in irgendeiner Weise befugt, Entscheidungen fuer die Liga zu treffen. Abstimmungen koennen nur waehrend eines Gipfels der Arabischen Liga stattfinden, wobei jeder der 22 Mitgliedsstaaten eine Stimme hat. Witzigerweise ist jedoch das Abstimmungsergebnis nur fuer diejenigen Staaten bindend, die dafuer gestimmt haben. Mit anderen Worten, die Arabische Liga hat keinen Mechanismus ueberhaupt bindende Entscheidungen zu treffen.

2) Theoretisch hat ja auch die PA schon Gebietstausch akzeptiert, waehrend Hamas offen sagt, dass sie Israel in keinen Grenzen akzeptieren will.

3) Wohlweislich ausgespart in allen Darstellungen dieses „Friedensplans“ ist die Frage nach dem sog. Rueckkehrrecht fuer ehemalige Fluechtlinge aus dem Mandatsgebiet und deren Nachkommen. Bei der UNRWA sind etwa 5 Millionen „Fluechtlinge“ registriert (4,966,664 im Jahr 2010). 2013 hatte die juedische Bevoelkerung in Israel gerade die 6 Millionen Marke ueberschritten, waehrend 1.658 Millionen arabischer Israelis gezaehlt wurden. Das „Rueckkehrrecht“ koennte daher in Kuerze die Mehrheitsverhaeltnisse so veraendern, dass Israel ein weiterer arabischer Staat wuerde, vor allem wenn man die ca. 2.4 Millionen Palaestinenser im Westjordanland und die ca. 1.4 Millionen Bewohner des Gazastreifens noch dazurechnet.

Ein gutes Zeichen sei dieser Bluff dennoch, meint Barry Rubin.

I believe that the Arab states of the Persian Gulf would like to see the Arab-Israeli conflict decline and even end. Bahrain, Kuwait, Oman, Saudi Arabia, and the United Arab Emirates no longer profit from this battle. They are frightened of Iran and revolutionary Islamists, and the Shia Muslim challenge in general. Such governments view Israel as a positive strategic factor given these real and big threats. You might add Algeria, Morocco, and Jordan to the list of moderates. Iraq doesn’t care anymore, while the Kurds in Iraq and Syria are almost pro-Israel.
(…)
What it does show once again, however, is that the strategic picture in the region has changed dramatically. The Arab-Israeli conflict is a minor issue compared to the Islamist threat at home and from neighbors, the Iranian threat abroad, and the Shia challenge to these predominantly Sunni Muslim, conservative or nationalist, monarchical or dictatorial regimes.

Ich glaube, dass die Arabischen Staaten im persischen Golf den Arabisch-Israelischen Konflikt gern schwinden und sogar verschwinden saehen. Bahrain, Kuwait, Oman, Saudiarbien und die Vereinten Emirate profitieren nicht mehr von dieser Schlacht. Sie haben Angst vor dem Iran und revolutionaeren Islamisten und ueberhaupt vor der schiitischen Herausforderung. Solche Regierungen sehen Israel als positiven, strategischen Faktor gegenueber diesen echten und ernsten Bedrohungen. Man koennte Algerien, Marokko und Jordanien dieser Liste der Moderaten hinzufuegen. Dem Irak ist das inzwischen egal, waehrend die Kurden im Irak und in Syrien fast pro-israelisch sind.
(…)
Was das jedoch zeigt, ist wieder einmal, dass sich die stratische Landkarte in der Region dramatisch veraendert hat. Der Arabisch-Israelische Konflikt ist vernachlaessigbar gegenueber der islamistischen Bedrohung innerhalb der Staaten und durch die Nachbarstaaten, die iranische Bedrohung und die schiitische Herausforderung, der diese ueberwiegend sunnitischen konservativen oder nationalistischen Monarchien und Diktaturen gegenueberstehen.
(uebersetzung von mir)

Die deutsche Marine vor der libanesischen Kueste


Auf der Basis der UN SC Resoltion 1701 beteiligt sich die deutsche Marine an der Aufgabe der UNIFIL, die Wiederbewaffnung der Hisbollah zu verhindern.

Seit 2006 laeuft diese Aktion, und schon seit 2008 pfeifen die Spatzen von den Daechern bzw. Ban Ki-Moon an den Sicherheitsrat, dass sie im grossen Stil gescheitert ist. Hizbollah besitze mehr Raketen als mancher Staat, verlautete aus US-Kreisen im Frueling 2010. Und noch vor drei Monaten verkuendete Nasrallah, dass die Terrororganisation sich weiter bewaffnen will.

Waehrenddessen schippern sieben Schiffe der Bundesmarine vor der libanesischen Kueste und warten vergeblich auf Erfolgserlebnisse. Fast koennten sie einem leid tun, wenn nicht klar waere, dass der Erfolg genau darin besteht, nichts zu sehen, nichts zu unternehmen und nicht bedroht zu werden, im Gegensatz zu den UNIFIL-Truppen im Suedlibanon, die auch nichts sehen oder unternehmen, aber immer wieder mal darin erinnert werden, wer das Sagen hat.

Das koennte sich demnaechst aendern. Iran schmuggelt Waffen übers Meer an die Hisbollah

Weder der Artikel selber noch die Kommentatoren verschwenden Ueberlegungen daran, warum denn Saudi-Arabien wegen des Waffenschmuggels zugunsten der Hizbollah beunruhigt sein sollte?

