Die 2-3 Staatenloesung


Das israelische Volk darf nun doch zur Wahl gehen. Zippi Livni gibt auf, die Neuwahlen werden fuer Ende Januar bis Mitte Februar erwartet. Favorit ist nach den bisherigen Umfragen Benjamin Netanjahu. Darueber berichtet auch die NZZ. Belustigt lese ich die Befuerchtungen eines Claudio Capaul in seinem Kommentar:

Sollte Netanjahu tatsaechlich sein Comeback feiern, ist mitnichten “alles okay”, denn damit duerfte die Zweistaatenloesung Israel-Palaestina alsbald ad acta gelegt werden. Eine Likud-Regierung wird mit den Palaestinensern zu keinem Abkommen finden, sondern vielmehr die Fronten verhaerten und damit die historische Chance auf Frieden zerstoeren.

Das Friedensabkommen mit Aegypten wurde von einer Likudregierung verhandelt und geschlossen. Soweit zum historischen Gedaechtnis.

Witziger finde ich die Beschwoerung der 2-Staatenloesung. Da kann jemand schlecht rechnen. Mit Hamastan im Gazastreifen gibt es bereits einen de facto Staat in palaestinensischer Hand. Nur dass sich der mit Fatahland in der Westbank im Konflikt befindet. Israelische und amerikanische Hilfe wird von der Fatah gern angenommen, um die gefuerchtete Hamas zu unterdruecken. In dieser Situation kann allenfalls eine Dreistaatenloesung verhandelt werden, wobei zu befuerchten waere, dass sich die beiden Palaestinas unter Hamasfuehrung und iranischer Schirmherrschaft wieder vereinigen.

33 Antworten

  1. Die „historische Chance auf Frieden“? Welche? Die die historische Chance auf Frieden zwischen uns und der NZZ? Zu spät, fürchte ich 🙄

    Der Piisprrossess ist eine Kasperlfigur, die immer rausgezogen wird, wenn man ein Lächeln auf anderleuts Gesichter zaubern will. Nu, Leute, Nabil Shaat und Erekat und all ihr Beschwörer des Piisprrossess, wie wär es denn mal damit, etwas gegen Tunnelbau, Waffenschmuggel, Attentatsversuche etc zu machen?

    Die wahre Bedeutung des Wörtchens ist: Zugzwang für Israel, Freifahrschein für alle anderen.

    Wobei ich die letzte wäre, die sich einem echten, fairen Frieden in den Weg stellen würde. Ich seh nur gerade nicht die historische Chance dafür.

  2. Ja, wie wäre es wenn man mal anmerken würde, dass zu einer 2- (oder auch 3-) Staatenlösung auch gehört dass beide (!) Staaten ihren Völkerrechtlichen Pflichten gegenüber anderen Staaten nachkommen?
    Aber den armen, armen Palis kann man sowas ja nicht zumuten.

    NZZ halt. Soweit nix neues. Leider 😦

  3. Der Friedensprozess ist einer jener Prozesse, bei denen der Weg schon das Ziel ist. Solange er nämlich andauert (d.h. solange es nicht wirklich Frieden gibt), ist es eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Außer für Israel, aber wen stört das schon?

    Die Palästinenser bekommen Geld, die Fatah etwas mehr, die Hamas etwas weniger. Letztere kann außerdem ihr Terror-Perpetuummobile in Schwung halten, was ersterer die Möglichkeit gibt, Israel ebenso unter Druck zu setzen wie die Geldbeutel europäischer Steuerzahler.

    Zwei Dutzend Politiker aus aller Welt bekommen die Gelegenheit, sich zu produzieren. (Wirklich wichtig ist doch nur, wer im Nahostkonflikt mitreden kann, also will Jeder mitreden; man dann so schön staatsmännisch mit Sorgenfalten auf der Stirn vor die Kameras treten, „tief besorgt“ sein, an „beide Seiten appelieren“, „wichtige Impulse für den Friedensprozess“ anmahnen usw.)

