NZZ: Hatz auf Israel eroeffnet


Martin Woker liefert den Text und die Redaktion weiss auch den passenden Titel: Israels eiserne Faust

Nach allen bisher bekannten Fakten, lag Israels eklatanter Fehler bei dieser Aktion gerade nicht in einer Politik der eisernen Faust, sondern in den Samthandschuhen. Die IDF und die Politiker haben den Angaben der Organisatoren von „Free Gaza“ geglaubt, die mehrfach betont hatten, dass kein gewaltaetiger Widerstand geleistet werden wuerde. Diese Luege wurde von Audrey Bomse auch nach den Kaempfen aufrechterhalten.

Deswegen waren die Soldaten mit Farbpistolen ausgeruestet und wurden einzeln auf das Deck der Mavi Marmara abgeseilt. Waere die potentielle Gefahr realistischer eingeschaetzt worden, haetten die Soldaten in Gruppen auf das Schiff gebracht werden muessen. Vielleicht haette Traenengas eingesetzt werden sollen, wobei ich nicht weiss, inwiefern das auf offener See Sinn macht. Jedem, der sich die Videoaufnahmen ansieht, muss klar sein, dass die IDF nicht auf ein bewaffnetes Nahgefecht vorbereitet war.

Das interessiert aber weder Herrn Woker noch die NZZ. Sie haben ein feste Bild von Israel und das sieht so aus:

Bei dem Vorgehen gegen die teilweise prominenten und von zahlreichen Medienleuten begleiteten Solidaritäts-Passagiere und Aktivisten beging die israelische Einsatzführung den fatalen Fehler, auf die Wirkung ihrer eisernen Faust zu vertrauen. Nach diesem Grundsatz ist Israel während der 18 Jahre dauernden Besetzung in Libanon vorgegangen. Und die eiserne Faust zu spüren bekamen jeweils die Palästinenser, wenn aus israelischer Sicht die Lage in dem ewigen Konflikt ausser Kontrolle zu geraten drohte. Dann walzten israelische Panzer Schneisen in dichtbesiedelte Flüchtlingslager, und Scharfschützen sorgten für die Einhaltung von Ausgangssperren.

„Die israelische Sicht, dass die Lage ausser Kontrolle geraten koenne“ ist ein ungeheuerlicher Euphemismus fuer den Terrorkrieg der sog. 2. Intifada Allein im Monat Maerz 2002 unmittelbar vor der Militaeraktion in Jenin, auf die sich Woker offensichtlich bezieht, sah die Bilanz so aus:

1 Mar 2002 1 soldier killed by sniper in Jenin
2 Mar 2002 1 policeman killed in Judea
2 Mar 2002 (1915) 10 killed (including 6 children), over 50 injured by suicide bomber in Orthodox neighborhood of Jerusalem; the terrorist detonated the bomb next to a group of women with baby carriages outside a synagogue
3 Mar 2002 10 killed (including 7 soldiers) in shooting attack near Ofra
3 Mar 2002 1 soldier killed, 4 soldiers injured in shooting attack near Kissufim
5 Mar 2002 (0200) 3 killed (including 1 policeman), over 30 injured in shooting attack on two restaurants in Tel-Aviv
5 Mar 2002 1 killed, 1 injured in shooting attack near Jerusalem
5 Mar 2002 1 killed, many injured by suicide bombing on bus in Afula
6 Mar 2002 1 soldier killed in counter-terrorism operations nera Khan Yunis
6 Mar 2002 1 solider killed in shooting attack near Kibbutz Nir Oz
7 Mar 2002 15 injured (including 1 American) by suicide bombing (one terrorist also killed) in hotel lobby in Ariel
7 Mar 2002 5 killed, 23 injured in shooting attack at military training academy in Gush Katif
8 Mar 2002 1 soldier killed in sniper attack in Tulkarem
9 Mar 2002 2 killed (including 1 infant from South Africa), 50 injured in attack with grenades and guns on pedestrians in Natanya
9 Mar 2002 (2230) 11 killed, 54 injured by suicide bombing in crowded cafe in Jerusalem
10 Mar 2002 1 soldier killed in shooting at Natzarim
10 Mar 2002 1 injured in shooting at Ashdod
12 Mar 2002 1 killed, 1 injured in shooting attack at Kiryat Sefer
12 Mar 2002 6 killed, 7 injured by two terrorist shooters (both killed by Israeli forces) in ambush between Shlomi and Kibbutz Metzuba
12 Mar 2002 6 injured in shooting at Katzir near the West Bank
13 Mar 2002 1 soldier killed in shooting in Ramallah
14 Mar 2002 3 soldiers killed, 2 soldiers injured by remotely detonated landmine in Gaza
17 Mar 2002 25 injured by suicide bombing (one terorist also killed) on bus in Jerusalem
17 Mar 2002 1 killed, 16 injured in shooting attack in Kfar Sava; the terrorist was killed by police
19 Mar 2002 1 soldier killed, 3 soldiers injured in shooting attack in Jordan Valley
20 Mar 2002 7 killed (including 4 soldiers), 30 injured in suicide bombing of bus near Afula
21 Mar 2002 3 killed, 86 injured in suicide bombing in a crowd of shoppers in Jerusalem
24 Mar 2002 1 killed in shooting attack near Ramallah
24 Mar 2002 1 killed in shooting attack near Hebron
26 Mar 2002 2 killed by shooting ambush near Halhul; both were TIPH observers, one from Turkey, one from Switzerland
27 Mar 2002 27 killed, 140 injured in suicide bombing at Park Hotel in Netanya, during Passover
28 Mar 2002 3 killed in shooting attack by a terrorist invading a home in Elon Moreh in Samaria
29 Mar 2002 2 killed in the Neztarim settlement in Gaza
29 Mar 2002 2 soldiers killed during counter-terrorist operations
29 Mar 2002 2 killed, 28 injured in suicide bombing (one terrorist also killed) at Kiryat Yovel supermarket in Jerusalem
30 Mar 2002 1 killed (died 4 Apr of injuries), 30 injured in suicide bombing in cafe in Tel-Aviv
30 Mar 2002 1 border policeman killed in shooting preventing entry by terrorists in Baka al-Garbiyeh
31 Mar 2002 15 killed, over 40 injured in suicide bombing (one terrorist also killed) at restaurant in Haifa
31 Mar 2002 (1700) 4 injured in suicide bombing (one terrorist killed) in attack on paramedic dispatch station in Efrat, West Bank

Auch das „Panzer fahren Schneisen in Fluechtlingslager“ ist eine zynische Darstellung der Gefechte in Jenin, bei denen 23 israelische Soldaten fielen, eben weil die IDF sich auf einen Haeuserkampf eingelassen hatte, anstatt aus der Luft zu operieren, um Zivilisten zu schonen. Das hinderte die Viktor Kocher in der NZZ aber nicht daran, noch Wochen spaeter von F-16 Bombardements zu faseln.

Diesem Autoren geht es garantiert nicht um Israel, wie er vorgibt, wenn er zu Ende des Artikels mit Aktionsplaenen aufwartet.

13 Antworten

  1. „Eiserne Faust“ ist schon lustig. Natürlich, wer eine Marine gewohnt ist, die Piraten bekocht, statt sie zu versenken, der kann das nur als Eiserne Faust bezeichnen.

  2. Eine Prise in internationalen Gewässern zu nehmen ist völkerrechtswidrig.
    Punkt.

    Andererseits wurde die Gaza-Flotillie aber auch vorher ausdrücklich von israelischer Seite vor den Konsequenzen einer Annäherung an die Küste gewarnt. Es musste also allen klar sein, dass die Israelis handeln würden, wenn man dies ignoriert.

    Und um „Piraterie“ handelt es sich meiner Meinung nach nicht.
    So einfach sollte man sich das nicht machen.

  3. Philgeland,

    anscheined ist es legal, eine Blockade auch in internationalen Gewaessern durchzusetzen.
    http://www.reuters.com/article/idUSTRE65133D20100602
    Reuters kann uebertriebene Sympathie fuer israelische Interessen kaum nachgesagt werden.