Die schiitische Terrororganisation ist Teherans wichtigste Waffe gegen Israel. Nach dem letzten Libanonkrieg, dem militärischen Schlagabtausch zwischen der Hisbollah und Israel im Jahr 2006, hat Teheran die Schiitenmiliz erneut massiv aufgerüstet. Das Kalkül dahinter: Je bedrohlicher Hisbollah ist, desto eher werden die Israelis von einem Schlag gegen das iranische Atomprogramm zurückschrecken aus Angst, die Hisbollah könnte ihre geschätzten 40.000 Raketen gen Israel feuern.

Sollten die arabischen Staaten am Ende in Israel stillschweigend einen Buendnispartner sehen, waehrend ein Fall es Assad-Regimes ihnen nuetzen wuerde?

Nach Informationen von „Welt Online“ waren sich die Teilnehmer der Konferenz einig darin, dass ein Sturz des Assad-Regimes ihnen nützen würde und ein weiterer Schritt wäre, um das regionale Vormachtstreben des Iran einzudämmen.

Ei der Daus, das regionale Vormachtsstreben des Iran?! Dabei hoeren wir doch sonst staendig, dass allein Israel den Weltfrieden gefaehrdet und Friede, Freude, Eierkuchen im Nahen Osten verhindert.

Um deutsche Marinesoldaten muessen wir uns trotzdem wenig Sorgen machen. Ihr Mandat sieht vor, dass sie erst einmal bei der libanesischen Regierung anfragen, ob etwas unternommen werden sollte, und die dominierende Partei in der Regierung ist zufaellig die Hizbollah.

Die Wochenenden in Beirut sind aber wunderschoen, und den libanesichen Soldaten kommt man naeher:

Anfangs noch etwas distanziert, wurde mit fortschreitender Zeit das Zusammenspiel immer besser, und man lachte auch mal gemeinsam, wenn etwas nicht auf Anhieb klappte. Schon komisch, dachten wir uns, dass trotz all der Unterschiede wie Herkunft und Religion die verschieden Kulturen, wenn es um das Erreichen eines gemeinsamen Ziel geht, so schnell zueinander finden.

Nach einem weiteren Kaffee verabschiedeten wir uns von den Kadetten mit dem guten Gefühl, heute nicht nur unseren Dienst im Auftrag der Vereinten Nationen geleistet, sondern auch die Libanesen dabei ein Stück voran gebracht zu haben, eines Tages die alleinige Verantwortung für die Überwachung ihrer Hoheitsgewässer zu übernehmen.

Malte Lehming: Eingefrorenes Denken


Ein- bis zweimal pro Jahr stossen mir Texte von Malte Lehming so auf, dass ich dazu einen Blogeintrag schreibe. Der Beitrag fuer 2011 ist inzwischen faellig, hat Malte Lehming doch bis dato nur eine Erwaehnung bekommen.

Im Tagesspiegel vom 12.09.11 finden wir seinen Text: Israel hat verloren

Die Ehe- und Scheidungsmetaphern, mit denen Lehming seinen Artikel einleitet, sind unpassend – Israel und die Palaestinenser sind nie eine Liebesheirat oder auch nur eine Vernunftsehe eingegangen – und irrefuehrend: Das Zusammengeworfensein von Juden und Arabern begann nicht vor 44 Jahren mit dem Sieg Israels im 6-Tage-Krieg und der Besetzung des Westjordanlands und des Gazastreifens, sondern viel frueher. Ueber die genaue Jahreszahl laesst sich trefflich streiten, vielleicht die Balfour-Deklaration 1917, vielleicht die ausgedehnten Pogrome von 1929 oder lieber die Staatsgruendung Israels 1948?

Lehming schnipselt  die Geschichte ab, weil sie ihm nicht in den Kram passt. Sein Glaubenssatz ist, dass es im Konflikt zwischen Palaestinensern und Israelis um Territorium geht und dass einer friedlichen Koexistenz nichts im Weg steht, wenn Israel einfach ein bisschen zur Seite rutscht und den Palaestinensern einen eigenen Staat ermoeglicht.

Das glaubte eine Mehrheit der wahlberechtigten Israelis vor guten 19 Jahren auch, als sie 1992 eine Regierung waehlte, die umgehend daran ging, mit den Palaestinensern zu verhandeln, worauf Premierminister Rabin 1993 auf dem Rasen vor dem Weissen Haus die Oslovertraege mit Handdruck besiegelte.

Offensichtlich ist Malte Lehmings Gehirn etwa gleichzeitig schockgefrostet worden. Symptomatisch dafuer ist, dass er sich nur an ein Broder Zitat  von vor 20 Jahren erinnern kann.

Fast forward ins Jahr 2011: Die Palaestineser haben immer noch keinen Staat! Jedenfalls nicht im Westjordanland. Der Gazastreifen dagegen ist seit 2005 judenfrei und wird seit 2006 von der Hamas regiert. Hamastan weist viele Zeichen der Souveraenitaet auf – eine eigene Innenpolitik (derzeit mit abweichender Zeitzone), eine eigene Aussenpolitik (Buendnis mit Iran und Hisbollah) inklusive Kriegsfuehrung. Aber offensichltich guckt Lehming dort nicht hin, sondern sieht nur die Westbank:

Was immer noch kein Staat?! Wie konnte das passieren? Und dann setzt anscheinend ein Instinkt ein, denn Lehming versucht an keiner Stelle, diese Frage ernsthaft zu beantworten. Israel hat Schuld!

