Propaganda in der WELT


Obama hat die Melodie vorgegeben: Dem Frieden in Nahost stehen nur ein paar Wohnungen fuer Juden in Ostjerusalem im Weg, und in Europa wird allenthalben nachgepfiffen.

Auch die WELT mag mitmachen und so erhaelt Michael Borgstede den Auftrag zu entsprechender Berichterstattung. Ich nehme an, seinem Verhandlungstalent gelang es, gleich drei Artikel herauszuschlagen:

Ariel, eine Stadt zwischen den Völkern
Israelische Siedler rechtfertigen sich mit Gott

Jerusalem ist längst eine geteilte Stadt

Die ersten beiden Artikel habe ich bereits mit leisem Aerger ueber die tendenzielle Berichterstattung gelesen, aber erst beim dritten aergere ich mich ausreichend ueber verdrehte Tatsachen, um einen Blogeintrag daraus zu machen.

Für sie heißt das Viertel im arabischen Ostteil Jerusalems nicht Scheich Dscharach sondern „Simon, der Gerechte“, da jener Hohepriester des jüdischen Tempels hier begraben liegen soll.

„Shimon HaZadik“ ist kein neuer Name, den Ultraorthodoxe dem Viertel gegben haetten, sondern im Gegenteil die althergebrachte Bezeichnung, die nur durch 19 Jahre jordanische Besetzung unterbrochen wurde:

The mixed Jewish-Arab neighborhood of Sheikh Jarrah-Shimon HaTzadik has for decades been a vital corridor to Mt. Scopus, home for 80 years of Hebrew University and Hadassah Hospital. For hundreds of years the Jewish presence in the area centered around the tomb of Shimon HaTzadik (Simon the Righteous), one of the last members of the Great Assembly (HaKnesset HaGedolah), the governing body of the Jewish people during the Second Jewish Commonwealth, after the Babylonian Exile. His full name was Shimon ben Yohanan, the High Priest, who lived during the fourth century BCE, during the time of the Second Temple.7

(…)

For years Jews have made pilgrimages to his grave to light candles and pray, as documented in many reports by pilgrims and travelers. While the property was owned by Arabs for many years, in 1876 the cave and the nearby field were purchased by Jews, involving a plot of 18 dunams (about 4.5 acres) that included 80 ancient olive trees.10 The property was purchased for 15,000 francs and was transferred to the owner through the Majlis al-Idara, the seat of the Turkish Pasha and the chief justice. According to the contract, the buyers (the committee of the Sephardic community and the Ashkenazi Assembly of Israel) divided the area between them equally, including the cave on the edge of the plot.

Dozens of Jewish families built homes on the property. On the eve of the Arab Revolt in 1936 there were hundreds of Jews living there. When the disturbances began they fled, but returned a few months later and lived there until 1948. When the Jordanians captured the area, the Jews were evacuated and for nineteen years were barred from visiting either their former homes or the cave of Shimon HaTzadik.

Borgstede fuehrt zwar aus, dass die Raeumung das Ergebnis eines langgezogenen Rechtsstreits (seit 1972!) ist, aber im israelischen Recht sieht er das Problem.

Denn die Räumungen an jenem Morgen in Dscheich Dscharrach waren letztlich nicht mehr als eine juristische Notwendigkeit, sie waren das Ergebnis eines rechtsstaatlichen Prozesses. Und vielleicht liegt genau darin das Problem.

Das Problem scheint zu sein, dass Palaestinenser keine Moeglichkeit haben, ihre im Krieg von 1948 verlassenen Haeuser und Grundstuecke wieder zu erhalten.

Das Gesetz „Verlassenes Eigentum“ von 1950 und ein Folgegesetz ermöglichten es dem Staat, den Besitz von arabischen Flüchtlingen auch dann konfiszieren, wenn die Eigentümer ihr Haus während der Kriegswirren nur für wenige Tage verlassen hatten. Bis zu 40 Prozent der einst arabischen Ländereien gelangten so in Staatsbesitz.

Warum eigentlich nur 40%? Wenn Israel systematisch Landraub betreibt, dann ist das eine schlechte Quote! Juedische Fluechtlinge aus arabischen Laendern haben bisher keinen Anspruch darauf gestellt, fuer ihren zurueckgelassenen Besitz entschaedigt zu werden.

Der größte Teil des Landes im Westteil gehöre nämlich der Israelischen Landverwaltung von der man ein Grundstück nicht kaufen sondern nur leasen könne. „Die Landverwaltung aber macht nur Geschäfte mit israelischen Staatsbürgern – was die Araber in Ost-Jerusalem nicht sind- oder mit Menschen, die als Juden im Rahmen des „Rückkehrgesetzes“ nach Israel einwandern können.“

Hier uebernimmt Borgstede entweder ungeprueft eine glatte Luege von Benvenisti oder aber er beweist, dass er den Unterschied zwischen der ILA (Israel Land Administration = Israelischen Landverwaltung) und dem JNF (Jewish National Fund) nicht kennt. Der JNF verwaltet Grundbesitz, der mit juedischen Spendergeldern erworben wurde. Dieser Grundbesitz kann nicht direkt an Nicht-Juden verpachtet werden, da das auf retroaktive Taeuschung der Spender hinausliefe. In derartigen Faelle werden Landtaeusche zwischen der ILA und dem JNF durchgefuehrt. Das direkte Zitat von Benvenisti weist darauf hin, dass er Brogstede beluegt. Fuer den JNF geht es naemlich nicht um Staatsbuerger oder nicht Staatsbuerger, sondern um Jude oder Nicht-Jude.

