Das Schuljahr neigt sich


Daher sind Abschlussfeiern angesagt. Ich war dieses Jahr mal wieder dumm genug, mich als Elternrat fuer die Klasse der Grossen zur Verfuegung zu stellen. Eigentlich waren wir drei Muetter gewesen, aber ich fand mich innerhalb von ein paar Wochen allein auf weiter Flur. Dazu war die Zahlungsmoral schlecht. Von 20 Familien haben mir bis zum Schluss nur neun ihren Obolus bezahlt.

Zu Chanukka und fuer einen Besuch bei einer Gerichtsverhandlung (mit anschliessendem Durchspielen eines Falles unter Anleitung von juristischem Personal) hatten wir schon Ausgaben gehabt. Ausserdem muss etwas beiseite gelegt werden, um der Klassenlehrerin ein Geschenk zu kaufen. In diesem Fall zwei Klassenlehrerinnen und zwei Geschenke, weil die urspruengliche Klassenlehrerin leider mitten im Schuljahr schwer krank wurde und ersetzt werden musste.

Fuer eine Abschlussfeier blieb daher nur ein kleines Budget. Ich entschied mich einen „Kummsitz“ (Jiddisch fuer Komm, Sitz) um’s Lagerfeuer. Am Freitag sah ich zufaellig einen gefaellten Baum mitten in der Stadt und lud passende Holzstuecke und Aeste in den Kofferraum. Wuerste, Huehnchenfluegel und Kebab grillte ich schon zu Hause, wobei mir eine Nachbarin half. Die Kinder waren fuer’s Roesten der Pitot und spaeter fuer Spiesschen mit Marshmellow zustaendig.

Die Grosse, ihre beste Freundin, ein Junge, der sich nicht ganz entscheiden kann, in welche der beiden er verliebt ist, und die Kleine halfen mir beim Bauen des Holzstosses und beim Arrangieren der Decken. Ich selber empfand keine Lagerfeuerromantik, dazu war ich zu muede und zu konzentriert aufzupassen, dass niemand sich verbrennt. Aber die Kinder haben es anscheinend genossen:

Medura

End of school year

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eine kleine Hausarbeit


Aus der Schule brachte die Kleine heute ein vorgedrucktes Blatt nach Hause. Man sieht ein Kind vor einem Microphon. Gross darueber steht als Titel: „Was ich sagen wollte“. Darunter sind mehrere linierte Zettel gezeichnet, jeweils in der ersten Zeile wird der Adressat genannt. Das Vorgedruckte gebe ich kursiv wieder, das Folgende ist der Text der Kleinen.

Meiner Familie und den Klassenkamaraden moechte ich sagen, dass man auch mal Angst haben kann. Dafuer muss sich niemand schaemen. Jeder kann einmal Angst haben.

Allen unseren Feinden moechte ich sagen: Gebt es auf, uns zu bekaempfen, ihr habt keine Chance. Gott beschuetzt uns.

Der Welt moechte ich sagen: Hamas ist boese und man kann mit ihr nicht zusammenarbeiten. Juden haben genau dasselbe Recht auf einen eigenen Staat wie andere Voelker auch.

Unserem Regierungschef und dem Verteidigungsminister moechte ich sagen: Acht Jahre lang haben die Einwohner von Sderot gelitten und die Regierung hat nichts unternommen. So kann es nicht weitergehen.

Unseren Soldaten moechte ich sagen: Bitte macht den Einwohnern des Gazastreifen nichts, nur den Hamasleuten. Die Einwohner kaempfen nicht gegen uns, nur Hamas. Mit der Hamas sollt ihr aber kein Mitleid haben.

Bericht vom Raketendrill in der Schule


In der Kantine fingen die Telefone an zu klingeln und diverse Kinder erzaehlten ihren Eltern von der Uebung, die sie heute in der Schule gehabt hatten.

Jetzt war ich dran. Die Kleine erzaehlte uebermuetig, dass sie fast nichts gelernt haetten, weil die meiste Zeit fuer den Sicherheitsdrill drauf ging. Es stellte sich heraus, dass die veranschlagten 45 Sekunden nie im Leben ausreichen, um die Klassen in den Schutzraum zu bringen. Den Kindern wurde auch verboten zu rennen, damit nicht in einer Panik ueber ein gefallenes Kind getrampelt wird. So wurde denn beschlossen, dass die Kinder bei Raketenalarm nur ihre Klassenzimmer verlassen und sich im Gang an die innere Wand draengen sollten.

Kaum war der Drill vorbei, hoerte man einen Alarm. Kinder und Lehrer glaubten im ersten Moment, jetzt sei es ernst, dabei hatte nur die benachbarte Schule vergessen darauf hinzuweisen, dass sie auch eine Uebung durchfuehrt.