Es fehlt allein am Willen. Scheiden tut weh. Keiner fügt sich selbst gern Schmerzen zu. Das trifft auch auf jene in Israel zu, die verstanden haben, dass die Fortsetzung der Besatzung ad infinitum eine größere Gefahr für die Identität und moralische Verfasstheit ihrer Gesellschaft bedeutet als deren Beendigung.

Anscheinend bringen nur die Israelis den guten Willen nicht mit, sogar diejenigen, die eigentlich Malte Lehmings Glaubensbekenntnis teilen. Die Palaestinenser strotzen entweder nur so von gutem Willen, oder es ist voellig unerheblich, ob sie etwas wollen und was (kleiner Tip fuer Neugierige: Slide Nr. 43 verraet, wie sie zu Lehmings unkomplizierter Loesung stehen), weil Malte Lehming das viel besser fuer sie entscheiden kann.

Weil nun die Palästinenser nicht mehr länger auf die Einsichtsfähigkeit der besseren Zionisten hoffen wollen, werden sie in der kommenden Woche einen Antrag auf einen eigenen Staat bei den Vereinten Nationen in New York einreichen.

Sicher ist es sehr frustrierend fuer die Palaestinenser, wie sich selbst die besseren Zionisten der Einsicht verschliessen, dass Israel sich doch selber abschaffen sollte.

Natürlich, und das weiß jeder, ist die ganze Sache vor allem symbolisch. Ein UN-Votum produziert keinen Staat, beendet keine Besatzung, schafft keine Gerechtigkeit.

Das sieht Mahmoud Abbas uebrigens etwas anders: Seiner Meinung nach koennte das UN-Votum die Besetzung schaffen. Indem die UN den Staat Palaestina anerkennt, wuerden die Gebiete offiziell besetzt, waehrend sie bisher den Status umstrittene Gebiete haben. Aber geschenkt, wir wissen ja schon, dass Lehming besser Bescheid weiss als irgendwelche Palaestinser und ihr nicht-ganz legitimer Repraesentant und fuer ihn sind die Gebiete auch bisher „besetzt“

Tja, das mit der reinen Wohlfuehlpropaganda wuerden wir Israelis auch gern glauben, haetten wir nicht schon unsere Erfahrungen mit internationalen Zusicherungen gemacht.

Da ist das Beispiel der einseitige Rueckzug aus dem Suedlibanon 2000 und dann Libanon 2006, samt Resolution 1701. Dann gibt es den einseitigen Rueckzug aus dem Gazastreifen 2005 samt Schreiben des US-Praesidenten und dann die Militaeraktion Gegossenes Blei 2008/2009. Eben hartgelernte Lektionen.

Ich schlage Malte Lehming vor, dass er sein Hirn noch einmal schockfrosten laesst. Es muessen nicht wieder 20 Jahre sein, wahrscheinlich kommt der grosse Knall in der Region frueher. Danach koennten wir gemeinsam (b’esrat HaShem!) pruefen, was vom gefrorenen Gedankengut noch brauchbar ist und was doch endlich weggeworfen werden muss, weil voellig verrottet.

Hamas‘ Interesse an der Eskalation (nach Stratfor)


Von Strafor habe ich mit gestrigem Datum eine Analyse bekommen, die mE die Vorgaenge bei Eilat und den Raketenbeschuss vom Gazastreifen aus in den richtigen Kontext stellen. Ich uebersetze

Israelisch-Arabische Krise rueckt naeher

Die UN Generalversammlung wird im September darueber abstimmen, ob Palaestina als unabhaengiger und souveraener Staat mit vollen Rechten in den Vereinten Nationen anerkannt werden soll. In vielerlei Hinsicht erscheint das ein vernuenftiges und logisches Unterfangen. Was auch immer die Palaestinenser einmal waren, heute stellen sie eindeutig eine Nation dar im einfachsten und wichtigsten Sinne – sie empfinden sich selbst als Nation. Nationen entstehen aus historischen Umstaenden und die Umstaende haben zur Entstehung einer palaestinensischen Nation gefuehrt. Nach den Grundsaetzen der Vereinten Nationen und der Theorie der nationalen Selbstbestimmung, dem moralischen Fundament der modernen Theorie der Nationalstaaten, hat eine Nation das Recht auf einen Staat, und dieser Staat hat einen Platz in der Familie der Nationen. So gesehen ist diese UN-Abstimmung nichts Aussergewoehnliches.

Die UN-Abstimmung zum palaestinensischen Staat ueberschneidet sich jedoch mit anderen Realitaeten und anderen historischen Prozessen. Zum einen ist es eine Sache, einen palaestinensischen Staat auszurufen; und etwas ganz anderes, ihn zu schaffen. Die Palaestinenser sind zutiefst gespalten entlang zwei Konzepten, was die palaestinensische Nation sein soll. Diese Spaltung kann nicht leicht ueberwunden werden. Zum andern kommt diese Abstimmung, waehrend zwei von Israels Nachbarn mit internen Konflikten beschaeftigt sind. In Syrien herrscht Chaos. Gegen das Regime hat sich verbreiteter und signfikanter Widerstand gebildet. In der Zwischenzeit ringt Aegypten mit inneren Spannungen nach dem Fall von Praesident Hosni Mubarak und hinsichtlich der Aussichten fuer das Militaerregime, das ihn ersetzt hat. Der US-Abzug aus dem Irak und  der moegliche Machtzuwachs fuer den Iran koennen noch hinzugefuegt werden. Vor diesem Hintergrund wird die potentielle Anerkennung des Staates Palaestina  – obwohl in der Theorie stimmig – zu einem Ereignis, das mitten in den gegenwaertigen Krisen in der Region eine weitere Krise ausloesen kann. Daher handelt es sich um eine Abstimmung, die weitreichende Folgen haben kann.