    Die Medien haben stets etwas zu schreiben: Der Nahostkonflikt ist die DailySoap des Nachrichtenjournalismus. Funktioniert nach dem Prinzip von „Reich und Schön“: Jeder war schon einmal mit jedem im Bett, jede Konstellation ist schon dreimal gescheitert, wird aber gerne noch ein viertes Mal versucht, und man kann Millionen von Fans jahrzehntelang vor der Glotze halten.

    Selbstredend wissen alle Genannten, dass es den Frieden ebenso wenig geben darf wie ein Ende von „Reich und Schön“. Israel durchschaut das Spiel, muss aber mitspielen, um die übrigen Akteure bei Laune zu halten.

  4. Ich bin da ja Optimist. Wenn die Hamas erst einmal ihren eigenen Staat in Gaza ausgerufen hat, dann wird es in Gaza auch ruhiger werden. Mit dem Ausblick darauf ein Bankenparadies für Europäer zu werden sehen sich die Gazaris wahrscheinlich schon als zweites Dubai.

    Der religiöse Extremismus ist in Gaza doch genauso Maskerade wie in Teheran.

    Nur für das Westjordanland sehe ich schwarz, denn dort werden die Spannungen zunehmen. Schon allein auch deswegen, weil das kein abgeschlossenes Gebiet ist. Die Hamas hat da in Gaza gewisse Vorteile.

  5. Und warum wurde in den vergangenen drei Jahren kein Staat Gaza ausgerufen und keine Infrastruktur fuer ein Bankenparadies aufgebaut? An Industrien florieren dort nur Schmuggeltunnel (jetzt offiziell unter Hamasaufsicht) und „Metallwerkstaetten“ zur Produktion von Kassam-Raketen usw.

    Sollte eine Ideologie wie der Islamismus vielleicht doch irgendwelchen Einfluss haben?

  6. Das dauert seine Zeit. Ideologie verfestigt sich natürlich auch in der Gesellschaft und die Rationalität bahnt sich ihren Weg nur langsam zurück. Mit zunemenden Wohlstand würden die Gazaris aber auch mehr zu verlieren haben und wer etwas zu verlieren hat riskiert gewöhnlich nicht so viel.

    Ich bin nun wirklich kein Freund dieser Typen, sehe das aber pragmatisch. Der Gazastreifen wird sich definitiv besser entwickeln als das Westjordanland und das erfüllt die Menschen dort wahrscheinlich schnell mit Stolz. Sie waren ja diejenigen, auf die die Palästinenser aus dem Westjordanland immer herabgeschaut haben.

    Gaza hat doch alle Voraussetzungen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung in dieser Hinsicht:
    Einen internationalen Flughafen, einen Zugang zum mehr und ein stabiles Israel mit der längsten gemeinsamen Grenze sowie einen zumindest stabilen Sinai im Süden.
    Das Westjordanland hat da ganz andere Probleme.

    Man müsste eben nur irgendwann mal damit anfangen dort etwas aufzubauen. Ich habe schon darüber nachgedacht die Situation mal zu erkunden, weil dort langfristig bestimmt Geld zu verdienen ist. Aber bevor man dort investieren kann muss die Hamas ersteinmal mit diesen ganzen Clans aufräumen.

    Gaza hätte als Bankenplatz jedenfalls eine großartige Zukunft. Die Chance muss eben nur genutzt werden, insbesondere jetzt wo der Druck auf die Schweiz zunehmend stärker wird.

  7. Ich meine natürlich das Meer und es heisst auch zunehmend und nicht zunemend.

  8. Tja, wenn die Hamas nicht Hamas waere und die palaestinensische kollektive Identitaet nicht ebendiese Identitaet, dann gaebe es wirklich keinen Grund, warum nicht ein bluehender Kleinstaat in Gaza entstehen koennte.

    Mit dem „Man müsste eben nur irgendwann mal damit anfangen dort etwas aufzubauen.“ hat man es in der arabischen Welt seit Jahrhunderten nicht gerade eilig.

