Heute vormittag ging ich mit den Maedchen wieder zur (konservativen) Synagoge. Der Gottesdienst fand diesmal im Kindergarten der Gemeinde statt, weil man da naeher beim Schutzraum ist. Den Gesichtern der anderen Gemeindemitglieder sah ich an, dass sie in diesen Tagen doch einiges durchgemacht hatten. Eigenartig, dass erst eine Woche vergangen ist, seit dieser Krieg begonnen hat. Beim Beten spuerte ich erst, wieviel Angst ich selber gehabt hatte. Ich bin der Typ, der weder vor noch waehrend Pruefungen Angst hat, aber hinterher schlottern mir regelmaessig die Knie.
Ich glaube, bei uns ist das Groebste ueberstanden. Gestern hatten wir nur zweimal Raketenalarm und heute bis jetzt keinen.
Gestern abend bei den Nachrichten merkten mein Mann uebrigens, dass wir bei guter Sicht den Himmel ueber Gaza sehen. Wir bemerkten vom Balkon eine dunkle Rauchsaeule am Horizont, und in den 5-Uhr-Nachrichten sahen wir dieselbe Rauchsaeule, nur naeher, ueber Gaza-City.
Am Nachmittag ging ich mit den Maedchen ein bisschen in den Park. Sie waren seit drei Tagen nicht vor’s Haus gekommen und hatten langsam Anfluege von Koller. Am Anfang hatten sie noch ein bisschen Angst und hielten sich dicht bei mir. Dann begannen sie das schoene (aber kalte) Wetter zu geniessen. Die Grosse sprang Seil, die Kleine kurvte mit ihrem Roller los. Ich sah den Park mit ganz anderen Augen als sont: Wo koennte man sich notfalls hinkauern, wenn die Sirene ertoente? Ausser uns waren im Park nur: eine Mutter und ihr kleines Kind, ein Liebespaar und ein Mann, der seinen Hund ausfuehrte. Sonst ist der Park am Shabbat bei schoenem Wetter voller Familien mit Kindern.
In den 5-Uhr-Nachrichten von heute telefonieren die Nachrichtensprecher mit einem Mann namens Mohammed im Gazastreifen. Den Nachnamen habe ich nicht verstanden. Der Mann sagte, er hoere in der Naehe Luftangriffe und sei von seinen acht Kindern umgeben. Ueber die Leitung hoerte man weder Explosionen noch Kindergeraeusche. Er aeusserte sich sehr kritisch ueber Hamas. Der maennliche Moderator stellte fest, dass Mohammed sich sicher darueber bewusst sei, welches Risiko er mit solchen Aeusserungen eingeht und vermutete, dass er sich das trauen wuerde, weil er eine maechtige Familie (Sippe/Clan) hinter sich wuesste. Die Sprecherin fragte ihrerseits auch, ob er keine Sanktionen fuerchte, wenn er in dieser Weise ueber Hamas spraeche, die doch ein totalitaeres Regime im Gazastreifen fuehrte. Mohammed antwortete ihr direkt: Er wohne nur 2 km von der Grenze zu Israel. Sobald die IDF einmarschieren wuerde, befaende er sich hinter der Front und in Sicherheit.
Das israelische Fernsehen zeigte auch einen Bericht von Al-Jazeera ueber den Alltag im Gazastreifen. Die Strassen sind voellig ausgestorben, die Menschen gehen am liebsten fruehmorgens aus dem Haus, um das Noetigste zu besorgen und halten sich sonst lieber in ihren vier Waenden auf. Die letzten Tage fuehlte sich Beer Sheva genauso an. Wir befanden uns alle unter einer Art Hausarrest.
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Filed under: Kinder und Alltag | Tagged: Gaza, Krieg, Persoenliches | 17 Comments »