Die palaestinensische Spaltung

Fangen wir mal nicht mit dem Recht einer Nation auf den eigenen Staat an, sondern betrachten das Wesen eines palaestinensischen Staates unter den gegenwaertigen Umstaenden. Die Palaestinenser spalten sich in zwei hauptsaechliche Franktionen. Die erste, Fatah, herrscht im Westjordanland. Fatah bezieht ihre Ideologie von der aelteren, saekularen pan-arabischen Bewegung. Historisch sah Fatah die Palaestinenser als Untergruppe der arabischen Nation. Die zweite, Hamas, hat die Macht im Gazastreifen inne. Im Gegensatz zur Fatah sieht sie die Palaestinenser als Teil einer groesseren, islamistischen Erhebung, worin Hamas die wichtigste islamistische Kraft in der palaestinensischen Nation darstellt.

Die pan-arabische Bewegung ist dem Untergang geweiht. Waehrend sie einmal die Existenz muslimischer Staaten, z.B. der arabischen Koenigreiche, bedrohte, so ist sie nun selbst unter Druck. Mubarak, Syriens Praesiden Bashar al Assad und Libyens Fuehrer Moammar Gadhafi repraesentieren alle die alte, pan-arabische Vision. Ein viel besserer Blick zum Verstaendnis des „Arabischen Fruehling“ zeigt ihn als Verfall der dynamischen Regime, die in den spaeten 1960er und fruehen 1970er an die Macht kamen, aber seither in ideologische Bedeutungslosigkeit abgesunken sind. Fatah gehoert zu dieser Gruppe, obwohl sie immer noch fuer den Palaestinensischen Nationalismus als saekularer Bewegung spricht, ist sie von den weiteren Entwicklungen in der Region abgeschnitten. Sie steht im Konflikt  mit dem steigendenen Fundamentalismus und gleichzeitig wird sie von den Monarchien beargwoehnt, die sie zu entmachten versucht hat. Aber sie kontrolliert den palaestinensischen Protostaat, die Palaestinensische Autonomiebehoerde und daher wird sie eine UN-Abstimmung zum Palaestinensischen Staat verlangen. Hamas dagegen ist sehr repraesentativ fuer den gegenwaertigen Trend in der muslimischen Welt und verfuegt ueber bedeutendene Popularitaet, aber es ist nicht klar, ob sie eine Mehrheitsposition in der palaestinensischen Nation vertritt.

Alle Voelker haben ideologische Konflikte, aber die Spaltung der Palaestinenser bezieht sich auf die grundlegende Frage nach der nationalen Identitaet der Palaestinenser. Fatah sieht sich selbst als Teil der saekularen arabischen Welt, die in der Defensive ist. Hamas definiert die palaestinensische Nation als einen muslimischen Staat, der im Kontext einer weiten islamistischen Erhebung in der Region im Entstehen ist. Keine von beiden kann in Anspruch nehmen, fuer das palaestinensische Volk zu sprechen. Die Punkte, an denen sie sich spalten, sind die zentralen Punkte im Herzen  der Nation. Ebenso wichtig ist, dass beide eine unterschiedliche Auffassung haben, wie ihre kuenftigen Beziehungen zum Staat Israel aussehen sollen. Fatah hat in der Praxis Israels Bestehen als Staat und die Notwendigkeit fuer die Palaestinenser, sich damit zu arrangieren, akzeptiert. Hamas lehnt das ab.

Die UN-Entscheidung erhoeht den Einsatz in dieser Debatte innerhalb der palaestinensischen Nation, was den Konflikt intensivieren koennte. So boesartig die Schlacht zwischen Hamas und Fatah war, in den letzten Jahren herrschte ein angespannter Waffenstillstand. Jetzt koennte ein international legitimierter Staat enstehen und wer diesen Staat kontrolliert, ist wichtiger als je zuvor. Wer immer den Staat kontrolliert, definiert, was die Palaestinenser sind,  so dass es zunehmend schwieriger wird, diesen Konflikt zu suspendieren um eines voruebergehenden Waffenstillstands willen. Anstatt irgendetwas zu regeln oder Israel in die Defensive zu draengen, wird die Abstimmung eine palaestinensische Krise ausloesen. Fatah hat einen Vorteil von UN-Abstimmung zum Staat Palaestina: Sie geniesst weit mehr internationale Unterstuetzung als Hamas. Europaeer und Amerikaner glauben, sie stuende ihren Interessen freundlicher und Israel weniger feindlich gegenueber. Die Saudis und andere moegen Fatah wegen frueherer Konflikte  misstrauen, aber schlussendliche fuerchten sie die radikalen Islamisten und den Iran mehr. Sie brauchen also amerikanische Unterstuetzung zu einem Zeitpunkt, wo es den Amerikaner langsam leid ist, im „Sandkasten“ zu spielen, wie es die Amerikaner ausdruecken. Waehrend sie gleichzeitig Hamas Hilfszahlungen leisten und unter grossenm Zoegern, fuehlen sich die Saudis trotzdem wohler mit Fatah. Und die umkaempften arabischen Regime, egal welche taktischen Manoever sie durchfuehren, entsprossen natuerlich der selben Erde wie Fatah. Fatah ist fuer viele der bevorzugte palaestinensische Partner. Das kann jedoch Hamas ausnutzen, um Fatah in einer Phase der Konfrontation als Kollaborateur mit Israel gegen das palaestinensische Volk darzustellen.