    Der Islamismus muss erst voellig diskrediert sein (und das schliesst eindeutige, militaerische Niederlagen mit ein), damit der Islam sich auf den Weg in die Reform machen kann und dann besteht die Moeglichkeit, dass statt weiterem Suhlen in der Opferrolle der Aufbau angepackt wird. (Assoziation Japan nach dem 2. Weltkrieg)

  9. Ja, da hast du wahrscheinlich recht. Dieses ständige verlangen nach dem Militarismus ist schon störend. Ich denke aber, jeder Einfluss von außen wird dort nur als Kulturimperialismus gedeutet werden. Die müssen sich erst gegenseitig abschlachten bevor die Einsicht kommt.

  10. Das gegenseitige Abschlachten hatte sofort mit dem Ableben von Mohammed begonnen. Die maessigende Wirkung kann bis heute nicht festgestellt werden.

  11. In Dubai klappt es ja auch.

  12. aber wohl kaum als Auswirkung des gegenseitigen Abschlachtens, oder?

  13. Habe mir gerade die Geschichte von Dubai angesehen. Das Gebiet war ca. 150 Jahre britisch regiert und erhielt seine Unabhaengigkeit erst 1971, als es zusammen mit den anderen Guolfprotektoraten die U.A.E (Vereinigten Arabischen Emirate) bildete. Nur ca. 20% der Bevoelkerung sind ueberhaupt Staatsbuerger und die scheinen so gut wie alle demselben Stamm anzugehoeren. Der Rest der Bevoelkerung geniessen keine politischen Rechts, akzeptieren aber dank der lukrativen Verdienstmoeglichkeiten diesen Helotenstatus.

    Keine Aehnlichkeiten mit dem Gazastreifen, wo sich verschiedene arabische Unterethnien mischen (Beduinen, Aegypter, „Urbevoelkerung“). Die aegyptische Verwaltung 1948 bis 1967 hat keinerlei Infrastruktur oder sonstige Investition getaetigt. Die Versuche Israels danach, die Situation im Gazastreifen zu verbessern wurden durch den pathologischen Hass auf Israel zum groessten Teil verhindert.

  14. Ach, wenn genug Geld im Land ist, ist auch Ruhe. Aus ihren Wolkenkratzern würden die Hamas Führer freiwillig jedenfalls nicht ausziehen um danach wieder in sticken Betonhäusern hausen zu müssen.

    Geld korrumpiert. Das gilt doch insbesondere für die Palästinenser. Wenn ich nur ein wenig besser Bescheid wüsste (z.B. an wen man sich wenden muss, wenn man dort eine Bank eröffnen möchte), ich würde sofort losziehen. Mehr Geld als dort wird man kaum verdienen können.

  15. Was denn nun?

    Geld sorgut fuer Ruhe und Ordnung oder Geld sorgt fuer Korruption und damit gesellschaftliche Unruhe?

    An Korruption fehlt es im Gazastreifen sicherlich nicht, aber die besten Aussichten, etwas davon abzubekommen, hat man nicht unbedingt im Gazastreifen. Suha Arafat gibt ihre Alimente vor allem in Paris aus. Internationale Waffenhaendler brauchen auch keine Filiale im Gazastreifen zu unterhalten.

  16. Korruption ist Ruhe und Ordnung. So funktioniert die repräsentative Demokratie. Insbesondere wenn soviel Ideologie im Spiel ist wie in Gaza.

    In Nordirland hat man es genauso gemacht und es super funktioniert. Die IRA war die letzten Jahre nur noch eine kriminelle Organisation, durch und durch korrupt. Lass‘ mich eine Bank in Gaza eröffnen und ein wenig Geld ins Land holen und schon sehr bald ist Ruhe. Wenn die ersten Hamasführer erstmal erkannt haben wieviel Geld da zu holen ist, werden auch die Aggressionen gegen Israel eingestellt. Daran glaube ich wirklich.

    Die Leute müssen einfach nur was zu verlieren haben, dann kämpfen sie auch nicht mehr. Leider ist sehr viel Geld der EU bei den Palästinensern verschütt gegangen, aber auf den Banken ist trotz alledem noch sehr viel Geld.

