Wir hoeren die Helikopter


Unser Haus liegt in der Einflugschneise fuer Helikopter zum Sorokokrankenhaus. Vom Balkon aus koennen wir sie landen und wieder starten sehen. Hoeren tun wir sie auch in der Wohnung.

Letzte Nacht habe ich schlecht geschlafen, ich waelzte mich von einer Seite auf die andere, dachte an unsere Soldaten im Gazastreifen und bildete mir ein, einen regen Helikopterverkehr zu hoeren. Morgens dann gleich die Nachrichten eingeschaltet: 15 Verletzte im Sorokakrankenhaus. Dann habe ich also nicht getraeumt. Mein Mann und ich versuchen, den Code zu entziffern. „Schwere Kaempfe“ das bedeutet Verwundete, vielleicht Gefallene. „Schwer verletzt“ kann auch „noch nicht klinisch tot“ heissen.

Mit meiner wilde Renoviererei will ich mich bis zur Erschoepfung abarbeiten, damit ich nachts schlafen kann. Das ist sozusagen die Steigerung von Lilas hausfraulichen Abreagieren. Heute also die restlichen drei Waende des Schlafzimmers gestrichen, Fenster geputzt, Vorhaenge gewaschen. Die Maedchen durften sich jeweils eine Farbe fuer ihre kuenftig getrennten Zimmer aussuchen. Die Kleine waehlte ein zartes Gruen, die Grosse ein ebenso duftiges Lila. Dann das Kinderzimmer ausgeraeumt, Primer aufgetragen, Loecher in der Wand zugegibst, Marking Tape angebracht, Zeitungen ausgebreitet. Morgen kann gestrichen werden.

Inzwischen spuere ich alle Muskeln, heute nacht sollte ich schlafen koennen.

22 Antworten

  1. Gute Nacht >> Und wenns hilft : http://www.youtube.com/watch?v=s45S3qvKoxA >> Nicht sentimental!

  2. Ich weiß nicht, was Dir hilft. Vielleicht hilft Dir die Ablenkung ja wirklich, das würde mich aber überraschen. Hier meine Meinung dazu:

    Du hast Angst, das ist normal. Angst hat jeder. Auch wenn es albern klingt: Mir hat immer geholfen mich vorzubereiten, auch wenn es überhaupt nichts vorzubereiten gab. Habt Ihr eine Waffe zu Hause? Falls ja, dann würde ich die den ganzen Tag putzen.

    Ich halte gar nichts davon sich abzulenken, das macht einen nur noch verrückter, weil die Psyche die Erlebnisse des Tages abarbeiten muss. Die Zeitanteile dafür werden mit zunehmenden „Ablenkungen“ aber geringer, was den Stress wieder erhöht. Ein Teufelskreis. Viel besser ist es, die eigene Psyche über das körperliche Erleben an den Stress zu gewöhnen.

    Putze Deine Waffe und rieche an ihr, mache den Kampf für Dich selbst körperlich erfahrbar. Ich weiß nicht, ob man in Israel eine Pistole tragen darf. Falls Du das darfst, würde ich die den ganzen Tag immer bei mir tragen. Nicht, weil ich an eine Bedrohung glaube, sondern weil ich weiß, dass Dich das beruhigen wird. Die Angst hast Du ja nicht aus rationalen Gründen (denn Du hast eigentlich nur wenig Grund um Angst zu haben), sondern weil Du den Stress in Deiner Umgebung spürst. Alle sind nervös, also wirst Du es auch.

    Gib Deinen Körper einen Grund sich zu beruhigen und belaste ihn nicht weiter mit „Ablenkungen“.

    Vielleicht tickst Du anders als ich, dann solltest Du diesen gutmeinten Tipp einfach ignorieren. 🙂

  3. Markus,

    so wie sich die Lage entwickelt, bin ich persoenlich nicht in Gefahr, Und gegen Gradraketen hilft eine Schusswaffe gar nichts. Der Stress der Umgebung ist die vereinte Sorge um die Soldaten.