Fuer ihren Teil geniesst Hamas die Unterstuetzung der Islamisten in der Region, einschliesslich der iranischen Schiiten, aber das ist eine explosive Mischung als Grundlage einer Strategie. Hamas muss ihre Isolation durchbrechen, wenn sie es mit der mueden, aber echten Macht der Fatah aufnehmen will. Symbolische Flotten aus der Tuerkei sind troestlich, aber mehr als alles andere braucht Hamas ein Ende der aegyptischen Feindseligkeit gegenueber Hamas.

Die Rolle Aegyptens und Fatah in der Defensive

Aegypten ist die Macht, die Hamas geographisch isoliert durch seinen Friedensvertrag mit Israel und durch seine immer noch funktionierende Blockade des Gazastreifens. Mehr als jeder andere braucht Hamas einen wirklichen Regimewechsel in Aegypten. Das benoetigte neue Regime ist keine freiheitliche Demokratie, sondern eines, wo islamistische Kraefte an die Macht kommen, die Hamas unterstuetzen, naemlich die Muslimbruderschaft.

Im Augenblick ist das nicht wahrscheinlich. Die aegyptische Armeefuehrung hat ein bemerkenswertes Mass an Kontrolle behalten, die Opposition ist gespalten in saekulare und religioese Elemente, und die Religioesen sind weiter zersplittert und ausserdem vom aegyptischen Geheimdienst infiltiert, der jahrelang Krieg gegen sie fuehrte. Wie die Dinge liegen, ist nicht wahrscheinlich, dass Aegypten sich in eine Richtung entwickelt, die fuer Hamas guenstig waere. Hamas muss daher die politische Lage in Aegypten dahingehend modifizieren, dass aus einem maechtigen Feind ein maechtiger Freund wird.

Obwohl es fuer eine kleine Bewegung nicht einfach ist, eine grosse Nation umzudrehen, koennte es in diesem Fall klappen. In Aegypten sind weite Kreise ungluecklich wegen des Friedenvertrags mit Israel. Das Thema tritt immer dann in den Vordergrund, wenn Israel und die Palaestinenser gegen einander kaempfen. Wie auch in anderen arabischen Laendern, schlagen die Leidenschaften hoch, sobald Palaestinenser gegen Israelis kaempfen.

Unter Mubarak  wurden diese Leidenschaften eingedaemmt in Aegypten. Jetzt ist das aegyptische Regime zweifellos verletzlicher, und pro-palaestinische Gefuehle verbinden die meisten, wenn nicht alle Oppositionsgruppen. Es handelt sich um eine einzigartige, einende Kraft, die ausreichen koennte, die Macht der Militaers zu brechen, oder sie wenigstens dazu zwingen koennte, ihre Israelpolitik zu aendern.

Sollte Hamas sich in einem kriegerischen Konflikt mit Israel befinden, waehrend die Vereinten Nationen fuer den Staat Palaestina stimmen, wuerde Fatah innerhalb der palaestinensischen Bevoelkerung in die Defensive gedraengt. Fatahs Kooperation mit Israel, waehrend der Gazastreifen sich im Krieg befindet,  wuerde Fatah unterminieren und sie moeglicherweise dazu zwingen, sich Hamas anzuschliessen. Sollte die UN Abstimmung stattfinden, waehrend im Gazastreifen Krieg herrscht, und die Abstimmung womoeglich von einer Verurteilung Israels in der Generalversammlung begleitet werden, so koennte das die Region veraendern.

Der Terrorangriff auf der Strasse nach Eilat von letzter Woche sollte in diesem Zusammenhang verstanden werden. Manche spekulieren, dass sich neue islamistische Gruppen auf der  Sinaihalbinsel bilden oder dass palaestinensische Gruppen im Gazastreifen ausserhalb von Hamas‘ Kontrolle diesen Angritt unternommen haben. Formal moegen solche Organisationen von Hamas unabhaengig sein, mir faellt aber schwer zu glauben, dass Hamas mit ihren ausgezeichneten Nachrichtendiensten im Gazastreifen und unter den islamistischen Gruppen im Sinai die Plaene einer solchen Gruppe nicht wenigstens in groben Zuegen gekannt haette und nicht in der Lage gewesen waere, sie zu stoppen. Die Strategie neue Organisationen zu gruenden, die die Verantwortung fuer Konflikte uebernehmen koennen, ist eine alte Taktik, sowohl bei den Palaestinensern wie weltweit. Zum Beispiel gruendete Fatah in den 1979ern die Gruppe „Schwarzer September“,  nach aussen hin unbahaengig von der Fatah, aber in Wirklichkeit heimlich ein Teil von ihr.

Der fuer Hamas ideale Angriff muesste plausibel verleugnet werden koennen – sie muesste argumentieren koennen, dass sie nicht einmal wusste, dass ein Anschlag bevorstand – und einen israelischen Angriff auf den Gazastreifen ausloesen. Ein solches Szenario wuerde Israel als Aggressor und Hamas als Opfer dastehen lassen, so dass Hamas den Krieg am effektivsten in Aegypten und unter den Palaestinensern ausschlachten koennte, und natuerlich auch in der weiteren islamischen Welt und in Europa.