    Alles was ich bräuchte wären halbwegs günstige Rahmenbedingungen. Die wären:
    1. Sicherheit für das angelegte Geld. Irgendwer müsste mir verbindlich zusichern können, dass das Geld nicht enteignet wird.
    2. Anschluss an das internationale Bankensystem.
    3. Ein absolutes Bankgeheimnis.
    4. Ein- und Ausreisemöglichkeiten.

    Und schwupps: Schon stünde die Ober-Steueroase mitten in Gaza. Druck würde man in Sachen Geldwäsche auf Gaza nämlich nicht ausüben, weil man den Friedensprozess nicht gefährden wollen würde. Die Schweiz und Liechtenstein, sowie Zypern sehen sich ja ständig einem höheren Druck gegenüber. Außerdem haben die Leute seit der BND-Aktion kein Vertrauen mehr in die schweizer Banken.

    Macht Gaza zu einer Steueroase und ihr habt Ruhe an dieser Front. Ruckzuck entstehen dort Wolkenkratzer und unglaublicher Reichtum und dann will dort auch niemand mehr kämpfen. Warum sollte man auch? Viele Terroristen sind doch nur noch dabei, weil es eben nur dort eine Position zu erlangen gibt. Ich glaube, die Palästinenser unterscheiden sich nicht so sehr von anderen Menschen. Auch eine Pali liegt lieber im Whirlpool als im Schützengraben.

  17. Du widersprichst Dir selbst. Damit Korruption zu Ruhe und Ordnung fuehren kann, muessen Rahmenbedingungen erfuellt werden und die sind Ruhe und Ordnung. Mit anderen Worten, einem Rechtsstaat kann Korruption nicht allzuviel schaden, wenn es sich um die Korruptionsgelder aus anderen Laendern handelt, sogar nutzen.

    Hast Du nicht mitbekommen, wie sich das Kasino in Jericho entwickelt hat? Da hat jemand versucht, Dein Rezept umzusetzen. Die Folgen koennen ergooglet werden.

  18. Naja, über Nacht geht das natürlich nicht. Erst muss ein wenig Geld fließen, dann kehrt etwas Ruhe und Ordnung ein, dann wieder etwas Geld, dann wieder etwas Ruhe und Ordnung.

    Irgendwann, in ganz weit entfernter Zeit wird dann vielleicht auch mal ein Rechtsstaat draus. Da wäre ich aber skeptisch. Für den Anfang würde es ja reichen, wenn die Gier die Gewaltbereitschaft verdrängen können.

  19. Historisch fallen mir die umgekehrten Beispiele ein: Wie Rechtsstaaten allmaehlich reich wurden. Welches Exemple kennst Du, wo sich ein korrupter reicher Staat in einen Rechtsstaat verwandelt hat?!

    Warum sollte Gier die Gewaltbereitschaft verdraengen? Das ergaenzt sich doch gut! Man enteigne den politischen Gegner, wo immer moeglich, siehe Hamas vs. Fatah im Gazastreifen und in der Westbank.

  20. Naja, aber dauerhaften Wohlstand kann man so nicht generieren. Wenn die Gewalt wirklich vorteilhaft wäre, dann würden das ja alle so machen. Insbesondere in der arabischen Welt ist der Neid auf die Golfstaaten doch riesengroß.

    Natürlich kann man mit Gewalt auch hohe Gewinne erzielen, aber das ist nichts im Vergleich zu den Möglichkeiten die eine Steueroase bieten würden. Wir sprechen hier über Trilliarden. Über Hochhäuser, Luxuslimousinen, Eliteuniversitäten, über Top-Krankenhäuser, usw..

    Das ist eine ganz andere Liga als sie zur Zeit im Westjordanland gespielt wird. Das Kasino ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass es eben doch funktionieren kann. Irgendwer muss das Geld dort ja auch verzockt haben. Die Rahmenbedingungen waren eben nicht so gut, aber im Westjordanland würde ich mich eh nicht wirtschaftlich engagieren, da ist man auf verlorenem Posten. Gaza ist da besser, weil das ein einheitliches Gebiet ist.