    Meine Unruhe ruehrt genau davon her, dass ich nichts tun kann. Und ausserdem schadet es wirklich nicht, die Zimmer mal zu streichen. Dieses Jahr wird eben schon im Januar Pessach gemacht. Ich glaube nicht, dass mich eine Waffe beruhigen wuerde. Ausserdem habe ich nie schiessen gelernt.

  4. Ich weiß, dass eine Schusswaffe nicht dagegen hilft und Du vermutlich auch nicht in Gefahr bist. Darum geht es aber auch nicht. Und ich weiß auch, dass Du weisst, dass sie nicht hilft. Du sollst Deine Angst ja auch nicht rational überzeugen, jetzt aufzuhören, sondern Deinem Körper das Gefühl geben, die Umgebung sei sicher. Das ist ein Trick, eine Überlistung. Dieser Trick funktioniert.

    Wenn Du mit einer Waffe nicht umgehen kannst, hat sich das natürlich erledigt. Dann ist streichen vielleicht doch nicht so schlecht und Du musst wohl leider da durch, bis es vorbei ist. 😦

  5. Mit dem Streichen gebe ich mir ja auch das Gefuehl, dass meine Umgebung nicht nur sicher ist, sondern dass ich sie beherrsche!

  6. ich wuensche dir einfach eine gute und ruhige nacht, ruth 😉

  7. Liebe Ruth,
    ich wünsche Dir und Deiner Familie eine Nacht in der Ihr auch Schlaf finden könnt. Manchmal hilft es den Alltag weiter so zu bestreiten wie bis anhin. In der Gewohnheit liegt auch eine eigentünmliche Kraft. Eure Sorgen um die Soldaten die jetzt im Kampf sind teilen wir.
    LG
    Urs

  8. In Europa versucht man die Situation zu analysieren:
    Krisenregion Nahost
    Die zwölf wichtigsten Antworten zum Gaza-Krieg
    Von Michael Stürmer und Michael Borgstede 4. Januar 2009, 18:40 Uhr
    Die Kämpfe in Gaza sind die blutigsten in der Geschichte der autonomen Palästinensergebiete. Nach Palästinenser-Angaben wurden mindestens 520 Menschen getötet. Israel meldete seinen ersten toten Soldaten. Trotz der Flut der Bilder und Nachrichten bleiben viele Fragen offen. WELT ONLINE erklärt die Lage in der Region.
    http://www.welt.de/politik/article2970000/Die-zwoelf-wichtigsten-Antworten-zum-Gaza-Krieg.html
    LG
    Urs

  9. Ich habe den Eindruck, dass die Solidarität mit Israel zunimmt:
    Liza: Solidarität mit Israel!
    Der Wiener Politikwissenschaftler Stephan Grigat brachte es auf den Punkt: „Was auch immer Israel tut, es ist und bleibt in den Augen großer Teile der Weltöffentlichkeit Schuld an Elend und Zerstörung in der Region. Halten sich die israelische Armee und jüdisch-israelische Siedler im Gaza-Streifen auf, gelten sie als Besatzungsmacht. Ziehen sie sich zurück, errichten sie ‚das größte Gefängnis der Welt’. Reagiert Israel auf die permanenten Angriffe aus dem Gaza-Streifen mit Sanktionen oder wie jetzt mit Gegenschlägen, dreht es an der ‚Gewaltspirale’, reagiert ‚unverhältnismäßig’ oder setzt seine ‚Auslöschungspolitik’ fort. Nimmt es den andauernden Raketenbeschuss tatenlos hin, wird das ‚zionistische Regime’ in arabischen und iranischen Zeitungen als ‚zahnloser Papiertiger’ verhöhnt, der nicht mal seine eigene Bevölkerung schützen könne.“ http://www.lizaswelt.net/2009/01/solidaritt-mit-israel.html
    LG
    Urs