Auswirkungen in der Region und Israels Dilemma

Diese Sache ist groesser als Hamas. Das syrische Regime kaempft derzeit um sein Ueberleben gegen eine Mehrheit der sunnitischen Bevoelkerung. Bisher hat es ueberlebt, aber auch es muss den Konflikt umdefinieren. Die Iraner und Hisbolla machen sich mit die groessten Sorgen wegen eines moeglichen Sturzes des syrischen Regimes. Syrien ist der wichtigste Buendnispartner des Iran, in strategischer Lage, um den iranischen Einfluss in der Levante zu verstaerken. Sein Sturz waere ein schwerer Rueckschlag fuer den Iran und das zu einem Zeitpunkt, wo der Iran seinen Stand verbessen will, waehrend sich die USA aus dem Irak zurueckziehen. Iran geht davon aus, dass dieser Aufstand von seinen Feinden – USA, Saudiarabien und Tuerkei – in die Wege geleitet wurde, und  moechte verstaendlicherweise, dass al Assad an der Macht bleibt..

Ein Umsturz in Syrien liesse bedeutete auch, dass Hisbollah, die heute sehr vom gegenwaertigen syrischen Regime abhaengt und zu einem grossen Teil die Fortsetzung syrischer Politik im Libanon darstellt , ausschliesslich auf den Iran angewiesen waere. Und Iran ohne den syrischen Bundesgenossen ist sehr weit entfernt von Hisbollah. Wie Teheran hat Hisbollah ein Interesse daran, dass das Assadregime ueberlebt. Hisbollah und Hamas gemeinsam in einer Konfrontation mit Israel, das wuerde die Aufmerksamkeit vom Assadregime ablenken, und seinen Gegner koennte unterstellt werden, dass sie den Widerstand gegen Israel untergraben. In einem solchen Krieg mitzumachen, wuerde es Hisbollah auch erleichtern den Fall von al Assad zu ueberstehen, sollten sich dessen Gegner durchsetzen. Hisbollah koennte mit seiner Hilfe eine moralische Grundlage fuer sich selber bauen, unabhaengig von Syrien. Dass Hisbollah 2006 in der Lage war, ein Unentschieden gegen Israel zu erreichen, bedeutete fuer die radikal-islamistische Organisationen einen Sieg, der ihre Glaubwuerdigkeit dramatisch erhoehte.

Der kriegerische Konflikt 2006 stellte auch fuer Damaskus einen Sieg dar, da durch ihn der islamischen Welt vorgefuehrt wurde, wie Syrien als einziger Nationalstaat den Widerstand gegen Israel unterstuetzte. Israel und den USA wurde gezeigt, dass allein Syrien Hisbollah kontrollieren konnte und dass Israel und die USA einen strategischen Fehler begangen hatten, als sie Syrien zum Abzug aus dem Libanon zwangen.

Angesichts dieser Dynamik wird es Fatah schwerfallen, ihre Beziehung zu Israel aufrecht zu erhalten. Fatah koennte sich genoetigt fuehlen, eine Intifada zu starten, obwohl sie das lieber vermiede, um den wirtschaftlichen Aufschwung im Westjordanland nicht auf’s Spiel zu setzen.

Israel koennte also einem kriegerischen Konflikt im Gazastreifen, einem Konflikt entlang der libanesischen Grenze und einem Aufstand im Westjordanland gegenueber stehen, und das weiss es auch. In einer seltenen Geste hat Israel angekuendigt, dass es im September die Reserven einberufen will. Normalerweise werden solche Dinge nicht angekuendigt, aber Israel wollte Entschlossenheit signalisieren.

Gegenueber diesem potentiellen Sturms hat Israel zwei moegliche Strategien. Eine davon waere ein vernichtender Angriff auf den Gazastreifen, woraufhin die Truppen nach Norden verlegt wueden, um Hisbollah zu neutralisieen, begleiter von einem harten Niederschlagen der Intifada. Mit dem Gazastreifen schnell und eindeutig fertig zu werden, ist dabei der Angelpunkt, wenn die Entwicklung, wie ich sie oben skizziert habe, unterbunden werden soll. Das Problem ist jedoch, dass dieses 3-Fronten-Szenario nur eine Moeglichkeit ist, aber keine Gewissheit. Wenn Israel den Konflikt im Gazastreifen zuendet, dann riskiert es, diese Moeglichkeit in eine Gewissheit zu verwandeln – und Israel kann in den letzten Jahrzehnten keine ueberwaeltigenden Siege vorweisen. Das wuerde auch die Militaerregierung in Aegypten in eine Krise stuerzen, und das wollen die Israelis nicht.

Israel koennte einfach die Angriffe durch Hamas erleiden, um Israel als Opfer darzustellen. Auf Sympathie zu zielen ist jedoch wenig aussichtsreich, weil die Palaestinenser die Meinung der Weltoeffentlichkeit zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Ausserdem ist zu erwarten, dass Hamas die Angriffe wiederholen wuerde bis zu dem Punkt, wo Israel dem Kampf nicht laenger ausweichen koennte.

Krieg liegt daher im Interesse der Hamas (auch wenn Hamas glaubhaft dementieren kann, indem sie andere die Angriffe unternehmen laesst). Hisbollah haette guten Grund, sich an dieser Stelle einzuschalten. Fatah wuerde nicht wollen, koennte aber zur Teilnahme gezwungen sein. Ein solcher Krieg wuerde die Dynamik in Aegypten deutlich zu Hamas‘ Gunsten verschieben. Iran haette gern, dass al-Assad den Syrern sagen koennte, dass waehrend des Kriegs gegen Israel keine Zeit fuer einen syrischen Buergerkrieg bleibt. Israel koennte sich in der Lage sehen,  drei Schlachten gleichzeitig schlagen zu muessen. Dazu waere intensive Aggression notwendig, Maessigung waer strategisch sehr schwer.