    Die USA waren vor 150 Jahren auch ein hochkorruptes Land. Genauso wie alle anderen Staaten der Erde. Trotzdem haben sich ja nach und nach Rechtsstaaten daraus gebildet. Die Gier eliminiert die Willkür, es muss nur genug zu verteilen geben.

    Aber in Zeiten des Buchgeldes sollte das kein Problem sein.

  21. @Manfred: Ich denke nicht dass der Friedensprozess eine win-win-Situation für alle Beteiligten außer Israel ist. Ich würde eher sagen er ist eine win-win-Situation für alle Beteiligten auf allen Seiten – außer der gewöhnlichen Bevölkerung beider Seiten.
    Die gewöhnliche, palästinensische Bevölkerung leidet unter der Situation und den andauernden Kriegszuständen doch mindestens genauso wie die israelische! Und „die da oben“ lassen sich’s gutgehen weil sie wissen, dass sie nicht abgesägt werden solange es den „Feind“ gibt – gleichgültig ob in Ramallah, Jerusalem, Washington D.C. oder sonstwo.

  22. Markusoliver: in der Zeit des Oslo-Prozesses hatte der Gazastreifen in der Tat einen Aufschwung, Exil-Palästinenser kehrten zurück, es wurden Hotels gebaut und so weiter. Die vollkommen überflüssige Intifada hat das alles kaputtgemacht.

    Nach dem Abzug Israels war noch so ein Zeitfenster, um diese dusslige Metapher mal zu verwenden. Die Siedler ließen genügend Infrastruktur und Fläche zurück, um Bauern, Fischern und Handwerkern gute Ausgangsbedingungen zu bieten. Wir wissen alles, was als nächstes passierte.

    Die reichen arabischen Staaten beziehen ihren Reichtum aus Öl. Zum Aufbau demokratischer Strukturen hat das nicht geführt. Kein arabisches Land hat Pressefreiheit, Minderheitenschutz und Gleichberechtigung einer Demokratie.

    Irgendjemand hat mal gesagt, daß Kohle ein Segen für ein Land ist, Öl dagegen ein Fluch. Denn um aus Kohle Geld zu machen, braucht man Technologie, Bildung, Anstrengung. Öl dagegen fließt einfach so. Ich weiß nicht, wie weit man dieses Bonmot treiben kann.

    Aber ich bin davon überzeugt, daß die beste Basis für einen stabilen, demokratischen, berechenbaren Staat eine Mittelschicht ist, mit den klassischen Werten der Mittelschicht: Arbeit, Bildung, Chancengleichheit, Raum für Eigeninitiative. Eine solche Mittelschicht ist ein Zukunftsgarant. Weil sie etwas zu verlieren hat.

    Solange die Palästinenser von Terroristen beherrscht werden, gebildete Palästinenser auswandern, jede Initiative abgelehnt wird, weil man jedes Mißlingen auf den Großen Zionistischen Buhmann schieben kann… solange sehe ich leider keine Chance auf Besserung.

    Du kennst bestimmt auch so Leute, die von Krise zu Krise schlingern im Leben, denen nichts gelingt, die sich mit allen verkrachen – und wenn man sie fragt, was denn nun passiert sind, dann waren es immer alle anderen schuld. Ich hab so eine Freundin. Bar jeder Selbstkritik und jeden Willens, an sich zu arbeiten, kommt sie im Leben nicht vom Fleck. Sie tut mir leid. die Palästinenser erinnern mich an so eine Existenz. Wann hast Du jemals von einem einflußreichen Palästinenser gehört, „das war eine falsche Entscheidung, da haben wir Mist gebaut, das müssen wir ändern“??? Nie. In privaten Gesprächen geben sie es schon mal zu, aber ein offizieller Vertreter? Nie.

    Und das Vermögen zu kritischer Selbstreflexion ist eine Grundvoraussetzung für die Verbesserung der eigenen Situation.

    Nicht äußere Bedingungen wie Gelder, Banken, Casinos oder Hochhäuser helfen den Palästinensern. Nur ein Umdenken.