Das Leasen von Grundbesitz in Israel ist nicht an die israelische Staatsbuergerschaft gebunden.

Im uebrigen haben die arabischen Bewohner von Ostjerusalem die Option, die israelische Staatsbuergerschaft zu erwerben und machen von diesem Recht Gebrauch, wenn es ihnen opportun erscheint.

Mit den Schilderungen Kuttabs, wie sehr die arabischen Bewohner in Jerusalem benachteiligt werden, beschliesst Borgstede sein Propagandastueck. Dass der Mann moeglicherweise nicht die Wahrheit sagt, scheint keine Rolle zu spielen:

Denn Genehmigungen seien teuer und Araber bekämen sie eh nicht.

Das widerspricht den Daten, die Menschenrechtsanwalt Justus Reid Weiner erhoben hat:

# llegal construction has reached epidemic proportions. A senior Palestinian official boasted that they have built 6,000 homes without permits during the last 4 years, of which less than 200 were demolished by the city.
# This frantic pace of illegal construction continues despite the fact that the city has authorized more than 36,000 permits for new housing units in the Arab sector, more than enough to meet the needs of Arab residents through legal construction until 2020.
# Arab residents who wish to build legally may consult urban plans translated into Arabic for their convenience and receive individual assistance from Arabic-speaking city employees.
# Both Arabs and Jews typically wait 4-6 weeks for permit approval, enjoy a similar rate of application approvals, and pay an identical fee ($3,600) for water and sewage hook-ups on the same size living unit.
# The same procedures for administrative demolition orders apply to both Jews and Arabs in all parts of the city, as a final backstop to remove structures built illegally on roadbeds or land designated for schools, clinics, and the like.
# The Palestinian Authority and Arab governments have spent hundreds of millions of dollars in an intentional campaign to subsidize and encourage massive illegal construction in the Arab sector, seeing this as part of their „demographic war“ against Israel.
# Many large, multi-story, luxury structures have been built by criminals on land they do not own, frequently land belonging to Palestinian Christians living abroad.
# This epidemic of illegal construction is similar to illegal building that troubles cities in scores of countries worldwide and where the authorities utilize the law to demolish the structures.
# More than any single factor, the 35-year-long boycott of municipal politics by the Palestinian leadership has resulted in the continued imbalance in municipal services in Arab neighborhoods vis-a-vis Jewish neighborhoods.
# Despite frequent accusations that the city’s planning policy seeks to „Judaize“ Jerusalem, the Arab population of the city has increased since 1967 from 27% to 32%. Moreover, since 1967 new Arab construction has outpaced Jewish construction.

Aber mit solchen Informationen laesst sich keine Stimmung gegen Israel machen, fuer Borgstede und die WELT sind sie daher wertlos.

7 Antworten

  1. Bei der WELT muss ich immer sofortan Alan Posener und hannes Stein denken, beide mit so einem leicht linksliberalen Touch und gewesene Gutachsisten.

  2. Danke für die sorgfältige Recherche, Ruth!

    ===========
    OT:

    der unsägliche Martin Gehlen vom Tagesspiegel hat heute wieder mal‘ „sehr ausgewogen“ berichtet:
    http://www.tagesspiegel.de/politik/international/Gaza%3bart123,2870315#formular

  3. Ja, das ist ein typisches Ruehrstueck, wo Hamasgruender als aufgeschlossene Menschen dargestellt werden. Mit keiner Silbe wird erwaehnt, dass Hamas den Krieg begonnen hatte.

    Immerhin laesst sich lesen, wenn man die emotionale Faerbung uebersieht, dass Hamas den naechsten Krieg plant , Waffen einfuehrt (aber keinen Zement und keine Baumaterialen fuer den Wiederaufbau) und die Truppen dafuer traeniert. Dass Polizeikraefte gleichbedeutend sind mit Hamaskaempfern laesst sich auch lesen.

  4. […] habe sich per Gesetz „bis zu 40% der einst arabischen Ländereien“ unter den Nagel gerissen. Beer7 fragt zurecht: Wenn Israel systematisch Landraub betreibt, dann ist das eine schlechte […]

  5. zum Welt-Artikel sei noch anzumerken – ich finde das wird oft viel zu schnell überlesen – wie erstaunlich verständnisvoll für die „Siedler“ die Kommentare dort ausfallen. Da rechnet man doch gemeinhin mit einer ganz anderen Tonwahl.

  6. Ich habe mal schnell durchgezaehlt:
    30 Kommentare, davon
    9 deutlich anti-Israel
    11 deutlich pro-Israel und
    10 entweder irrelevant oder aequidistant

    Stimmt, das ist fuer heutige Verhaeltnisse erstaunlich.
    Das mag an der Leserschaft der WELT liegen oder auch daran, dass „Islamophobie“ (soll heissen eine etwas kritischere Haltung als das oberflaechliche Mulitkulti) langsam um sich greift.

  7. Das ist eher selten bei der Welt. Normalerweise lassen die auch antisemitische Kommenare stehen, aber sobald man auf diese Beiträge eingeht, werden diese Beiträge wiederum dann gelöscht. Ich kommentiere bei dieser Zeitung schon lange nichts mehr.

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