Israel reagierte im Vergleich zu frueher sehr zurueckhaltend auf den Vorfall bei Eilat, und flog nur begrenzte Angriffe auf den Gazastreifen, vor allem gegen Mitglieder der Palaestinensischen Widerstandskommittes, einer Dachorganisation, die bekanntlich Verbindungen zur Hamas hat. Hamas machte deutlich, dass der bisherige de facto Waffenstillstand nicht laenger eingehalten werde. Die Frage ist nun, was Hamas weiter unternehmen will und ob Unterstuetzer der Hamas, vor allem Saudiarabien, sie dazu zwingen kann, anti-israelische Aktivitaeten in der Region einzuschraenken. Die Saudis wollen, dass al Assad stuerzt, und sie wollen kein radikales Regime in Aegypten. Vor allem aber wollen sie nicht, dass der Iran gestaerkt wird. Aber es ist nie ganz klar, wieviel Einfluss die Saudis oder die Aegypter auf Hamas haben. Fuer Hamas sieht das nach einer perfekten Gelegenheit aus, und mir faellt schwer zu glauben, dass die Saudis sie zurueckhalten koennen. Was die Israelis angeht:  Was passieren wird, haengt davon ab, was andere entscheiden – und das ist Israels grundlegendes Strategieproblem.

Israeli-Arab Crisis Approaching is translated and republished with permission of STRATFOR.“

NZZ vertraut lieber der staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA


als den Angaben eines israelischen Armeesprechers, wie sich in diesem Bericht klar erweist.

Die israelische Armee sagt aus, dass an der ganzen Geschichte nichts dran ist. Aber die NZZ titel mit der Aussage der staatlichen libanesischen Nachrichtenagentur und untertitelt mit „Augenzeugen berichten von mehreren Explosionen“. Auch die fettgedruckte Zusammenfassung bringt nur die libanesischen Behauptungen. Erst der letzte Satz des ersten normal gedruckten Absatzes haelt lapidar fest: Ein israelischer Armeesprecher sagte, die Berichte seien ohne jede Substanz.“ und darueberhinaus wird die israelische Darstellung nicht rezipiert.

Dass arabische „Augenzeugen“ so manches sehen, was nachweislich nicht in unserer Realitaet stattfindet, sollte nun wirklich Allgemeinwissen sein. Und dass staatliche Nachrichtenagenturen von halbfreien Staaten sich vielleicht nicht in erster Linie einer objektiven Berichterstattung verpflichtet fuehlen, sollte eigentlich auch Jedem einleuchten koennen. Wenn der Hisbollah in dieser Ecke etwas Sprengstoff versehentlich explodiert sein sollte, dann ist zu erwarten, dass sie Israel dafuer verantwortlich macht. Dass Hisbollah inzwischen grossen Einfluss auf die libanensische Politik hat, sollte bekannt sein.

Warum nur glaubt die NZZ-Redaktion automatisch jeder Quelle lieber als israelischen Angabe?

Reuters verdreht den Zwischenfall an der israelisch-libanesischen Grenze


Es begann mit Routinarbeiten entlang des Grenzzauns. Um Hinterhalte zu erschweren, werden in regelmaessigen Abstaenden die Straeucher und Baeume direkt auf der Nordseite des Zauns ausgeduennt. Der Zaun verlaeuft nicht direkt auf der Grenzlinie, eben damit Israel solche Arbeiten unternehmen kann. Aber nehmen wir einfach mal an, dass Reuters Bildunterschrift zutraefe.

Israeli soldier is seen on crane

An Israeli soldier is seen on a crane on the Lebanese side of the Lebanese-Israeli border near Adaisseh village, southern Lebanon August 3, 2010.

Dann waere maximal der Soldat im Krankorb in der Luft ueber libanesischem Gebiet, aber der Kran selber und die Offiziere, die die Arbeiten ueberwachen, stuenden eindeutig auf israelischem Territorium:

Auf diese Offiziere aber zielte der libanesische Scharfschuetze, der das Feuergefecht startete. Und es gelang ihm, den Brigadekommandanten Dov Harari, aus dem Hinterhalt zu erschiessen sowie Major (Hauptmann? – ich kenne mich mit militaerischen Dienstgraden einfach nicht aus) Ezra Lakiya schwer zu verletzen.

Mit der Erschiessung eines hohen Offiziers aus dem Hinterhalt begann der Grenzzwischenfall, auch wenn internationale Medien das anders darstellen.

Lebanese soldiers and U.N. peacekeepers

Lebanese soldiers and U.N. peacekeepers (L and 3rd L) stand at the Lebanese-Israeli border in Adaisseh village, southern Lebanon August 3, 2010. An Israeli helicopter on Tuesday fired two missiles at a Lebanese army post near the southern border village of Adaisseh, destroying an armoured personnel carrier, a security source said. A Lebanese journalist and three Lebanese soldiers died after the Israeli and Lebanese armies exchanged fire in the border area, a security source said.

Hier sehen wir, dass UN Friedenstruppen keinerlei Problem darin sehen, im Verein mit schiessbereiten libanesischen Soldaten aufzutreten. Ob dieses Photo von vor oder nach dem Feuergefecht stammt, kann ich nicht beurteilen.