Spaeter wurden dann alle Schueler in die Turnhalle gefuehrt, wo die ganze Schule zusammen fuer die Soldaten im und um den Gazastreifen beteten. Die Kleine betete besonders intensiv neben ihrer weinenden Freundin. Deren grosser Bruder gehoert zu den Soldaten, die nun jeden Moment mit der Bodenoffensive in den Gazastreifen eindringen muessen.

Der Sohn einer Mitarbeiterin gehoert auch dazu. Diese Frau, immer sehr schick und gepflegt (sie hat mich zur Kosmetikerin geschickt), sieht seit Wochenanfang wie ein Gespenst ihrer selbst aus. Sie kann vor Sorgen nicht schlafen und wird wohl noch einige Zeit nicht schlafen koennen!

Das Schuljahr laesst sich soweit gut an


Am Sonntagnachmittag – vor dem ersten Schultag am Montag – ging ich mit den Maedchen einkaufen. Sie durften sich neue Federmaeppchen aussuchen. Zu meiner Genugtuung waehlten sie beide schlichte und praktische Designs. Die Zeit der Elfen, Prinzessinnen und aehnlicher Dekors scheinen wir hinter uns zu haben. Ich erinnerte mich, wie ich mir immer ein neues Kleidungsstueck fuer den ersten Schultag aufgespart hatte und bot ihnen an, ich koennte ihnen ein Roeckchen oder eine Hose kaufen. (Die T-Shirts sind ja Schuluniform.) Es war aber heiss und so sagten mir beide weise, sie haetten ohnehin einen Schrank voller Kleider und das sei unnoetig.

Am ersten Schultag erlebten wir eine Ueberraschung: Die Kleine erhielt als Klassenlehrerin die Frau, die ich fuer die beste Kraft an der Schule halte. Eigentlich hatte es geheissen, dass sie die Klasse der Grossen uebernehmen wuerde. Die Kleine ist sehr gluecklich. Die Grosse bekam stattdessen eine Klassenlehrerin, die niemand kennt, weil sie neu an die Schule gekommen ist. Sie hat aber schon ca. 20 Jahre Berufserfahrung. Ich schuettelte ihr am Ende des Schultags die Hand, stellte mich vor und wuenschte viel Erfolg. Sehr positiv war mein erster Eindruck nicht. Im Auto hoerte ich dann wie die Grosse mit ihrer besten Freundin ueber die Lehrerin herzog. Sie sei eine Hexe, viel zu streng, nicht auszuhalten usw. Mir wurde beim Zuhoeren immer banger. Schliesslich unterbrach ich die beiden und erklaerte ihnen unzweideutig, dass a) ein halber Schultag nicht ausreicht, um sich einen echten Eindruck zu verschaffen, b) die Schueler am kuerzeren Hebel sitzen und c) dass eine solche Haltung eine sich selbst erfuellende Prophezeiung ist. Zuhause hatte ich noch einmal eine Aussprache mit der Grossen zu diesem Thema. Ich sagte ihr, dass ich bei ihrer Freundin eher eine negative Grundhaltung sehe und dass sie ihr helfen koenne, wenn sie dagegensteuere. Spaeter rief ich die Mutter der Freundin an und sagte ihr, sie solle auf ihre Tochter einwirken, weil die Kinder sonst wirklich schnell ein Eigentor schiessen koennten. Ich glaube, sie hat das auch gemacht.

Auf dem Schulweg gestern wies ich daraufhin, dass fuer die Lehrerin alles neu ist und liess die Maedchen sich in ihre Situation einfuehlen. Am Nachmittag fragte ich dann, wie es diesmal gewesen waere. „Wunderbar! Sie ist toll!“ war die Antwort. Anscheinend waren die beiden vor Beginn des Unterrichts auf sie zugegangen und hatten ihr erklaert, sie seien schon lange beste Freundinnen. Sie wuessten, dass sie ein Problem mit dem Schwaetzen haetten, aber sie wuerden sich sehr anstrengen und baeten darum, vorlaeufig nebeneinander sitzen zu duerfen. Natuerlich war die Lehrerin von dieser Offenheit voellig entwaffnet und gewaehrte ihnen die Bitte. Und natuerlich waren die Maedchen wiederum von dem Entgegenkommen ihrer Lehrerin angenehm beeindruckt. Ich hoffe, dass ihr Einfluss in der Klasse (es sind nur 20 Kinder) ausreicht, um die Dynamik ins Positive zu wenden.