  10. Was die Solidarität und co. angeht darf man nicht die Medien mit Deutschland gleichsetzten. Wisst ihr warum die Medien ziemlich Israel-Kritisch berichten?
    Weil Merkel der Hamas eine Alleinschuld gibt. Auch wenn ich von dieser These nicht viel halte (von der Kanzlerin btw. aber auch nicht), ist es typisch für einige Magazine, z.B. SpOn gegen die Regierungsmeinung zu sein, um damit unabhängig zu wirken…

  11. Andreas,

    das greift zu kurz. Die Medienmachenden sind ueberwiegnd links eingestellt. Seit dem 6-Tage-Krieg hat die Linke eine Wende vollzogen und identifiziert sich mit dem „Freiheitskampf“ der 3. Welt, symbolisiert vor allem auch durch die Palaestinenser. Solche Mantren sind zaeh!

  12. Andreas… lese doch einfach noch ein paar Spiegel. Oder nehme Dir mal die Ausgaben der letzten zwanzig Jahre vor.

    Ich schließ mich beer7 an, weil… ach. Ich kann nicht mehr. Es geht wirklich nicht mehr.

  13. Es ist gut, dass zumindest Frau Bundeskanzlerin Merkel Ursache und Wirkung nicht verwechselt: „Merkel macht Hamas für Eskalation verantwortlich“. Konnte der letzte Bundeskanzler in Deutschland schon soweit differenzieren? Siehe:
    http://www.tagesschau.de/inland/merkel562.html
    HMB berichtet dazu weiter:
    http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/deutschland_schaemt_sich/
    Mein Eindruck ist, die Berichterstattung ist eine Spur israelfreundlicher, oder anders gesagt, man hat mehr Verständnis für Israel als während dem 2. Libanonkrieg.
    LG
    US

  14. „Mein Eindruck ist, die Berichterstattung ist eine Spur israelfreundlicher, oder anders gesagt, man hat mehr Verständnis für Israel als während dem 2. Libanonkrieg.“

    Mit Beginn der Bodenoffensive ist es nun vorbei. Frangi, Steinbach und Lüdders werden als Experten eingeladen. Die israelische Sichtweise wird nur noch beiläufig erwähnt, zusammen mit Bildern von verletzten palästinensische Kinder.

  15. Klar ist die Positionierung Merkels nicht alleiniger Grund für den Medien-Trend.
    Aber es unterstützt das Ganze.

  16. @eran75
    „Mit Beginn der Bodenoffensive ist es nun vorbei“.
    Ich bin mir da nicht ganz so sicher. Etwas Verständnis für Israels Vorgehen scheint mir in den Medien noch immer vorhanden:
    http://www.tagesschau.de/ausland/gazastreifen256.html
    Klar, ich kann mich irren.

  17. Liebe Ruth,
    Du hast geschrieben:
    „Inzwischen spuere ich alle Muskeln, heute nacht sollte ich schlafen koennen“.
    Wie hast Du / habt Ihr geschlafen?
    LG
    US

  18. Bei http://www.achgut.de habe ich auch noch dies zu Hamas gefunden. Ein Pauschalurteil zu den Medien in Deuschland scheint mir nicht angebracht.
    http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~EC5254367E888491098091DAEF542C1A7~ATpl~Ecommon~Scontent.html
    Gruss
    US

  19. hallo baer48,

    gut dich hier zu treffen. ich freue mich wirklich darueber.

    herzliche gruesse,
    dirk 🙂

  20. ruth, alles in ordnung bei dir ? ich lese gerade von den heutigen raketeneinschlaegen in beer sheva !

  21. Grüss Dich Dirk!! Gut von Dir etwas zu lesen.
    US

  22. Hallo Urs, das ist ein wirklich schoenes Photo von Dir. Es ist nett, Dich ein bisschen „sehen“ zu koennen.

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