Und hier noch einmal, weil es eindrucksvoll ist, auch wenn die Kooperation regelmaessig geleugnet wird.

Lebanese soldiers take up position as U.N peacekeepers (in blue berets) gesture towards Israeli soldiers at the Lebanese-Israeli border in Adaisseh village, southern Lebanon August 3, 2010. An Israeli helicopter on Tuesday fired two missiles at a Lebanese army post near the southern border village of Adaisseh, destroying an armoured personnel carrier, a security source said. A Lebanese journalist and three Lebanese soldiers died after the Israeli and Lebanese armies exchanged fire in the border area, a security source said.

Civilians help wounded Lebanese soldier

Civilians help a wounded Lebanese soldier at Adaisseh village, southern Lebanon August 3, 2010. An Israeli helicopter on Tuesday fired two missiles at a Lebanese army post near the southern border village of Adaisseh, destroying an armoured personnel carrier, a security source said. A Lebanese journalist and three Lebanese soldiers died after the Israeli and Lebanese armies exchanged fire in the border area, a security source said.

Der von mir kursiv gesetzte Text in den Bildunterschriften soll jeweils den Kontext herstellen. Eindeutig ist, dass fuer Reuters nur israelische Aggression den Kontext bilden kann. Von der Erschiessung eines ranghohen, israelischen Offiziers, lesen wir nirgends. Nur von israelischen militaerischen Aktionen und den libanesischen Opfern.

Yaacov Lozowick kommt zum selben Ergebnis. Und Mere Rhetorik auch.

Der Zwischenfall war eindeutig geplant. Ich vermute, dass die Anweisungen mindestens aus Syrien gekommen sind. In diesem NZZ Artikel, der das Reuters-Geschwurbel widerspiegelt, wird immerhin erwaehnt, dass mindestens zwei Journalisten fuer Hisbollah-Medien in der Umgebung waren. (Al Manar ist bekanntlich ein Hisbollah Fernsehsender.)

Arbeitstreffen der Achse Iran-Syrien-Hisbollah-Hamas


Ich treffe immer noch auf Leute, die glauben oder vorgeben zu glauben, dass Anhaenger der beiden grossen Stroemungen im Islam, Sunna und Shia, unmoeglich kooperieren koennen.

Hiermit lade ich sie ein, mir dieses Treffen zu erklaeren:

Bethlehem – Ma’an – Palestinian opposition factions, Hizbullah officials and a delegation of Iranians, will soon meet in Damascus, the Kuwaiti Al-Anba daily newspaper reported on Monday.

The meeting, according to the anonymous source quoted in the paper, will take place in late June, under official Syrian patronage, in an effort to activate resistance in the region in light of an expected Israeli offensive against Iran or against Hizbullah in Lebanon.

Initial arrangements for the meeting, according to senior Palestinian sources speaking to the Kuwaiti paper, were made at a commemoration event for leader of the Iranian revolution in 1979 Ayatollah Syed Ruhollah Moosavi Khomeini, who died on 4 June 1989.

As part of an apparent ramp up in relations between Palestinian opposition factions – namely Hamas and Islamic Jihad – Lebanon and Syria, the groups were reportedly permitted to establish community centers in the refugee camps of southern Lebanon, which had previously been prohibited in favor of involvement from PLO-faction centers, the paper reported.

Bethlehem – Ma’an – Die palaestinensischen Oppositionsfraktionen, Hisbollah-Funktionaere und eine iranische Delegation warden sich bald in Damaskus treffen, wie die kuwaitische Tageszeitung Al-Anba am Montag berichtete.

Das Treffen soll Ende Juni unter offizieller syrischer Schirmherrschaft stattfinden, so die in der Zeitung zitierte anonyme Quelle. Es ginge darum , den Widerstand in der Region zu aktivieren angesichts einer erwarteten, israelischen Offensive gegen Iran oder gegen Hisbollah im Libanon.
Erste Vorbereitungen fuer das Treffen seien an der Gedenkfeier fuer den am 4. Juni 1989 verstorbenen Fuehrer der iranischen Revolution von 1979, Ayatollah Syed Ruhollah Moosavi Khomeini, getroffen worden, sagte eine hochrangige pal. Quelle der kuwaitischen Zeitung.

Als Teil der offensichtlich zunehmend engeren Beziehungen zwischen den pal. Oppostionsfraktionen einerseits– im Besonderen Hamas und Islamischer Jihad – mit Libanon und Syrien auf der anderen Seite, wurde den Gruppen erlaubt, in den Fluechtlingslagern im suedlichen Libanon Gemeinschaftszentren zu errichten. Bisher war das verboten zugunsten der Einbindung der Zentren der PLO-Fraktionen, berichtete die Zeitung.

Der Ausverkauf der Zedernrevolution und der Verrat an Israels begann gleichzeitig mit der Veroeffentlichung des NIE Berichts im Dezember 2005. Schon im Maerz 2008 sahen sich die Kraefte des 14. Maerz genoetigt, dem beDoha-Abkommen zuzustimmen, wodurch Hisbollah (und ihre Schutzmaechte Iran und Syrien) wieder Vetorechte im Libanon zugestanden bekamen. Mit dem Amtsantritt Obamas wurde der Strategiewechsel, den Manfred schon hier befuerchtet hatte, beschleunigt.

Fuer mich sind die Auswirkungen auf Israel natuerlich subjektiv wichtiger. Aber die gesamte Weltoeffentlichkeit verdraengt, dass der schwaechere Libanon zuerst und gruendlicher verraten wurde.

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