    Das Problem: daran ist niemand außer uns interessiert. Die Europäer geben Geld und gute Ratschläge, die Amerikaner ebenfalls. Die anderen Araber halten sich die Palästinenser als Geiseln gegen den verhaßten Feind Israel. Und die Palästinenser leben in Elend und Selbstmitleid dahin.

    Das ist meine Analyse, ich habe einen anderen Ansatz als Du.

  23. Nö, ich habe den selben Ansatz wie Du. Das stimmt alles was Du schreibst, vielleicht mit Ausnahme der zurückgelassenen Infrastruktur der Siedler. Die hätte ich als Palästinenser auch nicht angenommen, wer will schon im Haus des Feindes wohnen?

    Auch das mit der Mittelschicht ist vollkommen richtig. Und auch das mit dem Fluch des Öls. Aber genau deswegen bin ich so optimistisch was den Gazastreifen angeht, jedenfalls für ein Zeitfenster von dreißig Jahren. Während des Oslo-Friedensprozesses waren die Leute in Gaza eben noch von der Fatah abhängig. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. De facto sind das jetzt zwei getrennte Staaten.

    Und Öl haben die Palästinenser nicht. Sie haben nichts, gar nichts, außer die ausländischen Finanzhilfen. Ich bin ziemlich sicher, dass wenn man aus Gaza einen Bankenplatz machen würde, dort auch eine Mittelschicht entstehen würde, denn gerade im Bankensektor würden ja viele Jobs entstehen, auch im Dienstleistungsbereich (Hotels, etc.) Gaza könnte der Libanon der 70er Jahre werden, da glaube ich fest dran. Die Voraussetzungen sind einfach genial:

    Stabile Nachbarstaaten
    Eine zunehmend rigorosere Politik der EU gegenüber den Steueroasen in Europa (insbesondere der Schweiz, Liechtensteins, Monacos und Zyperns).
    Und ihnen fehlt einfach die Alternative.

    Wenn nämlich die Zahlungen aus den arabischen Staaten bald wegfallen – die sind nämlich fast pleite wegen der Finanzkrise – und auch die USA und die EU nicht mehr zahlen, ja, dann sieht es eng aus. Dann ist Gürtel-enger-schnallen angesagt.

    Und ihr solltet auch ein wenig Vertrauen in Macht geldgieriger und krimineller Organisationen legen. Wenn die Leute in der Hamas erstmal mitbekommen haben, wie wahnsinng viel Geld mit Bankenplatz zu machen ist, legen die auch die Waffen nieder. Jedenfalls gegenüber Israel. Der einzige Grund für die EU diesen Bankenplatz zu unterstützen wäre nämlich die Sicherung des Friedensprozesses.

    Ich denke mal, wer die Wahl zwischen Eselkarren und Mercedes 500 hat, wählt den Mercedes. Egal ob irgendein dummer Fanatiker was anderes erzählt oder nicht.

    Die Korrumpierung von Terrororganisationen durch Geld hat immer funktioniert. Immer, wirklich immer und überall. In Südafrika, in Nordirland, in der RAF, beim Leuchtenden Pfad, sogar bei den Roten Khmer – Drogengeld -. Es funktioniert immer.

    Wenn genug Geld im Spiel ist verändert sich auch die Weltsicht. Die palästinensischen Clans klären das dann schon, da bin ich mir sicher. Es gibt ja nicht umsonst so viel Kriminalität in Gaza. Man kann sie ganz leicht steinreich machen und Dank des Buchgeldes auch ganz leicht wieder bettelarm. Mit einer Währungsreform – die sich ja sogar digital durchführen ließe – wäre das ganze schöne Buchgeld einfach weg. Per Knopfdruck sozusagen.

    Das funktioniert. Ich würde sogar selbst mein ganzes Geld investieren, wenn ich nur eine Möglichkeit hätte. Ich glaube fest dran, mit ein wenig politischer Unterstützung ist Gaza in kurzer Zeit ein steinreicher und vor allem auch sehr ruhiger Flecken Erde.