Nach der Schule werden die Kinder mit einem Minibus nach Hause gebracht. Die Begleitperson ist eine sehr nette und verantwortliche junge Frau. Meine beiden steigen am 3. Halt aus und fuehlen sich unglaublich gross und selbstaendig, wenn sie selber die Wohnung aufschliessen. Das Mittagessen wartet auf sie im Kuehlschrank, sie koennen es selber in der Mikrowelle aufwaermen. Ich komme eine Stunde spaeter nach Hause. Wahrscheinlich kann sich keiner meiner Leser vorstellen, welche Erleichterung es fuer mich bedeutet, dass ich nicht puenktlich auf die Minute alles fallenlassen und loszuhetzen brauche. Gestern hatten beide schon ihre Hausaufgaben erledigt, bis ich kam. Aber die Kleine machte aus purem Spass am Vergnuegen noch zwei Seiten mehr in Rechnen.

Morgen beginnt das neue Schuljahr


Endlich sind die langen, langen Ferien vorbei. Zwei Monate lang Kinderbetreuung in der einen oder anderen Weise zu organisieren und/oder zu bezahlen, ist gar nicht so einfach und ueberhaupt nicht billig.

Die Schulranzen sind gepackt, die Kleider liegen auf den jeweiligen Stuehlen. Die Maedchen sind frisch geduscht in ihre Betten geklettert und zum Glueck schnell eingeschlafen. Es kann September werden.

Kids & Biz


Gestern nachmittag ging es zuerst zum Friseur. Beide Maedchen wollen den Sommer mit etwas kuerzeren Haaren beginnen. Anschliessend schlug ich ihnen vor, in der nahen Negev-Mall Haarbaender und/oder Reifen zu kaufen, weil das zur neuen Laenge gut passt. Sie waren natuerlich dabei.

In der Mall wird gelegentlich an kleinen Staenden rund um den Lichthof eine Art Markt betrieben. Kunst- (oder auch Kitsch-)Handwerker bieten ihre Waren an. Oder saisonale Produkte, etwa zu Schulbeginn, werden staerker beworben.

Gestern waren wieder Staende aufgebaut, gleich wurden wir auch angesprochen und zwar von einem etwa 14-jaehrigen Jungen, der ein rotes T-Shirt mit Schulaufdruck trug. Inzwischen haben sich in Israel Schuluniformen weitgehend durchgesetzt. Nur darf man sich nichts vorstellen, was an so etwas erinnern koennte:

Stattdessen tragen die Schueler T-Shirts (im Winter Sweat-Shirts) in verschiedenen Farben mit dem Namen und dem Wappen ihrer Schule als Aufdruck.

Der Markt war Teil eines Schulprogramms „Young Entrepreneurs“, bei dem die hoeheren Klassen (entspricht der US high school) eine Geschaeftsidee entwickeln – das kann ein Produkt sein wie hier und hier oder auch Export/ImportFirma. Sie gruenden eine Firma und versuchen, sich auf dem Markt einzufuehren.

Die verschiedenen Schulen, die gestern auf der Ausstellung vertreten waren, hatten sehr unterschiedeliche Konzepte. Eine Gruppe wollte umweltvertraeglich Wasch- und Putzmitteln aus den USA einfuehren. Eine andere hatte die Idee, aufblasbare Kissen mit Tasche als Lloesung fuer bequemes Schlafen auf den Wertsachen beim Campen anzubieten. Eine dritte Gruppe entwickelte einen Tortenheber, der die Kuchenstuecke nicht nur schneidet, sondern auch gleich umfasst und sauber herausheben laesst (Nachteil, funktioniert nur bei runden Kuchen im Einheitsformat). Eine weitere Gruppe hatte ein Picknickset entwickelt, das vom Wind nicht vom Tisch geweht werden kann (oder nur die Becher). Eine vierte hatte lustige Duschvorleger entworfen. Eine fuenfte vertrieb reines Jojobaoel vom Kibutz Chatzerim in ansprechender Verpackung. Eine sechste hatte das magnetische Sodukoboard erfunden. Eine siebte bot statt dem ueblichen Federmaepchen flache Etus an, die im Ordner eingehaengt werden koennen. Mindestens eine Gruppe ist mir gerade nicht praesent.

Mir und der Grossen machte es sehr Spass, uns die verschiedenen Produkte erklaeren und zeigen zu lassen. Einen Duschvorleger und flaches Maeppchen haben wir auf der Stelle gekauft. Fuer den Tortenheber, die Campingkissen und das Sodukoboard haben wir uns auf einer Liste eingetragen. Von allen Gruppen haben wir uns Visitenkarten geben lassen. Der Kleinen wurde in der Halbzeit langweilig und sie schaute lieber einer Kindertheaterauffuehrung zu.

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