  4. […] Warum die Blockade gegen den Gazastreifen durchbrochen werden soll – Lügen, Lügen, Lügen – NZZ: Hatz auf Israel ist eröffnet – Überwältigender Propagandasieg für Hamas – Baumaterial für den […]

  5. @beer7
    Muss zugeben, dass mein erstes Statement hier wohl etwas zu voreilig war. Nicht nur aber auch wegen der von Dir angegebenen Links.
    Trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die „Auslegung“ nicht selten von denen bestimmt wird, die eh über so etwas wie eine „Hoheit“ verfügen. Ich meine damit natürlich die militärische.

  6. Deinen letzten Satz kann ich nicht einordnen. Welche militaerischen Maechte haben sich worueber aufgeregt, obwohl sie ueber das Thema oder Territorium Hoheitsrechte ausueben?

    Nach etwas Nachdenken, glaube ich Dich zu verstehen: Maechte wie die USA und Frankreich haben mehr Einfluss auf die Auslegung von Kriegsvoelkerrecht (KVG) als Laender wie Somalia und Paraguay. Das liegt natuerlich daran, dass KVG kein Rechtssystem darstellt, wie Du es von einem Rechtsstaat gewohnt ist, wo das Recht ueber allen Playern steht. Es gibt keine Instanz, die ueber den Staaten stuende, keine Weltregierung, die KVG durchsetzen koennte. KVG ist ein Vertragswerk zwischen Staaten. Niemand hat ein besonderes Interesse daran, dass Paraguay unterzeichnet. Damit aber die USA und Frankreich einen Vertrag ratifizieren, duerfen sie nicht den Eindruck haben, dass der Vertrag nur dazu dient, ihnen Nachteile aufzuerlegen.

    Vergleich: Das Kyoto-Klimaprotokoll war eindeutig angelegt, der US Wirtschaft Zuegel anzulegen, waehrend Indien und vor allem China unbehelligt blieben. Deswegen legte der US Senat fest (und zwar noch unter Clinton), dass das Protokoll nicht ratifiziert werden darf.

  7. So in der Art habe ich das gemeint: was Recht ist, bestimmt der Stärkere.
    Die – in diesem Falle – unterschiedlichen Auslegungen des Seerechtes sind ein Beispiel dafür. Da wird der Begriff „Internationale Hoheitsgewässer“ schon mal – hm – verwässert.

    Apropos Blockade.
    Vor fast 50 Jahren wäre es fast zu einem Dritten Weltkrieg gekommen. Der Stärkere definierte sein Hoheitsgebiet damals halt nicht über eine international anerkannte „Meilenzone“, sondern erklärte den gesamten karibischen Raum zu seinem Hoheitsgebiet. Mit fast fatalen Folgen.

  8. P. S.

    Seerecht hin, Prise her: es macht keinen Sinn, eine solch verfahrene Situation wie die zwischen Israel und den Palästinensern vereinfachen zu wollen.

    Und natürlich kann man das Entern eines Schiffes durch die Israelis nicht mit den Handlungen von Piraten vergleichen, die das an der Ostküste Afrikas oder sonstwo tun.

  9. Dieser Martin Woker kann tatsächlich mit den Putz, Marx und Vehrenkotte mithalten… gerade in der internationalen Presseschau meiner Dorfzeitung gelesen:

    Die Deutschen als Zahlmeister des europäischen Wiederaufbaus im Gazastreifen zu vergraulen, ist unklug. Früher oder später werden die Europäer Israel gegenüber das Verursacherprinzip bemühen. Warum sollen nicht jene bezahlen, die in Gaza Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser und Industriezonen periodisch in Schutt und Asche bomben?

    http://www.nzz.ch/nachrichten/Startseite/konflikt_im_nahen_osten/konflikt_im_nahen_osten_israel_und_palaestina/gaza__und_kein_ende_1.6300021.html

    Schon klar, völlig ohne Grund hat Israel Spaß daran, Palästinenser abzuschlachten und Städte in Schutt und Asche zu legten…

    Apropos Blockade @philgeland: Die sowjetischen Atomraketen und die Absicht zumindest einiger kubanischer Anführer, die Dinger auch einzusetzen, sollte bei der Beurteilung der damaligen Lage nicht unberücksichtigt bleiben…

  10. Phligeland,

    noch ein Fundstueck zur Legalitaet der Blockade:
    http://www.cceia.org/resources/articles_papers_reports/0055.html

  11. […] Posted on April 2, 2013 by surzeit — Leave a comment ↓ […]

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