  24. Die Taliban haben uns Jahre lang vorgeführt, dass sie den Exelskarren dem Mercedes vorziehen. Der Iran führt vor, dass er Eselskarren den Luxusmobilen vorziehen würde (wenn Europa nicht dagegen wäre). Der Hamas geht am Allerwertesten vorbei, ob Geld da ist oder nicht.
    Die Roten Khmer haben vorgeführt, was Steinzeitkommunismus ist. Hätten die Mercedes genommen und auf ihre Ideologie verzichtet?
    marcusoliver, du steckst in dem Denken fest, das Europa gefangen hält und deshalb auch nicht besser wird.

    Was die Unmöglichkeit der Friedensschlüsse mit dem Likud anghet: Als der Vertrag mit Jordanien geschlossen wurde, war auch der Likud mit in der Regierung. Ohne diesen hätte auch dieser „Frieden“ nicht geschlossen werden können.

  25. Die Hamas ist aber nicht die Taliban. Im Iran zieht man den Eselkarren garantiert nicht dem Mercedes vor, ich habe da einen anderen Eindruck. Tue doch bitte nicht so, als seien im Iran Enteignungen an der Tagesordnung.

  26. Migdalit,

    absolute Mehrheiten der pal. Bevoelkerung unterstuetzen Terror gegen israelische Zivilisten. Offensichtlich halten sie es fuer ein gutes Geschaeft, selber zu leiden (ich wuerde meinen, sogar deutlich mehr als die israelische Bevoelkerung), solange damit auch den verhassten Zionisten geschadet wird.

  27. Ja, das stimmt. Aber nur, weil sie es sich leisten können. Sie bekommen ja leider noch die Hilfsgelder. Wenn man die erstmal streicht, sieht es aber anders aus.

  28. Ich fuerchte, die werden so schnell nicht gestrichen:

    But the thing about our foreign policy experts – very trustworthy. Once they’ve chosen an idiotic policy, for instance, they can be trusted to stick with it:

    Mere Rhetoric bezieht sich hier auf Hisbollah und Libanon, aber gegenueber Hamas und PA kann ich dasselbe beobachten.

  29. Ach, heute ist VW bei 1000. Wenn das so weitergeht sind die ersten Hedgefonds bald pleite, dann folgen die Banken, dann die Versicherungen, dann gerät der Staat in Not.

    Die werden gestrichen, wartet es ab! Spätestens wenn der US-Dollar mit einer Währungsreform vom Markt genommen wird, wundern sich die Araber nur noch. Plötzlich ist das ganze Geld weg, wo ist es denn hin? Hehehe.

    Die werden gestrichen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Und wenn sie nicht gestrichen werden, werden sie eben nicht erhöht. Das ist ja fast genauso schlimm wie die Streichung, denn der Bedarf wächst.

  30. Ich bin nicht ueberzeugt, dass die Finanzkrise wirklich so drastische Auswirkungen in naher Zukunft haben wird. Vorlaeufig handelt es sich um eine niedrigere Bewertung von existierenden Guetern.

  31. Ja, das stimmt. Nur hat sie noch einen anderen Effekt: Fonds und Versicherungen können keine Gewinne mehr erzielen, obwohl sie doch so dringend müssen. Denn davon hängen eine ganze Menge Altersvorsorgeprodukte ab.

    Es wird keine materielle Not geben, aber die Vermögenswerte werden drastisch zusammenschrumpfen. Es kommt also in der ersten Welt zu Verteilungskämpfen. Und die werden sich auch auf die Palästinenser auswirken. Die Dominosteinreihe kommt übrigens schon zu Fall, die ersten Steine fallen schon:
    http://www.handelsblatt.com/finanzen/fondsnachrichten/fuer-hedge-fonds-wird-vw-zum-milliardengrab;2074565

    Weitere werden folgen.

  32. […] Text hatte ich schon vor einiger Zeit als Kommentar bei Ruth eingestellt. Da er aber sozusagen Ewigkeitswert hat, möchte ich ihn den Lesern meines eigenen […]

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